1 Vertragliche Einstandspflicht
1.1 Grundlage
Rz. 1
Haftungbedeutet das Einstehenmüssen für eigene oder fremde Schuld, wobei im Unterschied zum Zivilrecht das Steuerrecht den Begriff der Haftung auf das Einstehenmüssen für eine fremde Schuld einengt. Diese Einstandspflicht kann kraft Gesetzes entstehen, sie kann aber auch gem. § 48 Abs. 2 AO durch Vertrag zwischen der Finanzbehörde und dem Dritten begründet werden. Dieser Vertrag hat keinen öffentlich-rechtlichen Charakter i. S. v. § 78 Nr. 3 AO, sondern es entsteht ein privatrechtliches Schuldverhältnis wie Bürgschaft, Garantievertrag, Schuldversprechen, Hingabe eines Wechsels, kumulative Schuldübernahme, Bestellung von Grundpfandrechten, Einräumung eines Pfandrechts an beweglichen Sachen oder Vergleich. Die Norm des § 192 AO hat nur klarstellende Bedeutung, denn die Möglichkeit, eine Einstandspflicht für fremde Steuerschulden durch zivilrechtlichen Vertrag zu begründen, ist bereits in § 48 Abs. 2 AO ausdrücklich geregelt. Die Klarstellung bezieht sich dabei darauf, dass dann der solchermaßen Haftende vom Fiskus nur auf dem Zivilrechtsweg in Anspruch genommen werden kann (Verbot eines Vorgehens mittels Verwaltungsaktes).
Die vertragliche Haftung kann mithin im Hinblick auf jeden Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis i. S. v. § 37 AO begründet werden. Es ist in § 192 AO zwar nicht gesondert erwähnt, aber außerdem zulässig, dass nur vertragliche Duldungspflichten begründet werden wie die Vollstreckung in einen Gegenstand zu dulden.
Die Haftung nach § 192 AO kann durch einen Vertrag zwischen Steuergläubiger und Schuldübernehmer aber auch durch eines solchen zwischen Steuerschuldner und Schuldübernehmer begründet werden. Durch die zivilrechtlichen Verträge wird aber der Haftungsschuldner nicht selbst zum Steuerschuldner, es bleibt also bei der eingangs im Steuerrecht geltenden Definition, dass Haftung ein Einstehen für fremde Steuerschulden und nicht für eigene Steuerschulden ist. Der Haftungsschuldner tritt somit neben den Steuerschuldner.
Dabei kann sich die Haftung nach § 192 AO auch auf steuerliche Nebenleistungen i. S. v. § 3 Abs. 4 AO beziehen. Zu beachten ist, dass sich der durch Haftungsbescheid nach § 191 AO geltend gemachte und der nach § 192 AO geltend gemachte Anspruch nicht dadurch unterscheiden, dass der Anspruch des Fiskus nach § 192 AO auf einer Norm des Zivilrechts beruht, denn auch zivilrechtliche Haftungsnormen können Grundlage für einen Haftungsbescheid nach § 191 AO sein, wie sich aus § 191 Abs. 4 AO ergibt, sondern dadurch, dass bei § 192 AO ein zivilrechtlicher Vertrag Grundlage der Haftung ist. Bei § 191 AO ist dies stets ein gesetzlicher Anspruch. Sodann transformiert § 191 AO quasi via Verwaltungsakt zivilrechtliche Haftungsnormen ins öffentliche Recht, während es bei der Haftung nach § 192 AO dabei bleibt, dass ein zivilrechtlicher Anspruch gegeben ist..
1.2 Vertragsformen
Rz. 2
Die häufigsten Vertragsformen zur Begründung der Einstandspflicht für Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis sind:
- die Bürgschaft. Hinsichtlich der Steuerbürgschaft i. S. v. § 244 AO ist darauf hinzuweisen, dass zwar die Rechtsbeziehung zwischen Steuerbürgen und Steuergläubiger rein privatrechtlicher Natur ist. Die Entscheidung der Finanzbehörde gegenüber dem Steuerschuldner, die Steuerbürgschaft als Sicherheit anzunehmen, ist allerdings ein Verwaltungsakt. Lehnt die Finanzbehörde die Annahme dieser Sicherheitsleistung ab, kann folglich der Steuerschuldner, nicht ...