Rz. 3
Die Vorschriften des Vollstreckungsrechts in der AO gelten ausdrücklich zunächst nur für Verwaltungsakte i. S. d. § 118 AO. Keine Anwendung findet das Vollstreckungsrecht hingegen auf andere Ansprüche, die sich für die Verwaltung ergeben, insbesondere solche aus einem privatrechtlichen Vertrag, obwohl die Verwaltung einen solchen abzuschließen fraglos berechtigt ist. Will eine Behörde Ansprüche aus einem solchen Vertrag geltend machen, ist sie in der gleichen Position wie jede andere Rechtspersönlichkeit, d. h., sie muss diese Ansprüche auf dem jeweiligen Rechtsweg verfolgen und sich bei der Durchsetzung auch des zivilrechtlichen Vollstreckungsinstrumentariums bedienen. Eine ausdrückliche Regelung zur vertraglichen Haftung eines Dritten für die Steuerschuld eines anderen trifft hierbei § 192 AO.
Rz. 4
Anwendbar ist das Verwaltungsvollstreckungsrecht der AO über den reinen Bereich der Verwaltungsakte i. S. v. § 118 AO auch für solche Verwaltungsakte, auf die die §§ 249ff. AO ausdrücklich für anwendbar erklärt worden sind. Dies geschieht durch Verweis im jeweiligen Gesetz. Wichtigste Verweisung ist hierbei diejenige in § 5 Abs. 1 VwVG, der hinsichtlich der Vollstreckung von Geldforderungen aus anderen Gesetzen das Vollstreckungsrecht nach der AO weitgehend für anwendbar erklärt. Außerdem gibt es eine Vielzahl von weiteren Einzelverweisungen auf die §§ 249ff. AO, die das Vollstreckungsrecht der AO für anwendbar erklären.
Rz. 5
Nach § 249 Abs. 1 S. 1 AO können solche Verwaltungsakte im Verwaltungsweg vollstreckt werden, mit denen eine Geldleistung, eine sonstige Handlung, eine Duldung oder Unterlassung gefordert wird. Dies sind zunächst vor allem die Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis i. S. d. § 37 AO, darüber hinaus aber auch alle Ansprüche, die durch Steuerverwaltungsakte geschuldet werden, vor allem Haftungs- und Duldungsbescheide, die ihre Grundlage in anderen Gesetzen als den Steuergesetzen haben, aber im Verwaltungsweg geltend gemacht werden können. Grundlagen für Haftungsbescheide können sich zumal aus dem HGB und dem BGB ergehen. Die Anwendbarkeit für Steueranmeldungen wird in § 249 Abs. 1 S. 2 ausdrücklich klargestellt.
Rz. 6
Verwaltungsakte müssen zunächst vollstreckbar sein, damit sie eine wirksame Grundlage für die Verwaltungsvollstreckung bilden können. Dies ist der Fall, wenn die Vollziehung nicht ausgesetzt wurde oder durch die Einlegung eines Rechtsbehelfs ausnahmsweise gehemmt ist. Ein nichtiger Verwaltungsakt kann keine wirksame Vollstreckungsgrundlage bilden. Demgegenüber ist es für die Vollstreckung grundsätzlich unerheblich, ob ein Verwaltungsakt anfechtbar ist oder bereits angefochten wurde. Der BFH hat allerdings entschieden, dass eine Vollstreckungsmaßnahme bei Fehlen eines vollstreckbaren Verwaltungsakts nicht stets nichtig, sondern lediglich anfechtbar ist. Liegt ein vollstreckbarer Verwaltungsakt vor, ist zudem zu beachten, um welche Art der Vollstreckung es sich im jeweiligen Einzelfall handelt, da die AO unterschiedliche Arten der Vollstreckung kennt, je nachdem ob eine Vollstreckung von Geldleistungen oder von sonstigen Leistungen erfolgt.
3.1 Geldleistungen
Rz. 7
Als Geldleistungen, deren Forderung im Vollstreckungsverfahren durchgesetzt werden können, sind zunächst die Steuern i. S. v. § 3 Abs. 1 AO zu sehen. Durchgesetzt werden können aber auch die in § 3 Abs. 4 AO genannten steuerlichen Nebenleistungen, also in der aktuellen Fassung des Gesetzes Verzögerungsgelder, Verspätungszuschläge, Zuschläge nach § 162 Abs. 4 AO, Zinsen, Säumniszuschläge, Zwangsgelder und Kosten sowie Zinsen i. S. d. ZK und Verspätungsgelder nach § 22a Abs. 5 EStG. Ferner kommen zurückzuzahlende Beträge, Kosten der Ersatzvornahme, Kosten des gerichtlichen Rechtsbehelfsverfahrens und der Zwangsvollstreckung als vollstreckungsfähige Geldleistungen in Betracht. Diese Forderungen können in Steuerbescheiden, Änderungsbescheiden, Haftungsbescheiden und besonderen Bescheiden, die ihre Festsetzung beinhalten, geltend gemacht werden.