Rz. 20

Das Tatobjekt der Hehlerei verschafft sich der Täter, wenn die wirtschaftliche Verfügungsgewalt über die Sache auf ihn selbst übergeht.[1] Es wird einem Dritten verschafft, wenn die wirtschaftliche Verfügungsgewalt über die Sache nicht – und zwar auch nicht übergangsweise (sonst Sich-Verschaffen) – auf den Täter übergeht, sondern durch das Handeln des Täters unmittelbar vom Vorbesitzer an einen dritten Erwerber weitergeleitet wird oder der Täter das Hehlgut, ohne selbst Besitz an ihm zu erlangen, in seinem Interesse unmittelbar einem Dritten zukommen lässt.[2] Erforderlich ist also nicht eine zivilrechtliche Verfügungsbefugnis, sondern tatsächliche Sachherrschaft.[3] Möglich ist auch, dass mehrere Mittäter gemeinsam die Sachherrschaft ausüben oder, häufiger, dass jeder von ihnen eine eigenständige (Mit-)Verfügungsbefugnis erhält.[4] Notwendig ist bei § 374 AO dabei, dass der Erwerber unabhängig vom Willen des Vortäters über die Sache verfügen kann.[5] Ein täterschaftliches "Drittverschaffen" ist nach h. M. von einer Beihilfe zu einem Sichverschaffen seitens des Dritten danach abzugrenzen, ob der Handelnde selbstständig agiert oder sich den Weisungen des Dritten unterordnet.[6]

 

Rz. 21

Der Hehler muss nach ganz h. M. auch bei § 374 AO – wie bei § 259 StGB (Hehlerei)[7] – stets mit dem Einverständnis des Vorbesitzers handeln.[8] Wird also der Vortäter bestohlen oder z. B. durch eine Drohung zur Übertragung der Verfügungsgewalt veranlasst, scheidet § 374 AO aus.

[1] Altenhain, in Kindhäuser/Neumann/Paeffgen, StGB, 5. Aufl. 2017, § 259 StGB Rz. 31; zum Tatbestandsmerkmal des "Sich-Verschaffens" auch BGH v. 8.12.2016, 1 StR 542/16.
[2] BGH v. 8.3.2012, 4 StR 629/11, NStZ-RR 2012, 247 m. w. N.; Walter, in Leipziger Kommentar zum StGB, 12. Aufl. 2010, § 259 StGB Rz. 40 m. w. N.
[3] Altenhain, in Kindhäuser/Neumann/Paeffgen, StGB, 5. Aufl. 2017, § 259 StGB Rz. 31.; Hecker, in Schönke/Schröder, StGB, 30. Aufl. 2019, § 259 StGB Rz. 17.
[4] Altenhain, in Kindhäuser/Neumann/Paeffgen, StGB, 5. Aufl. 2017, § 259 StGB Rz. 37; Hecker, in Schönke/Schröder, StGB, 30. Aufl. 2019, § 259 StGB Rz. 18.
[5] Schuster/Schulteheinrichs, in Flore/Tsambikakis, Steuerstrafrecht, 2. Aufl. 2016, § 374 AO Rz. 22 m. w. N.
[6] Walter, in Leipziger Kommentar zum StGB, 12. Aufl. 2010, § 259 StGB Rz. 50 m. w. N.
[7] BGH v. 20.1.1999, 3 StR 571/98, wistra 1999, 180 m. w. N.; Altenhain, in Kindhäuser/Neumann/Paeffgen, StGB, 5. Aufl. 2017, § 259 StGB Rz. 25.
[8] Schuster/Schulteheinrichs, in Flore/Tsambikakis, Steuerstrafrecht, 2. Aufl. 2016, § 374 AO Rz. 23 m. w. N.; a. A. Jäger, in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 8. Aufl. 2015, § 374 AO Rz. 30.

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