Rz. 5
Der Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis entsteht unabhängig von einem darauf gerichteten Verwirklichungswillen des Stpfl. oder des FA . Ein Irrtum über die steuerlichen Folgen des verwirklichten Lebenssachverhalts ist damit unerheblich. Vom Verwirklichungswillen zu unterscheiden sind subjektive Tatbestandsmerkmale – wie die für alle Einkunftsarten des EStG erforderliche Absicht der Überschuss- oder Gewinnerzielung –, deren Erfüllung Voraussetzung für die Entstehung des Anspruchs ist.
Rz. 6
Wegen der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis nicht durch Vereinbarungen und Vergleiche zwischen der Finanzbehörde und dem Stpfl. begründet, geändert oder aufgehoben werden. Dennoch geschlossene Vereinbarungen sind nichtig. Aus der in § 78 Abs. 3 AO vorausgesetzten Möglichkeit eines öffentlich-rechtlichen Vertrags ergibt sich kein gegenteiliger Schluss.
Von unzulässigen Vereinbarungen über den Steueranspruch zu unterscheiden sind tatsächliche Verständigungen über den der Besteuerung zugrunde zu legenden Sachverhalt. Sie sind nach inzwischen gefestigter Rechtsprechung des BFH zulässig, um in Fällen erschwerter Sachverhaltsermittlung die Effektivität der Besteuerung zu fördern und den Rechtsfrieden zu sichern. Tatsächliche Verständigungen kommen insbesondere in Fällen in Betracht, in denen ein Schätzungs-, Bewertungs-, Beurteilungs- oder Beweiswürdigungsspielraum besteht. Gegenstand einer tatsächlichen Verständigung können nur abgeschlossene Sachverhalte sein. Wirkt sich der in der tatsächlichen Verständigung festgelegte Sachverhalt auch in der Zukunft aus (z. B. die Nutzungsdauer eines Wirtschaftsguts oder die Abgrenzung von Erhaltungs- und Herstellungsaufwand), können sich die Wirkungen der Verständigung – gleichbleibende tatsächliche Verhältnisse vorausgesetzt – allerdings auch auf die Zukunft erstrecken.
Der in der Lit. erhobene Einwand, dass der BFH zwar im Grundsatz zwischen Sachverhalts- und Rechtsfragen unterscheide, dies bei der Entscheidung im Einzelfall aber nicht durchhalte und auch nicht durchhalten könne, verkennt, dass in der Verständigung über die rechtliche Beurteilung eines Sachverhalts zugleich die Verständigung über tatsächliche (Vor-)Fragen liegen kann. So kann der Verständigung über die Angemessenheit der Vergütung eines Gesellschafter-Geschäftsführers die Verständigung über die für den Fremdvergleich maßgeblichen Parameter zugrunde liegen. Die im Einzelfall auftretenden Abgrenzungsschwierigkeiten rechtfertigen es jedenfalls nicht, auch die Verständigung über Rechtsfragen zuzulassen.