Rz. 11
Für das Steuerstrafverfahren gelten die Bestimmungen des Verwaltungsverfahrens in Steuersachen[1] nicht, sodass für den 3. Abschnitt des 8. Teils der AO der Begriff der Finanzbehörde neu zu definieren war.
Finanzbehörde i. d. S. sind nach § 386 Abs. 1 S. 2 AO nur:
- das Hauptzollamt[2],
- das FA[3],
- das BZSt[4],
- die Familienkasse.[5]
Die Steuerfahndungsdienststellen bzw. die Behörden des Zollfahndungsdienstes sind nicht Finanzbehörde i. d. S.; deren strafrechtliche Ermittlungsbefugnis wird durch § 404 AO begründet.[6]
Die in § 386 Abs. 1 S. 2 AO genannten Finanzbehörden haben die strafrechtliche Ermittlungskompetenz insoweit, als ihnen die Verwaltung einer Steuer obliegt.[7] Innerhalb der genannten Finanzbehörden sind die strafrechtlichen Aufgaben zumeist gesonderten Arbeitsgebieten, z. B. den Strafsachenstellen, zugewiesen[8], die aber organisationsrechtlich keine eigenständige Rechtsstellung haben.[9]
Rz. 12
Die übrigen in § 6 AO aufgezählten Finanzbehörden haben keine straf- oder strafverfahrensrechtlichen Ermittlungs- und Abschlussbefugnisse.[10] Die den Hauptzollämtern und FÄ vorgesetzten Finanzbehörden haben, abgesehen von der Zuständigkeitsbestimmung nach § 390 Abs. 2 S. 2 AO, aber grundsätzlich ihre allgemeinen Aufsichts- bzw. Organisationsbefugnisse.[11] Sie sind zudem befugt, generelle Weisungen zu erteilen.[12]
Die fachliche Dienstaufsicht ist inhaltlich durch das Legalitätsprinzip eingeschränkt.[13] Für die fachliche Weisung im Einzelfall gelten die gleichen Regelungen wie für die Dienstaufsicht über die Staatsanwaltschaft. Die Befugnisse des ersten Beamten der Staatsanwaltschaft i. S. v. § 145 Abs. 1 GVG stehen dem Leiter der jeweiligen Finanzbehörde zu, nicht aber den vorgesetzten Behörden.[14] Zudem ist zu berücksichtigen, dass die vorgesetzten Behörden keine Finanzbehörde i. S. d. § 386 Abs. 2 AO sind und damit nicht über den Umweg der Einzelweisung faktisch zur Ermittlungsbehörde werden dürfen. Daher hat die vorgesetzte Behörde nicht die Devolutions- und Substitutionsrechte des § 145 GVG.
Rz. 12a
Die Zuständigkeit für ein Bußgeld- oder Strafverfahren wegen der unberechtigten Erlangung von Altersvorsorgezulagen nach §§ 79ff. EStG liegt ebenfalls bei der Finanzbehörde. Zwar sind gem. § 96 Abs. 7 EStG die materiellen und formellen Vorschriften des achten Teils der AO überwiegend anwendbar. Daraus wird vereinzelt geschlussfolgert, die strafrechtliche Verfolgungskompetenz liege bei der Zentralen Zulagenstelle für Altersvermögen.[15] Allerdings handelt es sich bei dieser Stelle nicht um eine Finanzbehörde i. S. d. § 386 Abs. 1 S. 2 AO, sodass die Zuständigkeit für entsprechende Strafverfahren bei der Finanzbehörde, also dem FA, verbleibt.[16]
Rz. 13
Die funktionelle Zuständigkeit der Finanzbehörde im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren setzt nach § 386 Abs. 1 S. 1 AO den Verdacht einer Steuerstraftat voraus.
Der Begriff der Straftat ist im prozessualen Sinn des § 264 StPO zu sehen.[17] Dies ist das gesamte tatsächliche Geschehen, das bei natürlicher Betrachtungsweise als einheitlicher Lebensvorgang zu werten ist.[18]
Werden durch diesen Lebensvorgang mehrere Straftatbestände verwirklicht, so ist es unerheblich, ob diese Straftaten in der strafrechtlichen Wertung als Tateinheit[19] oder als Tatmehrheit[20] zu sehen sind.[21]
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