Rz. 48
Nach § 393 Abs. 2 AO ist die Verwendung der Tatsachen und Beweismittel zur Strafverfolgung des Stpfl. nur dann verboten, wenn er diese in Erfüllung steuerrechtlicher Pflichten offenbart hat. Unerheblich ist insoweit, ob die Finanzbehörde die Angaben von dem Stpfl. mittels eines Verwaltungsakts, z. B. mittels eines Auskunftsersuchens nach § 93 AO, abverlangt oder nur die Offenbarung verursacht hat. Unerheblich ist auch, ob das Offenbaren durch Zwangsmittel nach § 328 AO erzwungen wurde . Da § 393 AO erzwingbare Erklärungspflichten mit dem Selbstbelastungsverbot in Einklang bringen will, unterfallen Informationen, die der Stpfl. den Finanzbehörden freiwillig und nicht aufgrund einer steuerlichen Pflicht überlassen hat, nicht dem Schutzzweck dieser Vorschrift.
Rz. 48a
In Erfüllung steuerlicher Pflichten sind nur wahrheitsgemäße Angaben gemacht worden. Die Verwendung unechter oder verfälschter Urkunden im Rahmen des Besteuerungsverfahrens erfüllt den Straftatbestand der Urkundenfälschung nach § 267 Abs. 1 StGB und wird nicht durch § 393 Abs. 2 AO geschützt.
Rz. 49
Das Offenbaren ist auch dann in Erfüllung steuerrechtlicher Pflichten erfolgt, wenn sie nicht direkt der Pflichterfüllung dient, sondern gelegentlich der Pflichterfüllung erfolgt oder auch bei Wahrnehmung steuerrechtlicher Rechte.
Rz. 50
Auch wenn das – wahrheitsgemäße – Offenbaren in Zusammenhang mit einer strafbefreienden Selbstanzeige erfolgt, führt dies zum Verwendungsverbot nach § 393 Abs. 2 AO. Die "Selbstanzeige-Handlung" nach § 371 Abs. 1 AO ist eine Korrekturmaßnahme von Angaben im Besteuerungsverfahren, die erst durch die rechtliche Wertung der Finanzbehörde als "Selbstanzeige", d. h. als eigene Aufdeckung einer Steuerhinterziehung, zur Einleitung des Steuerstrafverfahrens führt. Zu der Selbstanzeige nach § 371 AO besteht zwar nach § 153 AO keine Rechtspflicht, wenn die vorausgegangene Erklärung wissentlich falsch abgegeben worden und damit der Straftatbestand der Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 AO erfüllt ist. Sie erfolgt jedoch in Erfüllung der generell bestehenden steuerrechtlichen Wahrheitspflicht. Ist die Steuerhinterziehung durch Unterlassen bewirkt worden, so bestehen die noch nicht erfüllten steuerlichen Pflichten bis zur Verjährung fort, sodass die als "Selbstanzeige" zu wertende Nachholung insoweit direkt in Erfüllung steuerrechtlicher Pflichten erfolgt.
Wird im Rahmen einer Selbstanzeige wegen Steuerhinterziehung zugleich eine mit der Steuerhinterziehung begangene Urkundenfälschung aufgedeckt, greift das Verwendungsverbot des § 393 Abs. 2 AO insoweit nicht ein.