Rz. 59
Durch das Verwendungsverbot wird der im Besteuerungsverfahren mitwirkende Stpfl. geschützt. Das Verwendungsverbot ist von den Strafverfolgungsorganen im Ermittlungsverfahren und im gerichtlichen Verfahren ohne besondere Rüge von Amts wegen zu beachten. Erst im Revisionsverfahren muss nach § 344 Abs. 2 StPO der Verfahrensverstoß gerügt werden.
Rz. 59a
Das Verbot der Verwendung zur Verfolgung erfasst alle Informationen, die mit einer nichtsteuerlichen Straftat im Zusammenhang stehen können. Es umfasst auch das Verbot der Weitergabe der Erkenntnisse und beschränkt sich nicht nur auf das Verbot der Verwertung der Tatsachen oder Beweismittel in einem Strafverfahren. Es hindert die Strafverfolgungsorgane demgemäß an Ermittlungen zur nichtsteuerlichen Straftat. Erkennt die Finanzbehörde i. S. v. § 386 Abs. 1 AO oder die Steuer- bzw. Zollfahndung im Rahmen der Ermittlungen einer Steuerstraftat die unter den Voraussetzungen des § 393 Abs. 2 AO offenbarte nichtsteuerliche Straftat, so darf sie keine Ermittlungshandlungen in diese Richtung vornehmen, d. h., sie darf wegen der nichtsteuerlichen Straftat das Strafverfahren nicht einleiten i. S. v. § 397 AO (s. auch Rz. 25), sodass die Ermittlungszuständigkeit der Finanzbehörde nach § 386 Abs. 2 Nr. 1 AO erhalten bleibt. Auch ist das Verwendungsverbot schon für einen evtl. Durchsuchungsantrag und die Beschwerdeentscheidung über den Durchsuchungsbeschluss zur Aufklärung der nichtsteuerlichen Tat zu beachten. Unzulässig ist die Verwendung jedenfalls zur Begründung der Anklage, der Eröffnung des Hauptverfahrens oder einer Verurteilung.
Rz. 60
Die Verfolgung offenbarter Steuerstraftaten i. S. v. § 369 AO wird nach dem eindeutigen Wortlaut der Regelung durch § 393 Abs. 2 AO nicht gehindert. Hier ist allerdings zu prüfen, ob die Straffreiheit nicht durch eine Selbstanzeige nach § 371 AO eingetreten ist, da diese keine bestimmte Form voraussetzt.
Rz. 60a
Für das Verwendungsverbot hinsichtlich des nichtsteuerlichen Delikts ist es ohne Bedeutung, in welchem strafrechtlichen Konkurrenzverhältnis das nichtsteuerliche Delikt zu der im anhängigen Strafverfahren verfolgten Straftat steht. Das Verwendungsverbot besteht auch dann, wenn zwischen den beiden Straftaten Tateinheit i. S. v. § 52 StGB vorliegt. Dies gilt jedoch nicht für die Urkundenfälschung durch Verwendung unechter oder gefälschter Unterlagen im Besteuerungsverfahren.
Rz. 61
Durch § 393 Abs. 2 AO AO wird die Verwendung gegen den Stpfl. untersagt. Die Verwendung der offenbarten Tatsachen oder Beweismittel zugunsten des Stpfl. ist nicht verboten.
Rz. 62
Die Wirkung des § 393 Abs. 2 AO tritt nicht zwingend ein. Der Verzicht auf den durch diese Vorschrift gewährten Schutz durch den Stpfl. ist zulässig. Der Grundsatz des § 136a StPO gilt nicht. § 393 Abs. 2 AO sichert den Schutz des Steuergeheimnisses, das aber nach § 30 Abs. 4 Nr. 3 AO bei Zustimmung des Stpfl. zur Offenbarung nicht verletzt wird; es ist disponibel.
Rz. 63
Durch § 393 Abs. 2 AO wird nur der mitwirkende Stpfl. selbst geschützt. Die Verwendung der offenbarten Tatsachen oder Beweismittel gegen Dritte ist durch diese Regelung nicht ausgeschlossen. Einschränkend gilt dies nicht, wenn der Dritte ein Ehegatte oder Lebenspartner ist und die Erkenntnisse aus einer Zusammenveranlagung stammen. Die Strafverfolgungsorgane sind nicht gehindert, die erlangten Kenntnisse in ein gegen einen Dritten zu führendes Strafverfahren einfließen zu lassen. Das Steuergeheimnis steht dieser Verwendung nicht entgegen.