Rz. 107
Die Vermietung von Wohnraum an ein unterhaltsberechtigtes Kind, das den Mietzins nur aus dem Barunterhalt der Eltern bestreiten kann, wurde früher als rechtsmissbräuchlich angesehen. Diese Beurteilung hat der BFH inzwischen aufgegeben. Er sieht jetzt in der Leistung des Barunterhalts einerseits und dem Mietverhältnis andererseits zwei bürgerlich-rechtlich und wirtschaftlich unterschiedliche Vorgänge, die auch steuerrechtlich voneinander zu trennen sind. Auch bei einem Mietverhältnis mit der geschiedenen Ehefrau unter Verrechnung der Miete mit dem geschuldeten Barunterhalt ist kein Gestaltungsmissbrauch anzunehmen. Ein Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten liegt nicht vor, wenn ein Ehegatte dem anderen seine an dessen Beschäftigungsort belegene Wohnung im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung zu fremdüblichen Bedingungen vermietet.
Rz. 108
Der Abschluss eines Mietvertrags unter Angehörigen stellt nicht bereits deshalb einen Gestaltungsmissbrauch dar, weil der Mieter das Grundstück zuvor gegen wiederkehrende Leistungen auf den Vermieter übertragen bzw. ein Nießbrauchsrecht , ein Nutzungsrecht oder ein unentgeltliches Wohnrecht an dem Mietobjekt unentgeltlich aufgegeben hatte.
Anders verhält es sich, wenn ein im Zusammenhang mit einer Grundstücksübertragung eingeräumtes, unentgeltliches Wohnrecht wegen Vereinbarung einer dauernden Last aufgehoben und gleichzeitig ein Mietverhältnis mit einem Mietzins in Höhe der dauernden Last vereinbart wird.
Rz. 109
Die wechselseitige Vermietung zwischen nahen Angehörigen kann ein Gestaltungsmissbrauch sein. Ein Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten kann auch darin liegen, dass sich vier einander nahestehende Personen, von denen zwei in Haushaltsgemeinschaft leben und die gemeinsam und planmäßig mehrere in sich abgeschlossene Wohneinheiten errichtet und sich gegenseitig zum Teileigentum übertragen haben, drei dieser Wohnungen wechselseitig zur eigenen Nutzung vermieten.
Anders verhält es sich hingegen, wenn ein Stpfl. sein Haus zu fremdüblichen Bedingungen an seine Eltern vermietet, während er selbst ein Haus seiner Eltern unentgeltlich zu Wohnzwecken nutzt. Da bei Anwendung des § 42 AO auf den Steueranspruch aus dem konkreten Steuerschuldverhältnis des einzelnen Stpfl. abzustellen ist, kommt es in diesem Fall nicht auf das Verhalten der Eltern bei der unentgeltlichen Überlassung ihres Hauses an den Stpfl., sondern allein darauf an, ob die Überlassung des vom Stpfl. erworbenen Hauses zur tatsächlichen Nutzung durch seine Eltern in anderer Form als durch einen entgeltlichen Mietvertrag hätte gestaltet werden müssen.