Rz. 48
Eine Ermessensentscheidung ergeht durch Verwaltungsakt und ist, wenn er schriftlich erteilt wird oder ein schriftlich bestätigter Verwaltungsakt ist, grundsätzlich zu begründen. An die Begründung einer Ermessensentscheidung sind grundsätzlich besondere Ansprüche zu stellen, weil der Adressat die Entscheidung verstehen und in die Lage versetzt werden soll, die Erfolgsaussichten eines etwa einzulegenden Rechtsbehelfs zu beurteilen. Es ist daher erforderlich, in der Begründung die tragenden Ermessensgrundlagen und -erwägungen darzulegen. Das sind im Normalfall alle tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte, die im Einzelfall nach Sinn und Zweck der Ermächtigungsnorm bedeutsam sind. Regelmäßig reicht daher zur Begründung die bloße Wiedergabe des Gesetzeswortlauts nicht aus; die Begründung muss sich am Einzelfall orientieren. Durch die Begründungspflicht soll die Finanzbehörde zugleich zur Selbstkontrolle veranlasst werden, um voreilige Entscheidungen zu vermeiden.
Rz. 49
Die Ausrichtung der Begründungspflicht am Verständnis des Betroffenen bezüglich der Ermessensentscheidung und an den erforderlichen Grundlagen für die Einschätzung der Rechtsbehelfsmöglichkeiten und -aussichten ist maßgebend für Inhalt und Umfang der Begründungspflicht. Je schwerer der Eingriff, umso sorgfältiger muss die Begründung ausfallen. Kennt der Betroffene die Ermessensgrundlagen und -erwägungen bereits, so bedarf es insoweit keiner Begründung. Kann er sie unschwer aus wenigen Angaben erkennen, kann die Begründung sich auf diese wenigen Angaben beschränken. Das folgt bereits aus § 121 Abs. 2 Nr. 2, 3 AO.
Rz. 50
Bei einer gesetzlich vorgeprägten bzw. intendierten Ermessensentscheidung kann das FA grundsätzlich davon absehen, seine Ermessenserwägungen näher darzulegen (vgl. Rz. 23). Auch sonst kann eine Begründung entbehrlich sein, wenn die Gründe so offensichtlich sind, dass sich eine weitere Begründung als entbehrliche Formalität darstellen würde.
Rz. 51
Für die Anordnung der Außenprüfung gem. § 193 Abs. 1 AO reicht regelmäßig ein Hinweis auf diese Vorschrift in der Prüfungsanordnung, da hier Außenprüfungen ohne besonderen Grund zulässig sind. Da Außenprüfungen allerdings nicht schrankenlos durchgeführt werden dürfen, kann im Einzelfall gleichwohl eine ergänzende Begründung erforderlich sein. Einer Begründung bedarf insbesondere eine auf § 193 Abs. 2 Nr. 2 AO gestützte Prüfungsanordnung. Auch für andere Ermessensentscheidungen im Zusammenhang mit einer Außenprüfung stellen sich Fragen nach dem Inhalt der Begründung. Bei der Festsetzung eines Verspätungszuschlags gegen eine Kapitalgesellschaft bedarf es keiner Begründung des Auswahlermessens dahin gehend, weshalb statt ihrer nicht ihr gesetzlicher Vertreter in Anspruch genommen wird. Für den Ansatz der Nebenbestimmung des Vorbehalts der Nachprüfung bedarf es bereits nach der ausdrücklichen Regelung in § 164 Abs. 1 S. 1 AO keiner Begründung.
Rz. 52
Eine nicht oder nicht ausreichend begründete Ermessensentscheidung der Finanzbehörde ist grundsätzlich regelmäßig rechtswidrig (fehlerhaft). Die notwendige Begründung kann allerdings bis zur Einspruchsentscheidung nachgeholt werden. § 126 Abs. 2 AO gilt nicht für die Ergänzung einer Ermessensentscheidung; insoweit ist § 102 S. 2 FGO die gegenüber § 126 Abs. 2 AO speziellere Norm. Die Anwendung des § 127 AO auf Ermessensentscheidung ist ausgeschlossen.