Prof. Dr. Bernhard Schwarz †
Rz. 6
Als Pflichten, die verletzt werden können, kommen vor allem die Mitwirkungspflichten und die Leistungspflichten im Festsetzungs- und Erhebungsverfahren, aber auch in den übrigen Verwaltungsverfahren in Betracht. Zu nennen sind die Aufzeichnungs-, Buchführungs- und Aufbewahrungspflichten, die Anzeigepflichten, die Steuererklärungspflichten sowie die Auskunfts- und Vorlagepflichten, die Einbehaltungs- und Abführungspflichten sowie die Zahlungspflichten. Bei den Zahlungspflichten ist insbesondere die grundsätzliche Pflicht hervorzuheben, den Fiskus beim Fehlen ausreichender Geldmittel nicht gegenüber anderen Gläubigern zu benachteiligen. Auch die Pflicht zur Mitwirkung bei der Ermittlung der Tilgungsquote im USt-Haftungsfall durch Ausfüllen des Berechnungsbogens zur Ermittlung der Haftungsquote gehört zu den Pflichten des Geschäftsführers einer GmbH. Dazu gehört auch die Berücksichtigung der im Haftungszeitraum gezahlten Lohnsteuern. Zu den einzelnen Pflichten nach §§ 34, 35 AO vgl. § 34 AO Rz. 11–13. Aber auch die Pflicht zur Einhaltung des Sperrjahres durch den Liquidator vor Verteilung des Vermögens gehört hierher, nicht dagegen das Unterlassen eines rechtzeitigen Antrags auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Vertretenen. Die Option zu USt-Pflicht gem. § 9 UStG soll dabei auch dann keine Pflichtverletzung sein, wenn der Vertreter davon ausgehen muss, dass die USt bei Fälligkeit nicht wird bezahlt werden können. Die Pflichtverletzung kann durch Handeln (z. B. Abgabe einer unrichtigen oder unvollständigen Steuererklärung) oder durch Unterlassen (z. B. einer Steueranmeldung oder Zahlung) geschehen. Die Mitwirkungs- oder Leistungspflicht muss dabei tatsächlich bestanden haben. Dies ist bei den Verfügungsberechtigten (§ 35) und den Vermögensverwaltern besonders genau zu prüfen, da bei diesen häufig Begrenzungen der Pflichten bestehen. Im Fall der Beendigung der Eigenschaft als Person i. S. d. § 34 AO unter Beachtung des § 36 AO ist ebenfalls besonders zu prüfen, ob eine Pflichtverletzung gegeben sein kann. Ein Verhalten nach dem Ausscheiden als Geschäftsführer einer GmbH ist grundsätzlich nicht geeignet, eine Geschäftsführerhaftung zu begründen.
Die Pflichtverletzung und das Verschulden – Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit – sind grundsätzlich von der Pflichtverletzung zu unterscheiden. Dies ist jedoch in einzelnen Fällen nicht immer ganz leicht möglich. Da dieses regelmäßig an der subjektiven Seite der Person nach §§ 34 u. 35 AO abzugrenzen wäre, ist die genaue Trennung manchmal nicht möglich und kann vernachlässigt werden.