Rz. 14
Andere Personen i. S. d. Norm sind alle Personen und Einrichtungen, die nicht Beteiligte nach § 78 AO sind. Die von ihnen zu erteilenden Auskünfte betreffen Sachverhalte eines für sie fremden Besteuerungsverfahrens. Andere Personen sind aber nicht die für den Beteiligten handelnden gesetzlichen Vertreter, Vermögensverwalter, Verfügungsberechtigten und Beauftragten i. S. d. §§ 34, 35, 79 Abs. 1 Nr. 3 und 4 AO. Diese Personen erfüllen die Pflichten der Beteiligten als eigene Pflichten und stehen den von ihnen Vertretenen insofern gleich.
Abs. 1 S. 2 bezieht die dort genannten Rechtsgebilde in den Kreis der auskunftspflichtigen Dritten ausdrücklich mit ein und begründet für diese eine eigenständige Steuerrechtsfähigkeit im Beweisverfahren. Der Kreis der auskunftspflichtigen anderen Personen entspricht damit – mit Ausnahme der Behörden – dem Kreis der Beteiligten nach § 78 AO.
Rz. 15
Auch für die anderen Personen gelten im Fall fehlender natürlicher Handlungsfähigkeit die Regeln der §§ 34, 35, 79 Abs. 1 Nr. 3 und 4 AO.
Rz. 16
Andere Personen sollen erst dann zur Auskunft angehalten werden, wenn die Sachverhaltsaufklärung durch die Beteiligten nicht zum Ziel führt oder keinen Erfolg verspricht, Abs. 1 S. 3. Zwischen Beteiligten und anderen Personen besteht danach ein klares Vor- und Nachrangigkeitsverhältnis im Beweisverfahren. Die Voraussetzungen der Inanspruchnahme Dritter sind damit tatbestandlich beschränkt. Dies trägt dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung, da die zunächst zu prüfende Inanspruchnahme des Beteiligten sowohl für diesen selbst als auch für den unbeteiligten Dritten grds. den einfacheren und weniger belastenden Eingriff darstellt, da in diesem Fall das Erfordernis der Beweismittelerhebung im konkreten Steuerverfahren nicht offenbar wird.
Rz. 17
Da die Auskunftspflicht Dritter aber dem Gemeinwohlbelang der steuerlichen Belastungsgleichheit dient, ist Abs. 1 S. 3 nicht dahingehend verfassungskonform auszulegen, dass Dritte nur in äußerst seltenen Ausnahmefällen in Anspruch genommen werden dürfen. Das FA muss auf die Inanspruchnahme anderer Personen zur Auskunftserteilung nicht etwa solange verzichten, bis alle nur denkbaren Möglichkeiten ausgeschöpft sind, den Beteiligten selbst zu einer vollständigen Auskunft über seine steuerlichen Verhältnisse zu veranlassen. Abs. 1 S. 3 setzt daher jedenfalls kein vorausgegangenes Zwangsmittelverfahren nach § 328 AO bzw. Verfahren der eidesstattlichen Versicherung nach § 95 AO gegen den Beteiligten voraus. Denn daran gemessen ist die Auskunftsverpflichtung Dritter nach Verhältnismäßigkeitsgrundsätzen das mildere Mittel. Erforderlich ist lediglich die – voraussichtliche – Erfolglosigkeit der Inanspruchnahme des Beteiligten.
Rz. 18
Die Gründe für dessen Beweislosigkeit sind insofern irrelevant. Diese können sowohl objektiver als auch subjektiver Natur sein. Demnach ist die nachrangige Auskunftspflicht Dritter eröffnet, wenn
- der Beteiligte objektiv nicht beweisfähig ist,
- ihm eine weitere Mitwirkung nicht zugemutet werden kann,
- er seine Mitwirkungspflicht verletzt und die Beweiserbringung verweigert.
Im letzteren Fall ist allerdings im Rahmen des behördlichen Ermessens zu prüfen, ob statt der Beweisverpflichtung des Dritten nicht nach den Regeln des verminderten Beweismaßes entschieden werden kann.
Rz. 19
Andere Personen können bereits dann in Anspruch genommen werden, wenn die Mitwirkung des Beteiligten voraussichtlich ohne Erfolg bleiben wird. Die Behörde kann somit im Weg einer vorweggenommenen Verfahrens- und Beweiswürdigung die Beweistauglichkeit des Beteiligten prüfen. Anhaltspunkt für diese Betrachtung ex ante ist vor allem das bisherige Verhalten des Beteiligten im Besteuerungsverfahren. Die Inanspruchnahme anderer Personen ist dann rechtmäßig, wenn die Erfolglosigkeit seiner Mitwirkung offenkundig ist. Auf Letzteres kann eine Finanzbehörde aufgrund des bisherigen Verhaltens des Beteiligten bei konkreten nachweisbaren Fakten im Rahmen einer vorweggenommenen Beweiswürdigung schließen. Nicht ausreichend ist es, eine solche Beweiswürdigung schon dann als vertretbar zu werten, wenn sie (nur) nicht willkürlich erfolgte. Verhältnismäßig ist der Eingriff in die informationelle Selbstbestimmung durch die Inanspruchnahme Dritter nur dann, wenn die Finanzbehörde es im Rahmen der vorweggenommenen Beweiswürdigung aufgrund konkreter Tatsachen als zwingend ansieht, dass die Mitwirkung des Beteiligten erfolglos bleiben wird. Die aus den Vorjahren erlangte Erkenntnis, dass Einkünfte nicht erklärt wurden und im Rahmen einer Mitteilung bei einer Geschäftspartnerin aufgeklärt wurde, rechtfertigt für sich genommen nicht die Annahme, dass die Beweiserhebung beim Beteiligten ergebnislos bleiben wird. Eine nur mögliche zeitliche Verzögerung des Verfahrens rechtfertigt die sofortige Inanspruchnahme von Dritten ebenso wenig.
Rz. 20
Dritte sollten wegen des Begründungserfordernisses des § 121 Abs. 1 AO die Schriftform des an sie gerichteten Auskunft...