Björn Rottpeter, Dr. Karsten Webel
1 Regelungsgehalt
Rz. 1
Gemäß § 9 StraBEG erstreckt sich die steuerliche Abgeltungswirkung in persönlicher Hinsicht auf den Steuerschuldner und neben ihm zusätzlich auf alle Gesamtschuldner i. S. d. § 44 AO.
Gesamtschuldner sind Personen, die nebeneinander dieselbe Leistung aus dem Steuerschuldverhältnis schulden oder für sie haften oder die zusammen zu einer Steuer zu veranlagen sind. Jeder Gesamtschuldner ist verpflichtet, die gesamte Leistung zu bewirken, aber die Finanzbehörde als Gläubiger kann die Leistung nur einmal fordern.
2 Gesamtschuldnerschaft
Rz. 2
In welchen Fällen Gesamtschuldnerschaft entsteht, richtet sich nach den Einzelsteuergesetzen.
Um Gesamtschuldner handelt es sich insbesondere bei zusammenveranlagten Ehegatten, Miterben und Arbeitnehmer/Arbeitgeber bzgl. der LSt. Folglich wird auch die Verkürzung von Abzugsteuern durch Verschweigen von Einnahmen vom StraBEG erfasst. Wurde z. B. aus unversteuerten Einnahmen vom Arbeitgeber unversteuerter Arbeitslohn ausgezahlt und dadurch eine LSt-Verkürzung bewirkt, erstreckt sich die steuerliche Abgeltungswirkung einer entsprechenden Erklärung und Zahlung durch den Arbeitgeber — ebenso wie die strafrechtliche Amnestiewirkung gemäß § 4 Abs. 1 S. 2 StraBEG — auch auf den Arbeitnehmer (vgl. § 4 StraBEG Rz. 6).
Gesamtschuldner können auch der Steuerschuldner und ein Haftungsschuldner sein. Die Abgeltungswirkung greift somit auch für denjenigen ein, der zu Gunsten eines Dritten Steuern hinterzogen hat (z. B. Bankmitarbeiter oder Steuerberater) und gemäß § 71 AO für die hinterzogenen Steuern haften könnte (vgl. dazu § 71 AO Rz. 4ff.).
Insoweit ist es nach dem Wortlaut des § 9 StraBEG für den Eintritt der Abgeltungswirkung ohne Bedeutung, ob aufgrund des Vorliegens eines Sperrgrunds in der Person des Beteiligten keine Straffreiheit eintritt, oder der Beteiligte nicht vorsätzlich gehandelt hat und somit kein Steuerhinterzieher i. S. d. § 1 StraBEG ist. In beiden Fällen ergibt sich die Erstreckung der Abgeltungswirkung aufgrund der Tatsache, dass die Steuern gesamtschuldnerisch geschuldet wurden (ebenso Joecks, in F/G/J, Steuerstrafrecht, § 9 StraBEG Rz. 2; Striegel/Weger, GmbHR 2004, 402, 404).
Keine Gesamtschuldnerschaft liegt hingegen z. B. bei Erwerbern eines Grundstücks (je zur Hälfte) vor. Vgl. im Einzelnen zur Gesamtschuldnerschaft § 44 AO Rz. 8ff.
3 Personen- und Kapitalgesellschaften
Rz. 3
§ 9 StraBEG führt bei Personen- und Kapitalgesellschaften nicht zu einer Erstreckung der Abgeltungswirkung auch auf die Gesellschafter, da im Hinblick auf deren private ESt-Hinterziehung zwischen den Gesellschaftern und der Gesellschaft keine Gesamtschuldnerschaft besteht.
Vgl. insoweit aber zu vGA § 4 Abs. 1 S. 3 StraBEG und § 4 StraBEG Rz. 7.