Rz. 5
Hat die Beschwerde – in allen nicht von § 131 Abs. 1 S. 1 FGO erfassten Fällen – keine aufschiebende Wirkung, kann das FG, der Vorsitzende oder der Berichterstatter, dessen Entscheidung angefochten wird, von Amts wegen die Vollziehung des angefochtenen Beschlusses einstweilen aussetzen (Abs. 1 S. 2). Die Aussetzung kann von der Beschwerdeerhebung und längstens bis zur Entscheidung über die Beschwerde verfügt werden.
Auch wenn die Entscheidung von Amts wegen zu treffen und daher ein Antrag nicht erforderlich ist, dürfte eine Antragstellung regelmäßig zweckmäßig sein. Wird ein Antrag gestellt, ist er verfahrensrechtlich als Anregung einer von Amts wegen zu treffenden Entscheidung zu behandeln.
Zuständig für die einstweilige Aussetzung der Vollziehung ist das FG, der Vorsitzende oder der Berichterstatter, dessen Beschluss angefochten wird (Abs. 1 S. 2). Die Zuständigkeit ist auch dann beim FG gegeben, wenn die Beschwerde nach § 129 Abs. 2 FGO beim BFH eingelegt wird.
Sobald das FG der Beschwerde nicht abgeholfen und sie nach § 130 Abs. 1 FGO dem BFH vorgelegt hat, wird die Beschwerde beim BFH anhängig und die Zuständigkeit geht nach § 155 FGO i. V. m. § 570 Abs. 3 ZPO auf den BFH als Beschwerdegericht über. Mit der Zuständigkeit des BFH für die Beschwerde entfällt die Entscheidungskompetenz des FG auch für die einstweilige Aussetzung der Vollziehung. Da der BFH auch neue Tatsachen berücksichtigen muss, wäre eine fortbestehende Zuständigkeit des FG, dem diese Tatsachen möglicherweise nicht bekannt sind, nicht sinnvoll. Der Betroffene kann somit, sobald die Beschwerde beim BFH anhängig geworden ist, dort einen erneuten Aussetzungsantrag stellen. Wegen dieser Möglichkeit ist eine Beschwerde gegen die Ablehnung der Aussetzung durch das FG nicht statthaft.
Die Vollziehung kann auch in den Fällen der Verhängung von Ordnungsmaßnahmen in der mündlichen Verhandlung ausgesetzt werden, in denen die Beschwerde nach § 131 Abs. 2 FGO eigentlich keine aufschiebende Wirkung hat.
Rz. 6
Aus § 128 Abs. 1 S. 1 FGO folgt, dass Urteile oder Gerichtsbescheide nicht nach § 131 FGO in der Vollziehung ausgesetzt werden können.
Die Aussetzung setzt begrifflich voraus, dass die angefochtene gerichtliche Entscheidung vollziehbar ist. Daran fehlt es, wenn ein Antrag vom Gericht lediglich abgelehnt wurde, z. B. bei Ablehnung einer einstweiligen Anordnung oder eines Antrags auf Akteneinsicht. Eine solche Entscheidung ist ihrer Natur nach nicht vollziehbar, z. B. wenn die Aussetzung der Vollziehung vom FG abgelehnt wurde. Ebenso ist es, wenn ein Beschluss die Aussetzung und Aufhebung der Vollziehung anordnet. Auch eine Aussetzungsentscheidung ist ihrem wesentlichen Inhalt nach nicht vollziehbar. Das FA kann also nicht durch die Aussetzung der angeordneten Aussetzung die Wiederherstellung der Vollziehbarkeit verlangen.
Eine einstweilige Aussetzung nach § 131 FGO scheidet auch aus, soweit die Aussetzung der Vollziehung im Gesetz ausdrücklich geregelt ist. Ein Beschluss, durch den das FG die Vollziehung nach § 69 Abs. 3 FGO ausgesetzt hat, kann nicht vom FG oder BFH einstweilen ausgesetzt werden. Denn die Aussetzung und Aufhebung der Vollziehung sind in § 69 FGO abschließend geregelt. Ein Rückgriff auf § 131 FGO ist ausgeschlossen.
Ist im Verfahren zur Hauptsache rechtskräftig entschieden, scheidet eine einstweilige Aussetzung der Vollziehung aus, da diese ihrem Wesen nach voraussetzt, dass die Maßnahme Gegenstand eines Rechtsstreits zwischen den Beteiligten ist. Der Antrag nach Abs. 1 S. 2 wird daher unzulässig, sobald in dem Verfahren zur Hauptsache rechtskräftig entschieden ist.
Rz. 7
Ist die Entscheidung schon vollzogen, ist eine einstweilige Aufhebung der Vollziehung nicht mehr möglich.
Die Anhörungsrüge nach § 133a FGO hat keine aufschiebende Wirkung. Nach § 133a Abs. 6 FGO bleibt jedoch § 131 Abs. 1 S. 2 FGO unberührt, d. h., das mit der Anhörungsrüge angerufene Gericht (FG oder BFH) kann die Vollziehung der angegriffenen Entscheidung bis zur Entscheidung über die Anhörungsrüge aussetzen. Nach Zurückweisung der Anhörungsrüge scheidet eine Aussetzung der Vollziehung aus, weil der Rechtsstreit beendet ist.