Rz. 5
Sinn und Zweck der Ausschließung ist die Sicherstellung eines sachlich neutralen (objektiven) und daher unparteiischen Verfahrens. Von der Mitwirkung in einem Gerichtsverfahren sollen daher all diejenigen ausgeschlossen sein, bei denen die Möglichkeit besteht, dass sie sich durch sachfremde Erwägungen in ihren Entscheidungen beeinflussen lassen. Bei Vorliegen eines der in § 41 ZPO genannten Ausschließungsgründe wird die Befangenheit der betroffenen Person unwiderleglich vermutet.
Rz. 6
Die Ausschließung nach § 51 Abs. 1 FGO i. V. m. § 41 ZPO begründet anders als die Ablehnung ein gesetzliches Mitwirkungsverbot, d. h. die betroffenen Personen sind kraft Gesetzes von der Ausübung ihres Amtes ausgeschlossen. Dies gilt bei Vorliegen eines der in § 41 ZPO genannten relativen Ausschließungsgründe für das jeweilige bestimmte Verfahren, bei Vorliegen eines absoluten Ausschließungsgrundes verfahrensunabhängig generell. Ausgeschlossene Gerichtspersonen haben sich jeglicher rechtsordnenden oder rechtspflegerischen Tätigkeit (im Verfahren) zu enthalten. Eine Mitwirkung des nach § 41 ZPO ausgeschlossenen Richters lediglich bei Urteilsverkündungen ist hingegen unschädlich. Das Mitwirkungsverbot ist in jedem Verfahrensstadium von Amts wegen zu beachten. Die Beteiligten können hierauf nicht verzichten.
Rz. 7
Nimmt eine ausgeschlossene Gerichtsperson gleichwohl Amtshandlungen vor, sind diese zwar nicht nichtig, aber anfechtbar. Dies gilt auch im Falle der Unkenntnis vom Vorliegen eines Ausschließungsgrundes. Die Amtshandlungen können bis zum Ende der Instanz von dem Vertreter, der an die Stelle des Ausgeschlossenen getreten ist, wiederholt werden. Geschieht dies nicht, ist ein gleichwohl ergangenes Urteil wegen Besetzungsmangels verfahrensfehlerhaft und begründet einen zur Revisionszulassung und Aufhebung des Urteils führenden Verfahrensmangel. Da die Ausschließung unverzichtbar und in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu berücksichtigen ist, steht der Aufhebung und Zurückverweisung durch den BFH nicht entgegen, wenn die Beteiligten diese nicht bereits in der ersten Instanz gerügt haben. Zulässig sind zudem eine Nichtigkeitsklage bzw. Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 134 FGO i. V. m. § 579 Abs. 1 Nr. 2 ZPO. Kein zur Revision führender Besetzungsmangel liegt aber vor, wenn bei der Entscheidung über die Nichtigkeitsklage ein Richter mitwirkt, der bereits an dem der Nichtigkeitsklage vorangegangenen Urteil mitgewirkt hat. Denn die FGO und die ZPO enthalten keine dem § 23 Abs. 2 StPO entsprechende Vorschrift. Ohne Auswirkung ist der Ausschluss auch für die Wirksamkeit der von den Beteiligten vor dem ausgeschlossenen Richter vorgenommenen Verfahrenshandlungen.
Rz. 8
An die Stelle des ausgeschlossenen Richters tritt sein geschäftsplanmäßiger Vertreter. Dies gilt auch für den Fall, dass der Rechtsstreit nach § 6 Abs. 1 FGO dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen worden war. Gehört eine Gerichtsperson zu dem kraft Gesetzes ausgeschlossenen Personenkreis, obliegt es ihr im Rahmen ihrer Dienstpflicht, das Vorliegen eines (möglichen) Ausschließungsgrundes anzuzeigen. In eindeutigen Fällen genügen für die Ausschließung ein Aktenvermerk und eine Mitteilung an die Beteiligten über den Wechsel auf der Richterbank; in Zweifelsfällen ist – nach Anhörung der Beteiligten – durch gesonderten und unanfechtbaren Beschluss zu entscheiden, an dem der betroffene Richter nicht mitwirkt. Die Regelung des § 46 Abs. 1 ZPO gilt insoweit entsprechend. Die Ausschlussentscheidung ist nicht selbständig anfechtbar; eine fehlerhafte Entscheidung kann aber zu einer Verletzung des Rechts auf den gesetzlichen Richter und damit zur Aufhebung des Urteils führen. Das Fehlen einer Entscheidung über den gesetzlichen Ausschluss eines Richters selbst zählt nicht zu den besonders schweren Verfahrensverstößen i. S. des § 119 Abs. 1 FGO. Bei verfahrensfehlerhaft unterbliebener gesonderter Beschlussfassung und Mitteilung kommt daher eine Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung durch den BFH an das FG nicht in Betracht, wenn den Beteiligten der Ausschließungsgrund bekannt ist, z. B. weil der Kläger aufgrund Akteneinsicht durch seinen Bevollmächtigten vor der mündlichen Verhandlung vom Richterwechsel Kenntnis erlangt hat, der Richterwechsel Gegenstand der mündlichen Verhandlung war und daher der Verfahrensfehler unter keinen denkbaren Umständen die Entscheidung beeinflusst haben kann.