Rz. 28
Nach § 174 Abs. 5 S. 2 AO können Dritte zu einem Klageverfahren beigeladen werden, wenn eine Aufhebung oder Korrektur des mit der Klage angefochtenen Steuerbescheids möglicherweise zu einer widerstreitenden Steuerfestsetzung i. S. v. § 174 Abs. 4 AO führen könnte. Es muss von der Finanzbehörde ein Sachverhalt möglicherweise irrig beurteilt worden sein, der dem Regelungsinhalt des mit der Klage angefochtenen und eines dem Dritten gegenüber erlassenen Steuerbescheids zugrunde liegt. Aufgrund der Beiladung kann nun die Finanzbehörde dem Dritten gegenüber die aus der Aufhebung oder Änderung des klagebefangenen Steuerbescheids resultierenden steuerlichen Folgerungen ziehen und dessen Steuerbescheid ändern.
§ 174 Abs. 5 S. 2 AO bildet einen eigenständigen Beiladungsgrund. Die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1, 3 FGO brauchen im Übrigen nicht erfüllt zu sein. Das steuerrechtliche Interesse des Beizuladenden ergibt sich hier stets durch die Möglichkeit der für ihn ungünstigen Änderung seines Steuerbescheids. Um diese zu vermeiden, besteht das steuerliche Interesse (Rz. 13) des Beizuladenden darin, dass die Finanzbehörde obsiegt.
Rz. 29
Die Beiladung aufgrund von § 174 Abs. 5 S. 2 AO muss nicht zwingend erfolgen, sondern es liegt im Ermessen der Finanzbehörde, ob sie sich diese Korrekturmöglichkeit (Rz. 28) eröffnet.
Rz. 29a
Für die Beiladung nach § 174 Abs. 5 S. 2 AO ist nicht Voraussetzung, dass im Zeitpunkt der Beiladung die Situation des § 174 Abs. 4 AO mit Sicherheit eintreten wird. Es genügt vielmehr, dass die Möglichkeit der widerstreitenden Steuerfestsetzung nicht von der Hand zu weisen ist. Ob diese "Folgeänderung" bei dem Beizuladenden zulässig ist und rechtlichen Bestand haben wird, ist nicht in dem anhängigen Klageverfahren, sondern in einem Verfahren gegen einen etwaigen "Korrekturbescheid" zu prüfen. Unerheblich ist auch die Frage, ob die Korrektur des gegen den Dritten gerichteten Steuerbescheids aus anderen Rechtsgründen erfolgen könnte.
Rz. 29b
Die Beiladung aufgrund von § 174 Abs. 5 S. 2 AO ist nur ausgeschlossen, wenn eine Korrektur der Steuerfestsetzung (Rz. 28) absolut ausgeschlossen ist, weil zweifelsfrei Festsetzungs- bzw. Feststellungsverjährung eingetreten ist.
Rz. 30
Das FG hat die Pflicht zur Beiladung, wenn die Finanzbehörde diese beantragt (Rz. 41a). Das FG hat insoweit keinen Ermessensspielraum und keine Rechtsgestaltungsbefugnis. Etwas anderes gilt nur dann, wenn eindeutig feststeht, dass die Interessen des Beizuladenden mit Sicherheit nicht berührt sein können.
Die Nichtbeachtung des Antrags durch das FG ist ein Verfahrensmangel i. S. v. § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO.
Vor Erlass des Beiladungsbeschlusses ist entspr. § 60 Abs. 1 FGO der Beizuladende zu hören (Rz. 43). Mit dem Beiladungsbeschluss (Rz. 46) erlangt der Beigeladene die Rechtsstellung eines notwendig Beigeladenen.