Rz. 95
Nach § 62 Abs. 3 S. 3 FGO kann das Gericht einem sonstigen Bevollmächtigten i. S. v. § 62 Abs. 2 S. 2 FGO (Rz. 46) die weitere Vertretung untersagen, wenn der Bevollmächtigte nicht in der Lage ist, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen. Dem "Behördenvertreter", also einem Amtsträger, der für die beklagte Behörde aufgrund seiner Dienststellung zur "Vertretung" organisatorisch legitimiert ist (Rz. 13), kann diese Vertretung nicht untersagt werden.
Rz. 96
Die Untersagung liegt im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts. Ob das Gericht von der Untersagung Gebrauch macht, hängt ausschließlich von dem Eindruck ab, den es vom Verhalten des Bevollmächtigten erhält. Sie kann für das gesamte Verfahren oder für spezielle Verfahrensabschnitte erfolgen (z. B. bei Trunkenheit in der Hauptverhandlung).
Rz. 97
Die Untersagung (Rz. 99) bewirkt den Verlust der Postulationsfähigkeit des Bevollmächtigten und hat demgemäß zur Folge, dass er keine rechtswirksamen Prozesshandlungen mehr vornehmen kann.
Der Verlust tritt mit der Bekanntgabe des Untersagungsbeschlusses (Rz. 99) ein. Vor Bekanntgabe des Beschlusses vorgenommene Verfahrenshandlungen bleiben wirksam.
Rz. 98
Der Bevollmächtigte ist nicht in der Lage, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen, wenn ihm die Fähigkeit zur sachgerechten Prozessführung fehlt. Diese Fähigkeit ist nicht gegeben, wenn der Bevollmächtigte zum schriftlichen Vortrag ungeeignet oder zu sachgemäßem mündlichem Vortrag nicht fähig ist. Die Untersagung nach § 62 Abs. 3 S. 3 FGO kann bereits dann erfolgen, wenn auch nur eine der beiden Fähigkeiten fehlt.
Der Grund für die Ungeeignetheit bzw. Unfähigkeit ist unerheblich. Diese kann sich aus objektiven Gründen ergeben, z. B. langfristige Verhinderung des Bevollmächtigten. Vornehmlich werden aber physische oder psychische Eigenschaften des Vertreters die Annahme der Ungeeignetheit bzw. Unfähigkeit begründen. Vorrangiges Kriterium für die Ermessensausübung ist die Eignung des Vertreters zur sachgerechten Interessenwahrnehmung. Demgemäß kann die Untersagung auch erfolgen, wenn der Bevollmächtigte zu erkennen gibt, dass er auf unabsehbare Zeit wegen beruflicher Überlastung die Rechte des Beteiligten nicht wahrnehmen kann. Werden mehrere Klagen innerhalb von drei Jahren nicht begründet, kann hieraus auf die fehlende Fähigkeit zum sachgerechten schriftlichen Vortrag geschlossen werden.
Die fehlende Fähigkeit zum geeigneten mündlichen Vortrag ist gegeben, wenn sich die Ausführungen trotz entsprechender Hinweise des Gerichts in unsubstanziierten, unsachlichen Äußerungen und persönlichen Angriffen gegen einen oder mehrere Richter erschöpfen.
Rz. 99
Das Untersagungsverfahren ist ein unselbstständiges Zwischenverfahren. Über die Untersagung entscheidet das Gericht, der Senat oder der Einzelrichter nach §§ 6, 79a FGO, durch Beschluss, der ohne Kostenentscheidung ergeht. Er ist nach § 63 Abs. 3 S. 1 FGO unanfechtbar.