Rz. 11
Grundsätzlich ist maßgebender Zeitpunkt für das Vorliegen der sich aus § 65 Abs. 1 FGO ergebenden inhaltlichen Voraussetzungen einer Klage der der letzten mündlichen Verhandlung, sofern nicht eine Ausschlussfrist nach § 65 Abs. 2 S. 2 FGO gesetzt wurde. Im Grundsatz gilt dies für sämtliche Klagearten, also neben Anfechtungs- und Verpflichtungsklage auch für eine Leistungs- oder Feststellungsklage.
Rz. 12
Bei fristgebundenen Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen müssen jedoch schon bis zum Ablauf der Klagefrist hinreichende Angaben vorliegen, um die Erklärung eindeutig überhaupt als Klage ansehen zu können. Insbesondere muss im Zeitpunkt der Klageerhebung eindeutig sein, dass die Klage nicht unter einer unzulässigen Bedingung erhoben wurde. Ferner wird man fordern müssen, dass bei diesen Klagen bis zum Ablauf der Klagefrist hinreichende (ggf. durch Auslegung erreichbare) Klarheit über die Identität der Beteiligten besteht. Eine Nachholung dieses Minimums ist auch im Rahmen des § 65 Abs. 2 S. 2 FGO nicht möglich; bei Fristversäumnis kommt hinsichtlich einer gesetzten Ausschlussfrist allenfalls eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 56 FGO in Betracht.
Rz. 13
Das bedeutet jedoch keinesfalls, dass bis zum Ablauf der Klagefrist auch sämtliche in § 65 Abs. 1 S. 1 FGO genannten Muss-Bestandteile vorliegen müssen; andernfalls wäre die in § 65 Abs. 2 S. 2 FGO eröffnete Fristsetzungsmöglichkeit gegenstandslos. Die Muss-Bestandteile der Klageschrift müssen daher bis zum Ablauf der gem. § 65 Abs. 2 S. 2 FGO gesetzten gerichtlichen Ausschlussfrist bzw. bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung bezeichnet werden. Erst nach erfolglosem Ablauf der Frist wird die Klage unzulässig.
Rz. 14
Diese Sichtweise ist freilich nicht unumstritten. So wird gefordert, es müsse – insbesondere bei fristgebundenen Klagen – bereits bis zum Ablauf der Klagefrist jedenfalls ein Minimum an inhaltlichen Angaben vorliegen. Bei einer Anfechtungsklage müsse die Klageschrift vor Ablauf der Klagefrist den Kläger, Beklagten, Streitgegenstand und die angefochtene Hoheitsmaßnahme unverwechselbar festgelegt haben. Ein solches generelles Erfordernis kann jedoch nicht mit der in § 65 Abs. 2 S. 2 FGO ersichtlich vorausgesetzten Ergänzungsfähigkeit der Muss-Bestandteile einer Klage in Einklang gebracht werden.
Der Praxis ist in jedem Fall zu empfehlen, bereits der Klageschrift den angefochtenen Steuerbescheid und die Einspruchsentscheidung beizufügen, um das FG auf diesem Wege über die Beteiligten und den bisherigen Sach- und Streitstand zu unterrichten.