Rz. 438
Im Zusammenhang mit der Einführung der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers gem. § 13b UStG durch das StÄndG 2001 wurde der Abs. 4b in § 15 UStG eingefügt; es gab vorher keine vergleichbare Vorschrift. Danach gelten die in § 18 Abs. 9 S. 4 und 5 UStG geltenden Ausschlüsse des Vorsteuerabzugs für Unternehmer, die nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig sind – sog. Drittlandsunternehmer – und die nur Steuer gem. § 13b Abs. 5 UStG schulden, auch im allgemeinen Besteuerungsverfahren, bei dem der Vorsteuerabzug gem. § 15 UStG im Rahmen von USt-Voranmeldungen und -Jahreserklärungen geltend zu machen ist.
Rz. 439
Die Regierungsbegründung lautete dazu so:
Zitat
Soweit an nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmer Umsätze ausgeführt werden, für die sie Steuerschuldner nach § 13b Abs. 2 UStG sind, haben sie die für Vorleistungen in Rechnung gestellte Steuer im allgemeinen Besteuerungsverfahren und nicht im Vorsteuer-Vergütungsverfahren geltend zu machen. Die Vorschrift stellt sicher, dass für die nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässigen Unternehmer die im Vorsteuer-Vergütungsverfahren geltenden Beschränkungen und Ausschlüsse – wie bisher – auch im allgemeinen Besteuerungsverfahren Anwendung finden, soweit sie keine inländischen Umsätze bewirken.
Rz. 440
Das Gesetz will mithin erreichen, dass es keinen Unterschied macht, ob der Drittlandsunternehmer seine Vorsteuern im Vergütungsverfahren oder im allgemeinen Besteuerungsverfahren geltend macht.
Praxis-Beispiel
Der in der Türkei ansässige Unternehmer U lässt sich im Januar des Jahres 01 von einem anderen Unternehmer (T) aus der Türkei in Deutschland steuerpflichtig Gold liefern.
Lösung:
Der Ort der von RT an U erbrachten Lieferung liegt gem. § 3a Abs. 7 UStG im Inland. Sie ist steuerpflichtig. Mithin nimmt U im Inland die Leistung eines nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässigen Unternehmers in Anspruch, sodass die Steuerschuld für diese Leistung auf U gem. § 13b Abs. 5 i. V. m. Abs. 2 Nr. 9 UStG übergeht – ungeachtet dessen, dass auch U nicht im Inland ansässig ist.
Weil im Verhältnis zur Türkei die Gegenseitigkeit hinsichtlich des Vorsteuer-Vergütungsverfahrens nicht gegeben ist, kann U deutsche Vorsteuern gem. § 18 Abs. 9 S. 4 UStG nicht im USt-Vergütungsverfahren geltend machen. Dieses Ergebnis wird auch über § 15 Abs. 4b UStG für das allgemeine Besteuerungsverfahren gewährleistet: U kann in seiner USt-Voranmeldung, die er gem. § 18 Abs. 4a UStG für die von ihm als Leistungsempfänger geschuldete Steuer abzugeben hat, diese Steuer nicht als Vorsteuer gem. § 15 Abs. 1 Nr. 4 UStG (Rz. 291) abziehen. Er wird also auch im normalen Besteuerungsverfahren entsprechend dem Ziel von § 18 Abs. 9 UStG definitiv mit inländischer Steuer belastet.
Rz. 440a
Der BFH hat in den Urteilen vom 28.8.2013 sowie vom 19.11.2014 die dazu ergangene Verwaltungsregelung gem. Abschn. 18.15 Abs. 1 S. 2 UStAE nicht anerkannt. Durch das BMF-Schreiben vom 21.5.2014 wurde die Nichtanwendung dieser Urteile über die entschiedenen Einzelfälle hinaus verfügt, weil sie Missbrauchsgestaltungen beim Bezug von Kraftstoffen ermöglichten durch den unrichtigen oder unberechtigten Ausweis von Umsatzsteuer gem. § 14c Abs. 1 und Abs. 2 UStG sowie durch den Bezug einer unter § 13b UStG fallenden Leistung.
Rz. 440b
Durch das Gesetz vom 12.12.2019 (s. dazu Rz. 14) hat der Gesetzgeber zum 1.1.2020 die bisherige Verwaltungsauffassung aus dem UStAE zu § 18 Abs. 9 UStG nunmehr in das Gesetz bei § 18 Abs. 9 UStG mit der Folgeänderung des § 15 Abs. 4b UStG übernommen, sodass sich die Missbrauchsgestaltungen nicht mehr ergeben können. Damit dürfen die betroffenen Unternehmer weiterhin den Vorsteuerabzug nur im besonderen Vergütungsverfahren im Rahmen des dafür geltenden Umfangs geltend machen.