Rz. 98

Die Anwendung der Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG, d. h. die Anwendung der Durchschnittssätze nach § 24 Abs. 1 UStG, setzt grds. voraus, dass der land- und forstwirtschaftliche Betrieb i. S. d. § 24 Abs. 2 UStG noch aktiv bewirtschaftet wird.[1] Danach ist also grds. die Besteuerung nach den allgemeinen Regelungen des UStG vorzunehmen, wenn der bislang selbst bewirtschaftete land- und forstwirtschaftliche Betrieb bereits übergeben oder veräußert ist, wenn er nur noch verpachtet wird[2], oder wenn er bereits aufgegeben und die Erzeugertätigkeit eingestellt ist und der Betrieb sich nur noch im Stadium der Abwicklung befindet (Abschn. 24.1 Abs. 4 S. 1 und 2 UStAE). Dies gilt unabhängig davon, dass Unternehmen und Unternehmereigenschaft erst erlöschen, wenn der Unternehmer alle Rechtsbeziehungen abgewickelt hat, die mit dem nicht mehr bewirtschafteten Betrieb in Zusammenhang stehen.[3]

 

Rz. 99

Eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass der Betrieb nach aktiv bewirtschaftet werden muss, gilt für die Lieferung von selbst erzeugten land- und forstwirtschaftlichen Erzeugnissen nach Einstellung der Erzeugertätigkeit (also nach Aufgabe, Veräußerung, Verpachtung usw.) des pauschalierenden land- und forstwirtschaftlichen Betriebs, also z. B. beim Verkauf von Ernterestbeständen bzw. dem Abverkauf der "letzten Ernte".[4] Der BFH begründet dies einerseits mit der Definition der Landwirtschaft i. S. d. § 24 UStG, die auch noch die Verwertung der durch die Bodennutzung gewonnenen Erzeugnisse umfasst, und andererseits mit dem Ziel der Pauschalregelung nach Art. 295ff. MwStSystRL, die Vorsteuerbelastung der landwirtschaftlichen Erzeuger im Zusammenhang mit der Lieferung landwirtschaftlicher Erzeugnisse und dem Erbringen landwirtschaftlicher Dienstleistungen pauschal auszugleichen, vgl. Rz. 41.

 

Rz. 100

Die Finanzverwaltung folgt der Auffassung des BFH (Abschn. 24.1 Abs. 4 S. 3ff. UStAE). Für vor dem 1.7.2010 ausgeführte Umsätze hat die Verwaltung hierzu eine Nichtbeanstandungsregelung erlassen.[5] Die in BMF v. 15.3.2010 getroffene Regelung für Hilfsumsätze im engen sachlichen Zusammenhang mit der Betriebsaufgabe hat nur noch Bedeutung für vor dem 1.1.2011 ausgeführte Umsätze (Rz. 234ff.).

In BMF v. 15.3.2010 ist zutreffend ausgeführt, dass die Durchschnittssatzbesteuerung nicht zur Anwendung kommt für sonstige Leistungen, die der Land- und Forstwirt nach der Aufgabe usw. seines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs ausführt; denn diese Leistungen haben nicht in vergleichbarer Art wie der Verkauf von Ernterestbeständen als nachlaufende Umsätze ihren Ursprung in der Erzeugertätigkeit. Die Pauschalierung ist auch nicht anwendbar für Umsätze, die – wie im Fall des Übergangs zur Verpachtung des Betriebs – aus der neuen, nicht land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeit resultieren, und grds. auch nicht für Umsätze, die darin bestehen, die Erzeugertätigkeit aufzugeben.[6] Jedoch gewährt die Finanzverwaltung in Abschn. 24.1 Abs. 4 S. 4 UStAE für nach dem 31.12.2010 ausgeführte Umsätze die Anwendung der Vereinfachungsregelung nach Abschn. 24.2 Abs. 6 UStAE (Rz. 235ff.) bzw. nach Abschn. 24.3 Abs. 9 UStAE (Rz. 241) für die Veräußerung gebrauchter Gegenstände bzw. immaterieller Wirtschaftsgüter des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs, wenn diese Veräußerung im engen Zusammenhang mit der Aufgabe usw. des Betriebs erfolgt und diese Wirtschaftsgüter nach Einstellung der Erzeugertätigkeit nicht zur Erzielung von Umsätzen verwendet wurden, die der Regelbsteuerung unterlagen.

 

Rz. 101

Aus dem Vorstehenden folgt nicht, dass der Verkauf selbst erzeugter land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse nach der Option zur Regelbesteuerung nach § 24 Abs. 4 UStG (Rz. 288ff.) noch der Durchschnittssatzbesteuerung unterworfen werden dürfte. Die Wirkung der Optionserklärung erstreckt sich auf alle während des Zeitraums der Anwendung der Regelbesteuerung ausgeführten Umsätze, auch wenn die veräußerten Erzeugnisse noch zzt. der Pauschalierung erzeugt worden sind. Vgl. außerdem Rz. 125 zu Fragen im Zusammenhang mit dem Wechsel von der Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG zur Kleinunternehmerbesteuerung nach § 19 Abs. 1 UStG. Vgl. schließlich Rz. 59 zur Frage eines Strukturwandels bei Aufgabe der landwirtschaftlichen Erzeugertätigkeit.

 
Praxis-Beispiel

Der bislang pauschalierende Ackerbauer und Milchviehhalter Busch will seinen Betrieb aufgeben und veräußert in diesem Zusammenhang am 1.10.01 seine Ackerflächen an einen anderen Landwirt. Damit sind bezüglich der Tierhaltung von Busch die Tierbestandsgrenzen nach § 24 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 UStG überschritten. Die Veräußerung der verbliebenen Milchviehwirtschaft (Grundstücke mit Wirtschaftsgebäuden, Melk- und Tankanlage, Milchquote/-referenzmenge, Milchviehherde, Bestand an selbst erzeugtem Futter) an einen weiteren Landwirt erfolgt am 1.3.02.

Für die Umsätze von Busch aus der Veräußerung der Milch, der ggf. selbst erzeugten Milchkühe und des selbst erzeugten Futters nach dem 30.9.01 kommt die Dur...

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