Rz. 763
Der Rat hat am 3.6.2022 die RL (EU) 2022/890 verabschiedet. Damit ist die Möglichkeit für die Mitgliedstaaten, das Reverse-Charge-Verfahren anzuwenden, um Betrug bei den unter Art. 199a Abs. 1 MwStSystRL fallenden Umsätzen zu bekämpfen, bis 31.12.2026 verlängert worden. Außerdem ist die Möglichkeit, den Schnellreaktionsmechanismus gem. Art. 199b MwStSystRL in sehr spezifischen Fällen durch das Reverse-Charge-Verfahren zur Betrugsbekämpfung zu nutzen, ebenfalls bis 31.12.2026 verlängert worden.
Die Anwendung des Reverse-Charge-Verfahrens auf der Basis von Art. 199a MwStSystRL (z. B. für die Übertragung von Treibhausgasemissionszertifikaten oder für Lieferungen von integrierten Schaltkreisen) ist für die Mitgliedstaaten fakultativ. Beim Schnellreaktionsmechanismus gem. Art. 199b MwStSystRL handelt es sich um eine Ausnahmemaßnahme, die es den Mitgliedstaaten erlaubt, in Fällen äußerster Dringlichkeit rasch ein befristetes Reverse-Charge-Verfahren in Sektoren einzuführen, bei denen unvermittelt auftretende und schwerwiegende Betrugsfälle verzeichnet wurden und die nicht in Art. 199a MwStSystRL aufgeführt sind. Dieses Verfahren ist außergewöhnlich und sehr schnell, da die EU-Kommission innerhalb eines Monats entweder mit einer ablehnenden Stellungnahme reagieren oder dem betreffenden Mitgliedstaat schriftlich bestätigen muss, dass sie keine Einwände gegen die Maßnahme erhebt. Der Mitgliedstaat kann die Sondermaßnahme des Schnellreaktionsmechanismus ab dem Zeitpunkt des Eingangs dieser Bestätigung erlassen. Durch die Anwendung dieser Maßnahme können die Mitgliedstaaten die Zeit bis zur Ermächtigung zur Einführung einer regulären abweichenden Sondermaßnahme gem. Art. 395 MwStSystRL, die bis zu 6 Monate dauern kann, überbrücken. Art. 199a MwStSystRL wurde für den Zeitraum von 2010 bis zum 30.6.2015 eingeführt und erstmals mit Änderungen bis zum 31.12.2018 verlängert. Art. 199b MwStSystRL wurde für den Zeitraum von 2013 bis zum 31.12.2018 eingeführt. Die Art. 199a und 199b MwStSystRL wurden dann anschließend bis zum 30.6.2022 verlängert, um sie mit dem ursprünglich für das Inkrafttreten des endgültigen Mehrwertsteuersystems vorgesehenen Datum in Einklang zu bringen.
Nach der Richtlinie (EU) 2022/8890 hat in Art. 199a Abs. 1 MwStSystRL der einleitende Teil eine neue Fassung erhalten. Die Absätze 3, 4 und 5 von Art. 199a MwStSystRL (Regelungen zu Berichtspflichten der Mitgliedstaaten und der EU-Kommission) wurden gestrichen. Art. 199b Abs. 6 MwStSystRL hat eine neue Fassung erhalten.