Rz. 22
Für die Krankenversicherung ist aus sozialen Gründen die Anwendung der Geringfügigkeitskriterien des § 8 SGB IV ausgeschlossen für Personen, die
- im Rahmen einer betrieblichen Berufsbildung tätig sind und als Beschäftigte gelten (§ 7 Abs. 2 SGB IV),
- oder die Beschäftigungen nach dem Jugendfreiwilligendienstgesetz (JFDG)
- oder dem Bundesfreiwilligendienstgesetz ab dem 3.5.2011 ausüben.
Die Beschäftigung im Rahmen der betrieblichen Berufsbildung (vgl. Komm. zu § 7 SGB IV) umfasst nicht nur die typische Berufsausbildung in einem Berufsausbildungsverhältnis nach §§ 4ff. BBiG, sondern jede Art von Berufsbildungsverhältnissen i. S. d. § 1 Abs. 5 BBiG, also die Ausbildung, Fortbildung oder Umschulung auch in einem nicht anerkannten Beruf. Wie sich dabei allerdings aus dem Zusammenhang mit der Entgeltgeringfügigkeit ergibt, muss es sich um gegen Arbeitsentgelt (Ausbildungsvergütung nach § 19 BBiG) ausgeübte Berufsausbildung handeln. Das BSG (Urteil v. 1.12.2009, B 12 R 4/08 R) hatte für berufspraktische Phasen eines praxisintegrierten dualen Studiums, in denen eine Vergütung gezahlt wird, bereits das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses zur betrieblichen Berufsausbildung verneint, weil diese Phase infolge organisatorischer und/oder curricularer Verzahnung mit der theoretischen Hochschulausbildung als Bestandteil des Studiums anzusehen sei. Als Reaktion auf die Entscheidung des BSG sind die Teilnehmer an dualen Studiengängen nunmehr (durch § 5 Abs. 4a Satz 2 i. d. F. des Vierten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze v. 22.12.2011, BGBl. I S. 3057, ab 1.1.2012) den zur Berufsausbildung Beschäftigten zugeordnet worden, und unterliegen nunmehr auch unabhängig von der Höhe der Vergütung der Krankenversicherungspflicht. Die Anordnung der Versicherungspflicht für betriebliche Berufsausbildung unabhängig von der Ausbildungsvergütung von weniger als 400,00 EUR verstößt nicht gegen Verfassungsrecht (BSG, Urteil v. 15.7.2009, B 12 KR 14/08 R).
Rz. 22a
Die Beschäftigungen nach dem Jugendfreiwilligengesetz umfassen nach § 1 Abs. 2 des Jugendfreiwilligendienstgesetzes das freiwillige soziale Jahr (FSJ) nach § 3 JFDG und das freiwillige ökologische Jahr (JÖJ) nach § 4 JFDG. Diese freiwilligen Dienste werden ohne Erwerbsabsicht ausgeübt und für den Dienst darf nur unentgeltliche Unterkunft, Verpflegung und Arbeitskleidung oder dafür eine Geldersatzleistung und ein angemessenes Taschengeld gewährt werden. Als angemessen galt dabei ein Taschengeld von bis zu 6 % der Beitragsbemessungsgrenze der allgemeinen Rentenversicherung (2021 und 2022 sind dies 426,00 EUR – West bzw. 402,00 EUR – Ost). Nunmehr hält § 2 JFDG ein monatliches Taschengeld von bis zu 8 % der Beitragsbemessungsgrenze der allgemeinen Rentenversicherung (2024 sind dies 604,00 EUR [West] bzw. 596,00 EUR [Ost]), wobei beim Ausschöpfen dieses Taschengeldbetrages ohnehin die Entgeltgeringfügigkeit überschritten wird.
Rz. 22b
Diese Personen unterliegen in diesen Tätigkeiten daher immer der Krankenversicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 1. Ebenso unterliegen ohne Rücksicht auf die Höhe des Arbeitsentgeltes oder der Sachbezüge die in überbetrieblichen Berufsausbildungseinrichtungen tätigen Auszubildenden nach § 5 Abs. 4a Satz 1 der Krankenversicherungspflicht, wenn sie im Rahmen eines Berufsausbildungsvertrages tätig werden. Auch die zu ihrer Berufsausbildung tätigen, nicht satzungsmäßigen Mitglieder geistlicher Genossenschaften oder ähnlicher religiöser Gemeinschaften unterliegen nach § 5 Abs. 4a Satz 3 (bis 31.12.2011 nach Satz 2) der Krankenversicherungspflicht, ohne dass hierfür die Voraussetzungen der betrieblichen Berufsausbildung vorliegen müssen.
Rz. 22c
Mit Wirkung zum 3.5.2011 ist mit dem neu eingefügten Nr. 3 auch der Ausschluss der Versicherungsfreiheit für Dienstleistende nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz (BGBl. I 2011 S. 687) vorgesehen. Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 17/4803 S. 20) soll mit der Regelung die Gleichstellung der Dienstleistenden mit den Freiwilligen nach dem Jugendfreiwilligengesetz hergestellt werden. Bundesfreiwilligendienst wird i. d. R. für eine Dauer von 12 zusammenhängenden Monaten geleistet und dauert mindestens 6 und höchstens 18 Monate. Er kann ausnahmsweise bis zu einer Dauer von 24 Monaten verlängert werden, wenn dies im Rahmen eines besonderen pädagogischen Konzepts begründet ist. In den Fällen eines pädagogischen Gesamtkonzepts ist auch eine Ableistung in zeitlich getrennten Abschnitten möglich. Die Dienstleistenden erhalten, ebenso wie die Beschäftigten nach dem Jugendfreiwilligengesetz, nur unentgeltliche Unterkunft, Verpflegung und Arbeitskleidung und ein angemessenes Taschengeld (vgl. § 2 BFDG). Durch den Verweis auf das Jugendfreiwilligendienstgesetz in § 13 BFDG gilt als angemessen ein Taschengeld von bis zu 8 % der Beitragsbemessungsgrenze der allgemeinen Rentenversicherung (2024 sind dies 604,00 EUR [West] bzw. 596,00 EUR [Ost]), wobei beim Ausschöpfen die...