Rz. 111
Der Abschlag wegen wirtschaftlicher Überalterung ist auf der Grundlage der gegenüber der technischen Lebensdauer kürzeren wirtschaftlichen Lebensdauer zu ermitteln. Die wirtschaftliche Restnutzungsdauer im Feststellungszeitpunkt ist zu schätzen. Die Höhe des Abschlags bemisst sich nach der Verkürzung der Lebensdauer infolge der wirtschaftlichen Überalterung des Gebäudes. Dies bedeutet, dass der Gebäudenormalherstellungswert zunächst rechnerisch gleichmäßig auf die Jahre der verkürzten Gesamtlebensdauer verteilt und der Teilbetrag, der dabei auf die im Feststellungs- bzw. Fortschreibungszeitpunkt abgelaufene Lebensdauer entfällt, als Ermäßigungsbetrag behandelt wird. Es ist damit der Unterschied zu ermitteln, der sich für die Wertminderung bei Zugrundelegung der gewöhnlichen Lebensdauer gegenüber der wegen wirtschaftlicher Überalterung kürzeren Lebensdauer ergibt. Ein Abschlag wegen wirtschaftlicher Überalterung kann somit nur insoweit gewährt werden, als er über die Wertminderung hinausgeht, die bereits wegen des Alters des Gebäudes berücksichtigt worden ist.
Rz. 112
Beispiel:
Das Gebäude hat im Hauptfeststellungszeitpunkt ein Alter von 50 Jahren. Aufgrund wirtschaftlicher Überalterung verkürzt sich die Lebensdauer von 100 Jahren auf 80 Jahre.
Gewöhnliche Lebensdauer eines Gebäudes 80 Jahre, Hundertsatz der jährlichen Wertminderung 100 : 80: |
1,25 % |
verkürzte Lebensdauer wegen wirtschaftlicher Überalterung 60 Jahre Hundertsatz der jährlichen Wertminderung 100 : 60: |
1,67 % |
Unterschied p.a. |
0,42 % |
Der Abschlag wegen wirtschaftlicher Überalterung: 0,42 % × 50 = |
21 % |
Der Gebäudesachwert wäre demnach wegen wirtschaftlicher Überalterung um 21 % des Gebäudenormalherstellungswertes zu ermäßigen.
Rz. 113
Bei Gebäuden, die erst nach dem 31. Dezember 1963 bezugsfertig geworden sind, soll nach der Finanzverwaltung der Abschlag wegen wirtschaftlicher Überalterung frei geschätzt werden. Er soll jedoch höchstens 10 % des Gebäudenormalherstellungswerts betragen. Der Abschlag darf aber im Hinblick auf die gesetzliche Regelungstechnik nicht um eine fiktive Alterswertminderung für die Zeit zwischen dem Hauptfeststellungszeitpunkt und dem Fortschreibungszeitpunkt gekürzt werden.
Rz. 114
Die Begrenzung des Höchstbetrages kann zu unbilligen Ergebnissen führen. Sieht man die wirtschaftliche Überalterung zutreffend als eine besondere Form der Abkürzung der gewöhnlichen technischen Lebensdauer an, wäre ein Abschlag nicht zu gewähren, weil Lebensalter vor dem Hauptfeststellungszeitpunkt (1.1.1964) noch nicht verbraucht ist und eine Wertminderung wegen Alters für die Zeit nach dem 1.1.1964 nicht zu gewähren ist (vgl. die Kommentierung zu § 86 BewG). Diese regelungssystematisch zutreffende Betrachtung führt in Anbetracht der Länge des gegenwärtigen Hauptfeststellungszeitraums jedoch zu nicht vertretbaren Ergebnissen Beträgt z.B. die gewöhnliche Lebensdauer eines 1964 errichteten Gebäudes 40 Jahre und ist dieses Gebäude am 1.1.1974 infolge wirtschaftlicher Überalterung aus objektiv zwingenden Gründen für jeden denkbaren Verwendungszweck nur noch 10 Jahre wirtschaftlich nutzbar, erscheint bei der Nachfeststellung zum 1.1.1974 ein Abschlag wegen wirtschaftlicher Überalterung von nur 10 % nicht ausreichend. Bereits aufgrund wirtschaftlicher Überalterung würde ein höherer Abschlag zu gewähren sein. Denn bei einem Abschlag von 50 % wegen Ablaufs der halben Lebensdauer im Nachfeststellungszeitpunkt 1.1.1974 würde die Wertminderung wegen Alters an sich 25 % betragen. Für die Wertminderung wegen wirtschaftlicher Überalterung würden weitere 25 % hinzukommen. Selbst wenn die Wertminderung wegen Alters gem. § 86 Abs. 1 Satz 1 und § 86 Abs. 2 BewG außer Ansatz bliebe, wäre wegen wirtschaftlicher Überalterung eine Ermäßigung von 25 % auf den Gebäudesachwert zu gewähren.
Rz. 115– 126
Einstweilen frei.