Dipl.-Finw. (FH) Wilfried Mannek
Rz. 640
Die Regelbewertung führt zu einem Anteilswert, der einer Beteiligung zukommt, die Einfluss auf die Geschäftsführung der Gesellschaft vermittelt. Dies folgt daraus, dass die Ertragsaussichten aus den künftigen ausschüttungsfähigen Erträgen abgeleitet werden, so dass thesaurierte Erlöse nicht anders behandelt werden wie tatsächlich verteilte Gewinne. Bei der Bewertung von Anteilen ohne Einfluss auf die Geschäftsführung war bis 1993 (Feststellungszeitpunkt 31.12.1992) bei der Berechnung des Ertragshundertsatzes wegen fehlenden Einflusses auf das Ausschüttungsverhalten von den tatsächlich in den letzten drei Jahren vor dem Bewertungsstichtag ausgeschütteten Dividenden zuzüglich der nach §§ 36 f. EStG anzurechnenden oder zu vergütenden Körperschaftsteuer auszugehen.
Rz. 641
Nach Abschn. 80 Abs. 2 Satz 1 VStR 1989 wurde bei der Ermittlung des Vermögenswerts von Anteilen ohne Einfluss auf die Geschäftsführung statt des Abschlags von 15 % ein Abschlag von 25 % angebracht. Ab 31.12.1992 war Ausgangsgröße für die Ermittlung des Vermögenswerts der Einheitswert des Betriebsvermögens. Er war Grundlagenbescheid, der nur um die sich aus der Neufassung des § 11 Abs. 2 BewG ergebenden Komponenten verändert werden durfte. Ein allgemeiner Abschlag ist nicht mehr zulässig. Deshalb konnte auch der Vermögenswert von Anteilen, die keinen Einfluss auf die Geschäftsführung vermitteln, nicht aus diesem Grund ermäßigt werden.
Rz. 642
Nach Abschn. 9 Abs. 2 VStR 1993 fand für Anteile ohne Einfluss auf die Geschäftsführung insofern noch eine Sonderberechnung statt, als zur Ermittlung des Ertragshundertsatzes nicht der künftige Jahresertrag, sondern – wie vordem – die in den letzten drei Jahren vor dem Bewerbungsstichtag ausgeschüttete Dividende zuzüglich der nach §§ 36 f. EStG anzurechnenden oder zu vergütenden Körperschaftsteuer anzusetzen ist. Siehe zur Berechnung Christoffel.
Rz. 643
Bis zu den VStR 1995 wurde offenbar die Erkenntnis gewonnen, dass eine weitere Vereinfachung möglich und geboten ist. Nach Abschn. 9 Abs. 3 VStR 1995 ist für Anteile ohne Einfluss auf die Geschäftsführung ab 1995 der sich nach der Regelbewertung der Abschn. 5 bis 8 VStR 1993/1995 ergebende Wert um einen Abschlag von 10 % zu kürzen, um den gemeinen Wert dieser Anteile zu erhalten. Diese Regelung führt gegenüber der Bewertung nach der VStR 1989 zu einer Erhöhung der Werte für Anteile ohne Einfluss auf die Geschäftsführung im Verhältnis zu Anteilen, die einen solchen Einfluss vermitteln. Denn bis einschließlich Hauptveranlagungszeitraum 1989 wurde der fehlende Einfluss auf die Geschäftsführung sowohl durch einen um 10 Prozentpunkte erhöhten Abschlag auf den Vermögenswert als auch durch Ansatz der ausgeschütteten Dividende statt der zu erwartenden Jahreserträge berücksichtigt.
Rz. 644
R 101 Abs. 8 ErbStR 2003 hat den Abschlag von 10 % auf den Regelwert beibehalten.
Rz. 645
Einstweilen frei.
bb) Einfluss auf die Geschäftsführung
Rz. 646
Die steuerliche Anteilsbewertung geht davon aus, dass der Wert der Anteile an einer Kapitalgesellschaft von der Möglichkeit einer Einflussnahme auf die Geschäftsführung der Gesellschaft abhängt. Gewährt der Anteilsbesitz keinen Einfluss auf die Geschäftsführung, ist dies bei der Schätzung des gemeinen Werts der Anteile zu berücksichtigen (R 101 Abs. 1 ErbStR 2003). Anteilsbesitz, der Einfluss auf die Geschäftsführung vermittelt, ist dagegen nicht mit dem Kurswert oder dem gemeinen Wert der einzelnen Anteile, sondern mit dem (höheren) gemeinen Wert der "Beteiligung" zu bewerten, § 11 Abs. 3 BewG. Diese Bewertung geschieht in der Praxis durch einen Paketzuschlag auf die Summe des Wertes der einzelnen Anteile. Die Bewertung nach dem Stuttgarter Verfahren geht indessen davon aus, dass die danach bewerteten Anteile Einfluss auf die Geschäftsführung besitzen, so dass ein Paketzuschlag selbst bei einer Beteiligung von 100 % nicht vorgesehen ist (R 95 Abs. 6 S. 3 ErbStR 2003).
Rz. 647
Ob ein Anteilsbesitz Einfluss auf die Geschäftsführung gewährt, ist nach den Umständen des Einzelfalls zu entscheiden. Dabei kommt es nicht darauf an, wie sich die Verhältnisse bei der Gesellschaft, deren Anteile zu bewerten sind, in der Zeit vor dem Bewertungsstichtag tatsächlich gestaltet haben, sondern welche abstrakten Gestaltungsmöglichkeiten sich aufgrund der Beteiligungsverhältnisse dieser Gesellschaft am Bewertungsstichtag ergeben. Den Vorschlag von Bättenhausen, den Einfluss auf die Geschäftsführung nach dem Machtindex entsprechend der Formel von Shapley/Shubik zu bemessen, lehnte der BFH ab, weil diese Formel das Problem nicht löst, sondern nur auf eine andere Ebene verschiebt. Deshalb bleibt der BFH bei der Bemessung des Einflusses auf die Geschäftsführung entsprechend der Beteiligungsverhältnisse im Einzelfall. Bei dieser Prüfung können nur solche Umstände berücksichtigt werden, die die Qu...