Rz. 1
Nach der grundlegenden Neufassung der Begünstigungsvorschriften für Unternehmensvermögen durch das Gesetz vom 4.11.2016 zur Anpassung des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ("ErbStAnpG 2016") regeln seitdem die §§ 13a, 13b, 13c, 19a, 28 und § 28a ErbStG die zu gewährenden Verschonungen beim Erwerb von begünstigtem Betriebsvermögen, land- und forstwirtschaftlichem Vermögen oder Anteilen an Kapitalgesellschaften. Während der Gesetzgeber die §§ 13a, 13b, 19a und 28 ErbStG in ihrer Grundstruktur meinte erhalten zu können, um die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zu erfüllen, wurden §§ 13c und 28a ErbStG – in ihrer aktuellen Fassung – neu in das Gesetz eingefügt. Das Bundesverfassungsgericht hatte betont, dass der Gesetzgeber den Erwerb von unternehmerischem Vermögen nicht nur weitgehend, sondern auch vollständig von der Besteuerung freistellen könne. Allerdings würden dabei die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Rechtfertigung einer steuerlichen Verschonung mit deren Umfang und Ausmaß steigen.
Rz. 2
Die neu eingeführten §§ 13c, 28a ErbStG sollen hinsichtlich der sog. Großvermögen einen erbschaftsteuerlich verfassungsgemäßen Zustand herstellen. § 28a ErbStG regelt dabei – neben § 13c ErbStG – den zweiten Baustein der Verschonung des begünstigten Vermögens in denjenigen Fällen, in denen der Wert des begünstigten Vermögen i.S.d. § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG, ggf. unter Zusammenrechnung von Vorerwerben innerhalb der letzten zehn Jahre, dem Wert von 26 Mio. EUR übersteigt. Möglich ist bei Erwerben von Großerwerben eine explizite Prüfung des Verschonungsbedarfs mit dem Ziel eines (teilweisen) Steuererlasses nach § 28a ErbStG. Alternativ kann ein Erwerber von Unternehmensvermögen sich unwiderruflich für eine Steuerbefreiung entscheiden, die sich nach den besonderen Vorschriften des § 13c ErbStG je nach Höhe seines Erwerbs reduziert. Bei einem Erwerb begünstigten Vermögens über dem gesetzlichen Schwellenwert für sog. Großvermögen von 26 Mio. EUR hat der Erwerber also ein Wahlrecht:
- Der Erwerber kann unwiderruflich (§ 13c Abs. 2 Satz 6 ErbStG) beantragen, auf seinen Erwerb das sog. Abschmelzmodell für den Verschonungsabschlag nach § 13c Abs. 1 Satz 1 ErbStG anzuwenden. Dieser Antrag schließt dann einen Antrag nach § 28a Abs. 1 ErbStG für denselben Erwerb aus (§ 13c Abs. 2 Satz 6 ErbStG). Die Verschonungsbedarfsprüfung nach § 28a ErbStG ist damit ausgeschlossen; eine Bedürfnisprüfung findet nicht statt.
- Der Erwerber kann die Verschonungsbedarfsprüfung nach § 28a ErbStG beantragen. Der Antrag kann unabhängig vom Eintritt der materiellen Bestandskraft der Erbschaft- oder Schenkungsteuerfestsetzung bis zum Eintritt der Zahlungsverjährung gestellt werden; ein Widerruf des Antrags ist möglich. Der Antrag ist ausgeschlossen, wenn der Erwerber bereits unwiderruflich beantragt hat, das Abschmelzmodell nach § 13c ErbStG anzuwenden (§§ 13c Absatz 2 Satz 6, 28a Absatz 8 ErbStG).
Die Anwendung des Abschmelzungsmodells (§ 13c ErbStG) und der Verschonungsbedarfsprüfung bzw. des Erlassmodells (§ 28a ErbStG) schließen sich also gegenseitig aus.
Rz. 3
Die einzelnen Absätze des § 28a ErbStG beinhalten folgende Regelungen:
Abs. 1: Systematik der Verschonungsbedarfsprüfung;
Abs. 2: Definition des sog. verfügbaren Vermögens, das in die Verschonungsbedarfsprüfung einzubeziehen ist;
Abs. 3: Antrag auf Stundung der verbleibenden Steuer bei erheblicher Härte;
Abs. 4: Einhaltung von Bedingungen für den Steuererlass;
Abs. 5: Anzeigepflichten des Erwerbers;
Abs. 6: Ablaufhemmung für die Zahlungsverjährung;
Abs. 7: Geltung der Verschonungsbedarfsprüfung auch für die Erbersatzsteuer;
Abs. 8: Ausschluss des § 28a ErbStG, wenn Antrag auf Verschonungsabschlag nach § 13c ErbStG beantragt wurde.