Rz. 71

[Autor/Stand] Die OFD Erfurt hat zur bewertungsrechtlichen Behandlung von Erbaurechten folgende Verfügungen erlassen:

„(1.) Verfügung betr. bewertungs- und grundsteuerrechtliche Behandlung von Erbbaurechten

Vom 16. Mai 1997 (StEK BewG 1965 § 92 Nr. 19) (OFD Erfurt S 3219i A - 01/97 - St 263)

1. Das Erbbaurecht im bürgerlichen Recht

1.1. Begriff des Erbbaurechts

Das Erbbaurecht ist das zeitlich befristete, veräußerliche und vererbliche Recht, ein Bauwerk auf – in der Regel – fremdem Grund und Boden zu errichten, innezuhaben und zu unterhalten. Für die Dauer dieses Rechts steht dem Erbbauberechtigten die Sachherrschaft über die Grundstücksfläche zu. Bürgerlich-rechtlicher Eigentümer des mit dem Erbbaurecht belasteten Grundstücks bleibt der Erbbauverpflichtete.

Das Erbbaurecht ist einem Grundstück gleichgestellt und kann deshalb z.B. in gleicher Weise mit Grundpfandrechten belastet werden.

1.2. Formalrechtliche Entstehung und Gestaltung

Zur Entstehung des Erbbaurechts bedarf es sowohl der Einigung zwischen dem Grundstückseigentümer (Erbbauverpflichteter) und dem Erbbauberechtigten über die Bestellung durch notariell beurkundeten Erbbaurechtsvertrag als auch der Eintragung im Grundbuch. Neben dem Vermerk als Belastung des Erbbaugrundstücks wird für das Erbbaurecht ein eigenes Grundbuchblatt angelegt (Erbbaugrundbuch).

Für die Dauer des Erbbaurechts verpflichtet sich der Berechtigte in der Regel zur Zahlung eines Erbbauzinses an den Grundstückseigentümer.

Das Erbbaurecht endet regelmäßig durch Aufhebung oder durch Zeitablauf; Erbbaurechtsverpflichtete- und berechtigte haben daneben die Möglichkeit, die Rückübertragung (Heimfall) des Erbbaurechts für bestimmte Fälle (z.B. Vertragsverletzung) zu vereinbaren.

2. Das Erbbaurecht im Bewertungsrecht

2.1. Bewertungsrechtliche Stellung

Das Erbbaurecht wird im Bewertungsrecht – wie auch im bürgerlichen Recht – als selbständiges Grundstück behandelt (§ 129 Abs. 2 Nr. 1 BewG i.V.m. § 50 Abs. 2 BewG-DDR bzw. § 68 Abs. 1 Nr. 2 BewG).

2.2. Bewertung des Erbbaurechts im Beitrittsgebiet Berlins (EW 1935)

Nach § 46 Abs. 1 RBewDV ist für die wirtschaftliche Einheit des mit dem Erbbaurecht belasteten Grundstücks der Gesamtwert zu ermitteln und ein Einheitswert so festzustellen, als wenn die Belastung nicht bestünde.

Bei einer Laufzeit des Erbbaurechts von weniger als 50 Jahren sind die Anteile des Erbbauberechtigten und des Grundstückseigentümers am Gesamtwert aufzuteilen und diesen zuzurechnen (§ 46 Abs. 3 RBewDV).

In Zukunft wird das Erbbaurecht insbesondere in den neuen Bundesländern und im Beitrittsgebiet Berlins an Bedeutung gewinnen, da sich im Zuge der Sachenrechtsbereinigung viele Nutzungsberechtigte für die Möglichkeit der Einräumung eines Erbbaurechts entscheiden können. Wird bei der Sachenrechtsbereinigung zwischen dem Eigentümer des Grund und Bodens und dem Eigentümer des Gebäudes die Bestellung eines Erbbaurechts vereinbart, ist entsprechend der Regelung in Tz. 2.3 unseres Erlasses vom 15.3.1996, III C 31 – G 1120 – 3/95 das Erbbaurecht im Rahmen einer Zurechnungsfortschreibung des darüber hinaus wegen Art und ggf. Wertänderung fortzuschreibenden Einheitswerts der bisherigen wirtschaftlichen Einheit des Grund und Bodens zu berücksichtigen. Die Anteile des Erbbauberechtigten und des Grundstückseigentümers sind dabei nach § 46 RBewDV zu ermitteln. Besteht für das Gebäude ein Einheitswert, ist dieser aufzuheben.

2.3. Bewertung des Erbbaurechts in (West) Berlin (EW 1964)

Nach § 92 Abs. 1 BewG ist sowohl für das Erbbaurecht als auch für das belastete Grundstück jeweils ein Einheitswert festzustellen (zwei wirtschaftliche Einheiten). Dabei ist von einem Gesamtwert für das Grundstück auszugehen, als wenn die Belastung nicht bestünde.

Dieser ist bei einer Laufzeit des Erbbaurechts von weniger als 50 Jahren nach Maßgabe des § 92 Abs. 3 BewG zu verteilen.

Auf den nach Entstehung des Erbbaurechts folgenden 1.1. sind daher der für das Grundstück bestehende Einheitswert nach § 24 Abs. 1 Nr. 1 BewG aufzuheben und die Einheitswerte für Erbbaurecht und belastetes Grundstück gem. § 23 Abs. 1 Nr. 1 BewG nachträglich festzustellen.

2.4. Zeitpunkt der Entstehung des Erbbaurechts

Grundsätzlich entsteht das Erbbaurecht mit der Eintragung im Grundbuch.

Wird dem Berechtigten jedoch durch Regelung im Erbbaurechtsvertrag die wirtschaftliche Stellung des Erbbauberechtigten bereits auf einen früheren Zeitpunkt übertragen (z.B. vertragliche Regelung zur Übergabe des Erbbaugrundstücks oder Nutzen- und Lastenwechsel vor zivilrechtlicher Entstehung durch Grundbucheintragung), ist ihm das Erbbaurecht bereits auf den darauf folgenden Stichtag zuzurechnen.

Feststellungszeitpunkt für die Erfassung und Bewertung des Erbbaurechts ist demnach grundsätzlich der auf die Entstehung des Erbbaurechts/Grundbucheintragung folgende 1.1.; wird dem Erbbauberechtigten das wirtschaftliche Eigentum aber bereits vor Grundbucheintragung übertragen, so sind die Einheitswerte schon auf den Beginn des Kalenderjahres, das auf den wirtschaftli...

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