Rz. 51
Von dem Teil des auf einen Erwerber übergegangenen begünstigten Vermögens, der nach Anwendung des Verschonungsabschlags verbleibt, wird ein Betrag von 150.000 EUR abgezogen (Abzugsbetrag), § 13a Abs. 2 Satz 1 ErbStG.
Rz. 52
Der Abzugsbetrag von 150.000 EUR verringert sich, wenn der Wert des verbleibenden Vermögens insgesamt die Wertgrenze von 150.000 EUR übersteigt, um 50 % des diese Wertgrenze übersteigenden Betrags, § 13a Abs. 2 Satz 2 ErbStG.
Rz. 53
Beispiel: 1
Erblasser E hinterlässt seinem Sohn S einen Gewerbebetrieb mit einem gemeinen Wert von 2.000.000 EUR (Anteil Verwaltungsvermögen < 50 %).
Für S ergibt sich folgende Berechnung:
Betriebsvermögen (begünstigt) |
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2.000.000 EUR |
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Verschonungsabschlag (85 %) |
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– 1.700.000 EUR |
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Verbleiben |
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300.000 EUR |
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Abzugsbetrag |
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– 75.000 EUR |
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Steuerpflichtiges Betriebsvermögen |
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225.000 EUR |
Abzugsbetrag |
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150.000 EUR |
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Verbleibender Wert (15 %) |
300.000 EUR |
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Abzugsbetrag |
– 150.000 EUR |
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Unterschiedsbetrag |
150.000 EUR |
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davon 50 % |
– 75.000 EUR |
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Verbleibender Abzugsbetrag |
75.000 EUR |
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Rz. 54
Der Abzugsbetrag (§ 13a Abs. 2 ErbStG) errechnet sich also aus dem nach Vornahme des Verschonungsabschlages verbleibenden Betrages. Zu § 13a Abs. 2 ErbStG stellt die Finanzverwaltung die Streitfrage klar, dass der Abzugsbetrag von 150.000 EUR sich nach Vornahme des Bewertungsabschlags nach § 13b Abs. 2 ErbStG bemisst, so dass der vollständige Wegfall des Abzugsbetrags erst ab einem gemeinen Wert des Betriebsvermögens von 3.000.000 EUR eingreift. Begünstigtes Vermögen von bis zu 1.000.000 EUR wird im Fall der Regelverschonung durch den Verschonungsabschlag von 85 % und den Abzugsbetrag vollständig befreit. Der Abzugsbetrag verringert sich gleitend bei einem Wert des begünstigten Vermögens zwischen 1.000.001 EUR und 2.999.999 EUR.
Rz. 55
Beispiel:
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Fall 1 |
Fall 2 |
Fall 3 |
Wert begünstigten Vermögens |
3.000.000 EUR |
2.000.000 EUR |
1.000.000 EUR |
Begünstigt (85 %) |
2.550.000 EUR |
1.700.000 EUR |
850.000 EUR |
Nicht begünstigt (15 %) |
450.000 EUR |
300.000 EUR |
150.000 EUR |
Vorläufiger Abzugsbetrag |
150.000 EUR |
150.000 EUR |
150.000 EUR |
Kürzung |
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50 % von 300.000 EUR |
150.000 EUR |
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50 % von 150.000 EUR |
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75.000 EUR |
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50 % von 0 EUR |
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0 EUR |
Verbleibender Abzugsbetrag |
0 EUR |
75.000 EUR |
150.000 EUR |
Nicht begünstigt (15 %) |
450.000 EUR |
300.000 EUR |
150.000 EUR |
Verbleibender Abzugsbetrag |
0 EUR |
75.000 EUR |
150.000 EUR |
Steuerpflichtig |
450.000 EUR |
225.000 EUR |
0 EUR |
Rz. 56
Im Fall der Optionsverschonung nach § 13a Abs. 10 ErbStG ist der Abzugsbetrag ohne Bedeutung.
Rz. 57
Der Abzugsbetrag steht für das von derselben Person innerhalb von zehn Jahren insgesamt zugewendete begünstigte Vermögen nur einmal zur Verfügung.
Rz. 58
Die Zehn-Jahres-Frist beginnt im Zeitpunkt der Steuerentstehung für den begünstigten Erwerb. Wachter meint, dass in diese Frist Erwerbe vor dem 1.7.2016 nicht mit einzubeziehen sein, denn die jetzige Regelung des Abzugsbetrags (§ 13a Abs. 2 ErbStG) gelte für alle Erwerbe, für die die Steuer nach dem 30.6.2016 entstanden sei (§ 37 Abs. 12 Satz 1 ErbStG). Die Zehnjahresfrist beginne somit am 1.7.2016 neu zu laufen. Die Inanspruchnahme des Abzugsbetrags für einen Erwerb vor dem 1.7.2016 stehe deshalb einer erneuten Nutzung des Abzugsbetrags für einen Erwerb nach dem 30.6.2016 nicht entgegen. Dies gelte auch dann, wenn beide Erwerbe innerhalb von zehn Jahren erfolgt seien. Richtig ist daran zwar, dass nach § 37 Abs. 12 Satz 1 ErbStG § 13a ErbStG grundsätzlich auf alle Erwerbe Anwendung findet, für die die Steuer nach dem 30.6.2016 entsteht. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz sieht nur § 37 Abs. 12 Satz 2 hinsichtlich der Anwendbarkeit von § 13a Abs. 1 Satz 3 und 4 ErbStG vor. Dem Regelungsgehalt nach hat sich der aktuelle § 13a Abs. 2 ErbStG aber durch das ErbStAnpG geändert. Die Zehnjahresfrist kann damit nicht neu zu laufen begonnen haben. Hier besteht vielmehr Kontinuität über den Zeitraum der Gesetzesänderung durch das ErbStAnpG hinweg.
Rz. 59
Der vollständige Verbrauch des Abzugsbetrags für das übertragene Vermögen soll nach Auffassung der Finanzverwaltung insgesamt eintreten, unabhängig davon, in welcher Höhe er sich bei der Steuerfestsetzung tatsächlich ausgewirkt hat. Wachter meint, dass der Normzweck des § 13a Abs. 2 ErbStG zwar gerade darin bestehe, kleinen Unternehmen eine zusätzliche Verschonung zu gewähren. Dies spräche an sich dafür, dass ein nicht verbrauchter Teil des Abzugsbetrags auch noch für spätere Erwerbe genutzt werden könne. Allerdings handele es sich nicht um einen festen Abzugsbetrag, sondern lediglich um einen Höchstbetrag. Die Konzeption eines gleitenden Abzugsbetrags, der je nach Einzelfall zwischen 0 und 150.000 EUR betrage, deute hingegen darauf hin, dass der Abzugsbetrag durch jede Inanspruchnahme vollständig verbraucht werde. Zu Recht weist Stalleiken jedoch darauf hin, dass sich diese Rechtsfolge nicht zwingend ...