Rz. 111
Die Gesetzesbegründung zu § 258 Abs. 2 BewG lautet:
"... Die Vorschrift entspricht § 84 BewG und bestimmt, dass der Bodenwert mit dem Wert des unbebauten Grundstücks nach § 247 BewG anzusetzen ist. ..."
Rz. 112
§ 258 Abs. 2 BewG legt fest, dass der im Rahmen des Sachwertverfahrens gemäß §§ 258–260 BewG zu berücksichtigende Bodenwert dem Wert des unbebauten Grundstücks gemäß § 247 BewG entspricht. Die Bewertung von Grund und Boden bei bebautem Grundbesitz ist somit identisch mit der Bewertung von unbebautem Grundbesitz. Eine solche Handhabung ist im Hinblick auf die strukturell mehrteilige Bewertung von bebautem Grundbesitz im Sachwertverfahren den dadurch gestellten Anforderungen zweckmäßig.
Rz. 113
Die Berücksichtigung von Grund und Boden im Sachwertverfahren gemäß §§ 258–260 BewG weicht teilweise von dessen Behandlung im Rahmen des Ertragswertverfahrens ab. In § 258 Abs. 2 BewG ist keine zu § 257 Abs. 1 Satz 2 BewG entsprechende Korrektur des Bodenwerts für Ein- und Zweifamilienhäuser für die Berücksichtigung abweichender Grundstücksgrößen vorgesehen. Zudem erfolgt beim Sachwertverfahren auch keine Abzinsung des Bodenwerts entsprechend dem Ertragswertverfahren, vgl. § 257 Abs. 2 BewG.
Rz. 114
Zur Ermittlung des gemeinen Wertes eines unbebauten Grundstücks stehen allgemein das Vergleichswertverfahren, die Wertermittlung anhand von Bodenrichtwerten bzw. mit Hilfe des erzielbaren Ertrags zur Verfügung. Im Allgemeinen ist dem Wertermittlungsverfahren mit vergleichbaren Kaufpreisen der Vorzug zu geben. Maßgeblicher Grund dafür ist, dass mit der dadurch einhergehenden Marktnähe eine weitgehende Annäherung an die Zielgröße des gemeinen Werts i.S.d. § 9 BewG erreicht werden kann. Nachrangig sind demgegenüber aufgrund deren höheren Ungenauigkeit Bodenrichtwerte als Bewertungsgrundlage heranzuziehen. Das Ertragswertverfahren kommt im Verhältnis zu den beiden erst genannten Verfahren nur dann zur Anwendung, wenn keine anderen Schätzungsgrundlagen für die Wertermittlung zur Verfügung stehen. Jedes der angesprochenen Bewertungsmethoden stellt unterschiedliche Anforderungen an die Durchführung der Bewertung. Der Gesetzgeber hat sich in Zusammenhang mit dem Sachwertverfahren gemäß §§ 258–260 BewG für Zwecke der Grundsteuer aus Praktikabilitätsgründen für die Verwendung des Bodenrichtwerts als maßgeblichem Wertansatz für Grund und Boden entschieden.
Rz. 115
§ 258 Abs. 2 BewG bildet die Ausgangslage für eine zweistufige Wertermittlung des zu bewertenden Grundbesitzes. In einem ersten Schritt wird der Bodenwert zunächst unabhängig von dem in der Praxis geltenden Gedanken zur Wertbestimmung von Grundstücken angesetzt, wonach das aufstehende Gebäude den Wert des Grund und Boden beeinflussen kann. Der Grund und Boden ist im Rahmen des Sachwertverfahrens mit dem Wert anzusetzen, der sich ergeben würde, wenn das Grundstück unbebaut wäre, vgl. § 247 BewG. Die Beeinflussung des Bodenwerts durch ein die Nutzung des Bodens vorgebendes aufstehendes Gebäude wird erst in einem zweiten Schritt durch eine Anwendung der Wertzahl auf den Ausgangswert – damit auch auf den Bodenwert – berücksichtigt. Soweit der Wert des Grund und Bodens durch Bebauung in seiner Nutzungsmöglichkeit beeinträchtigt ist, wird eine dadurch eintretende Wertminderung nicht isoliert für den Grund und Boden zugrunde gelegten Ausgangswert i.S.d. § 247 BewG berücksichtigt. Vielmehr erfolgt dies nach der Systematik des BewG erst in pauschaler Weise durch die Anwendung der Wertzahl gemäß § 260 BewG auf den vorläufigen Sachwert des Grundstücks, welcher Grund und Boden sowie Gebäude beinhaltet, gemäß § 258 Abs. 3 BewG.
Rz. 116
Gegen diese zweistufige Wertermittlung lässt sich der theoretische Einwand erheben, dass ohne Berücksichtigung der tatsächlichen Bebauung der Wert des Grund und Bodens eigentlich nicht zutreffend ermittelt werden kann. Letztlich ist für die Preisbildung entscheidend, welchen Ertrag das Grundstück abwirft, d.h. ob durch den Ertrag eine angemessene Verzinsung des investierten Kapitals gewährleistet wird. Sind z.B. bei der Bebauung des Grundstücks Fläche bzw. Höhe nicht entsprechend der zulässigen Bebauungsmöglichkeit ausgenutzt worden (Flächen- bzw. Höhenausnutzung), so kann sich dadurch eine Minderung im Wert des Grund und Bodens ergeben. Eine nicht optimierte Nutzung des Grund und Bodens würde sich nur dann nicht auf den Bodenwert auswirken, wenn ohne weiteres noch die Möglichkeit zu einer nachträglichen Verbesserung der baulichen Nutzung des Grundstücks besteht, d.h. wenn die volle bauliche Ausnutzung des Grundstücks technisch und wirtschaftlich noch erreichbar bzw. vertretbar erscheint. Kommt dies jedoch z.B. wegen zu hoher Kostenbelastungen nachträglich nicht mehr in Betracht, so ergibt sich ein Minderwert des Grund und Bodens gegenüber im Übrigen vergleichbaren Grund und Boden, der in der zulässigen baulichen Ausnutzung genutzt ist. Der daraus im Ergeb...