Rz. 45
Der Haftende darf auf Zahlung nur in Anspruch genommen werden, soweit die Vollstreckung in das bewegliche Vermögen des Steuerschuldners ohne Erfolg geblieben oder anzunehmen ist, dass sie aussichtslos sein würde (§ 219 Satz 1 AO). Das bedeutet jedoch nicht, dass die Behörde sämtliche denkbaren Vollstreckungsmöglichkeiten ausgeschöpft haben muss, bevor sie den Haftungsschuldner in Anspruch nimmt, oder den richtigen Zeitpunkt für eine erfolgreiche Vollstreckung der Steuerforderung beim Steuerschuldner treffen muss. Die Vollstreckung in das unbewegliche Vermögen des Steuerschuldners braucht weder versucht noch aussichtslos zu sein; ist unbewegliches Vermögen jedoch ausreichend vorhanden, kann die Inanspruchnahme des Haftungsschuldners im Einzelfall ermessensfehlerhaft sein.
Rz. 46
Die Inanspruchnahme des Haftungsschuldners erfolgt durch Haftungsbescheid (§ 191 Abs. 1 AO). Die Inanspruchnahme des Haftenden steht im pflichtgemäßen Entschließungs- und Auswahlermessen (§ 191 Abs. 1 AO: "kann") der Gemeinde. Sie hat zunächst zu prüfen, ob in der Person des Haftungsschuldners die tatbestandlichen Voraussetzungen erfüllt sind, an die das Gesetz die Haftungsfolgen knüpft. Dabei handelt es sich um eine vom Gericht in vollem Umfang überprüfbare Rechtsentscheidung. Danach muss sie im Rahmen des pflichtgemäßen Ermessens entscheiden, ob und falls ja, wen von ggf. mehreren Haftungsschuldnern sie als Haftende in Anspruch nehmen will. Diese Entscheidung ist nur im Rahmen des § 114 VwGO nur auf Ermessensfehler (Ermessensüberschreitung, Ermessensfehlgebrauch) überprüfbar.
Rz. 47
Der Haftungsbescheid ist weder ein Steuerbescheid noch ist er diesem gleichgestellt. Durch Haftungsbescheid wird der Haftungsschuldner vielmehr für eine Steuerschuld eines anderen in Anspruch genommen. Für Haftungsbescheide gelten die allgemeinen Vorschriften für Steuerverwaltungsakte (vgl. §§ 119 ff. AO), nicht aber die über die Steuerfestsetzung (vgl. §§ 155 AO ff.). Der Haftungsbescheid muss daher schriftlich erteilt werden (§ 191 Abs. 1 Satz 2 AO) und inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Ihm muss klar und deutlich entnommen werden können, für welchen Grundsteuerbetrag der Haftungsschuldner in Anspruch genommen wird. Wegen der zeitlichen Beschränkung der Haftung nach § 11 Abs. 2 Satz 1 AO ist darzulegen, welcher Grundsteuerbetrag noch vor dem Erwerb vom Grundstückseigentümer geleistet wurde.
Rz. 48
Haftungsbescheide können nur bis zum Ablauf der Festsetzungsfrist erlassen werden. Die Dauer der Festsetzungsfrist bestimmt sich nach § 191 Abs. 3 Satz 2 AO. Sie beträgt vier Jahre und beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Tatbestand verwirklicht worden ist, an den das Gesetz die Haftungsfolge knüpft (§ 191 Abs. 3 Satz 3 AO). Die vollständige oder teilweise Rücknahme eines rechtswidrigen und den Widerruf eines rechtmäßigen Haftungsbescheids regeln §§ 130–132 AO; die Anwendung der §§ 172 ff. AO ist ausgeschlossen, weil diese Vorschriften nur Steuerbescheide betreffen.
Rz. 49
Einstweilen frei.