Rz. 25
So wie der Freibetrag und der Bewertungsabschlag an bestimmte Behaltensregeln geknüpft sind, unterliegt auch die Tarifbegrenzung nach § 19a Abs. 5 Satz 1 ErbStG einer fünfjährigen (§ 13a Abs. 6 ErbStG) Behaltensfrist. Soweit der Steuerpflichtige gegen die Behaltensregeln verstößt, entfällt der Entlastungsbetrag mit Wirkung für die Vergangenheit, so dass der Steuerbescheid nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO (rückwirkendes Ereignis) zu ändern ist. Nach dem Wortlaut der Vorschrift würde der Entlastungsbetrag im Falle eines Verstoßes gegen die Behaltensregeln in vollem Umfang und nicht nur quotal entfallen. In der Literatur wird aber überwiegend vertreten, dass die Kürzung des Entlastungsbetrags pro rata temporis zu erfolgen hat und zwar mit dem überzeugenden Argument, dass nicht einsichtig ist, weshalb bei einem Erwerber der Steuerklasse I nur der Verschonungsabschlag, bei einem Erwerber der Steuerklasse II und III neben dem Verschonungsabschlag auch noch die Tarifvergünstigung entfallen soll.
Fortsetzung Beispiel von Rz. 20:
Drei Jahre nach dem Erwerb verkauft der Steuerpflichtige den Gewerbebetrieb (§ 13a Abs. 6 Nr. 1 ErbStG). Der Entlastungsbetrag von 48.662 EUR ist um 3/5 (= 29.197 EUR) zu kürzen und beträgt somit nur noch 19.465 EUR.
Nach § 19a Abs. 5 Satz 2 ErbStG soll in den Fällen der Optionsverschonung nach § 13a Abs. 10 ErbStG und der Verschonungsbedarfsprüfung nach § 28a ErbStG eine siebenjährige Behaltensfrist gelten. Zumindest für den Fall der Optionsverschonung ergibt sich m.E. kein Anwendungsfall dieser Vorschrift, denn wenn sich auf Grund der vollständigen Steuerbefreiung bereits kein begünstigungsfähiges Vermögen im steuerpflichtigen Erwerb befindet und die Tarifermäßigung deshalb gar nicht erst zur Anwendung kommt, kann sie auch bei einem Verstoß gegen Behaltensvorschriften nicht nachträglich entfallen. Es kann nur vermutet werden, dass der Gesetzgeber klarstellen wollte, dass die Tarifermäßigung im Fall des anteiligen Wegfalls des Verschonungsabschlags auf den nunmehr steuerpflichtig gewordenen Teil des begünstigten Vermögens nicht anzuwenden ist. Mit dem Wortlaut der Vorschrift ist diese Interpretation allerdings nicht vereinbar.
Rz. 26
§ 19a Abs. 5 Satz 3 ErbStG enthält eine eigene Ablaufhemmung. Die Vorschrift entspricht § 13a Abs. 7 Satz 3 ErbStG.
Hinsichtlich der Anzeigepflichten des Steuerpflichtigen bei einem Verstoß gegen die Behaltensregeln verweist § 19a Abs. 5 Satz 4 ErbStG auf § 13a Abs. 7 Sätze 4 bis 6 ErbStG (vgl. § 13a ErbStG Rz. 256 ff.).
Ein Verstoß gegen die Lohnsummenregelung und die Voraussetzungen des Vorwegabschlags nach § 13a Abs. 9 ErbStG werden nach § 19a ErbStG nicht sanktioniert. Sollte gleichzeitig ein Verstoß gegen Behaltens- und Lohnsummenregelung vorliegen, geht die Finanzverwaltung davon aus, dass bei Ermittlung des Entlastungsbetrags nur der aufgrund des Verstoßes gegen die Behaltensregelungen gekürzte Verschonungsabschlag zu berücksichtigen ist. Der Entlastungsbetrag erhöht sich dadurch aber nicht, weil die Kürzung des Verschonungsabschlags zu weiterem nicht tarifbegünstigten Vermögen führt.