Rz. 70
Das begünstigungsfähige Vermögen ist begünstigt, soweit sein gemeiner Wert den um das unschädliche Verwaltungsvermögen i.S.d. § 13b Abs. 7 ErbStG gekürzten Nettowert des Verwaltungsvermögens i.S.d. § 13b Abs. 6 ErbStG übersteigt (begünstigtes Vermögen). Abweichend davon ist der Wert des begünstigungsfähigen Vermögens vollständig nicht begünstigt, wenn das Verwaltungsvermögen nach § 13b Abs. 4 ErbStG vor der Anwendung des § 13b Abs. 3 Satz 1 ErbStG, soweit das Verwaltungsvermögen nicht ausschließlich und dauerhaft der Erfüllung von Schulden aus durch Treuhandverhältnisse abgesicherten Altersversorgungsverpflichtungen dient und dem Zugriff aller übrigen nicht aus diesen Altersversorgungsverpflichtungen unmittelbar berechtigten Gläubiger entzogen ist, sowie der Schuldenverrechnung und des Freibetrags nach § 13b Abs. 4 Nr. 5 ErbStG sowie der § 13b Abs. 6 und 7 ErbStG mindestens 90 % des gemeinen Werts des begünstigungsfähigen Vermögens beträgt.
Rz. 71
Nach bis zum 30.6.2016 geltenden Recht war es für die Inanspruchnahme der Regelverschonung ausreichend, wenn der Anteil des schädlichen Verwaltungsvermögens im Betriebsvermögen nicht mehr als 50 % betrug. War dies der Fall, waren auch die rechnerisch bis zu 50 % betragenden Gegenstände des Verwaltungsvermögens von der Begünstigung umfasst. Umgekehrt war bei Überschreiten der 50 %-Grenze die Verschonung vollständig zu versagen, so dass auch für die rechnerisch bis zu 49,99 % betragenden Werte des unschädlichen Betriebsvermögens keine Steuerbefreiungen beansprucht werden konnten. Betrug auf Ebene der jeweils übertragenen Gesellschaft der Wert des Verwaltungsvermögens nicht mehr als 10 %, konnte der Erwerber die sog. "Vollverschonung" (100 %ige Steuerbefreiung) wählen. In Tochter- und Enkelgesellschaften musste auch bei Wahl zur Vollverschonung nur eine Grenze von 50 % eingehalten werden (sog. Kaskadeneffekt). Dieses "Alles-oder-Nichts"-Prinzip hatte das BVerfG in seinem Urteil vom 17.12.2014 als verfassungswidrig kritisiert und diesbezügliche Änderungen gefordert.
Rz. 72
Seit dem 1.7.2016 besteht das begünstigte Vermögen aus land- und forstwirtschaftlichem Vermögen, Betriebsvermögen und Anteilen an Kapitalgesellschaften, soweit es das (Netto-)Verwaltungsvermögen übersteigt. Auf eine bestimmte Quote des Verwaltungsvermögens kommt es dabei nicht an (abgesehen von dem unschädlichen Verwaltungsvermögen von höchstens 10 %, § 13b Abs. 7 Satz 1 ErbStG). Das frühere "Alles-oder-Nichts-Prinzip" wurde aufgegeben. Die gesetzliche Neuregelung schafft nun den neuen Begriff des "begünstigungsfähigen Vermögens". Danach sind die in § 13b Abs. 1 ErbStG genannten betrieblichen Vermögenswerte nicht mehr ganz oder gar nicht begünstigt, sondern nur noch, soweit sie aus begünstigtem Vermögen bestehen. Das Verwaltungsvermögen unterliegt grundsätzlich der vollen Besteuerung (abzgl. der anteiligen Schulden und des Kulanzpuffers von 10 %, § 13b Abs. 6 und 7 ErbStG). Junges Verwaltungsvermögen und junge Finanzmittel unterliegen immer der vollen Besteuerung (und zwar ohne Schuldenabzug und ohne Kulanzpuffer von 10 %).
Daraus folgt:
- Das im Zeitpunkt der Steuerentstehung vorhandene Verwaltungsvermögen muss dafür einzeln ermittelt und bewertet werden. Eine (wertmäßige) Quote gibt es nicht (mehr); maßgebend ist vielmehr eine (gegenständliche) Betrachtung des Verwaltungsvermögens.
- Beträgt das Brutto-Verwaltungsvermögen mind. 90 % des (Netto-)Wertes des begünstigungsfähigen Vermögens, so wird die Vergünstigung insgesamt versagt (§ 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG).
- Das Netto-Verwaltungsvermögen wird bis zu einer Höhe von 10 % des Nicht-Verwaltungsvermögens mitbegünstigt (§ 13b Abs. 7 Satz 1 ErbStG).
- Das über dieser Schwelle liegende Verwaltungsvermögen sowie generell das sog. junge Verwaltungsvermögen (§ 13b Abs. 7 Satz 2 ErbStG) und junge Finanzmittel (§ 13b Abs. 4 Nr. 5 Satz 2 ErbStG) werden nicht begünstigt und unterliegen damit der allgemeinen Erbschaftsteuer.