Rz. 1
Die aufschiebend bedingte Last bildet das Gegenstück zu dem aufschiebend bedingten Erwerb, § 4 BewG. Unter Lasten fallen Verpflichtungen jeder Art, also nicht nur Schulden, sondern auch wiederkehrende Leistungen wie Rentenverpflichtungen und andere wiederkehrende Leistungen. Erfasst werden nur rechtsgeschäftliche Bedingungen und damit nicht z.B. Steuerschulden, die kraft Gesetzes entstehen. § 6 Abs. 1 BewG untersagt den Abzug von Verpflichtungen, die am Bewertungsstichtag zivilrechtlich (noch) nicht entstanden sind. Die Norm stellt ihrem Wortlaut nach auf die rechtliche "Entstehung" der Verpflichtungen, nicht auf die Möglichkeit ihrer Geltendmachung oder zwangsweisen Durchsetzung durch den Berechtigten ab.
In der Entscheidung v. 30.4.1959 hat sich der BFH ausführlich mit der Frage der Berücksichtigungsfähigkeit einer Last, deren Entstehung vom Eintritt einer aufschiebenden Bedingung abhängt, befasst. Er ist dabei zum Ergebnis gelangt, dass diese Frage unabhängig davon zu entscheiden ist, ob der Eintritt der Bedingung für die Entstehung der Last wahrscheinlich ist, und ob der Verkehr mit der Schuld als ihrem Grunde nach gegenwärtig schon bestehend rechnet. Eine Last ist dann aufschiebend bedingt, wenn ihre Entstehung vom Eintritt eines zukünftigen Ereignisses abhängt, wobei es ungewiss ist, ob das Ereignis eintreten wird. Die gewollten Wirkungen des Rechtsgeschäfts, das eine Belastung zum Gegenstand hat, müssen somit von einem zukünftigen ungewissen Ereignis abhängig sein.
Beispiel
Der Erblasser E hat dem Erben A die Verpflichtung auferlegt, dem B bei dessen Verheiratung 10.000 EUR zu bezahlen. In diesem Fall ist A mit einer aufschiebend bedingten Verpflichtung belastet. Es besteht zunächst ein Schwebezustand. Dieser endet, wenn die Bedingung eintritt (d.h. wenn B heiratet) und bei A die Verpflichtung entsteht, den Betrag von 10.000 EUR an B zu bezahlen. Bei B selbst ist der Erwerb bis dahin aufschiebend bedingt.
Der Eintritt der aufschiebenden Bedingung hat den Eintritt der gewollten Wirkungen des Rechtsgeschäfts zur Folge, und zwar ab dem Zeitpunkt des Eintritts der Bedingung (§ 159 BGB). Die dem Verpflichteten zuvor nur bedingt auferlegte Verpflichtung wird nunmehr zu einer unbedingten. Fällt die Bedingung aus, d.h. steht fest, dass der fragliche Tatbestand sich nicht mehr vollziehen kann, so verliert das Rechtsgeschäft jede Wirksamkeit.
Rz. 2
Zu unterscheiden ist, ob eine Last aufschiebend bedingt ist oder ob es sich um eine bereits unbedingt entstandene Last handelt, die aber am Stichtag (noch) keine wirtschaftliche Belastung darstellt. In beiden Fällen kommt ein Abzug nicht in Betracht.
Rz. 3
Seit dem Wegfall der Vermögensteuer (seit 1.1.1997) und der Einfügung des § 98a Satz 2 BewG a.F. durch das StÄndG 1992 (s. Vor §§ 4–8 Rz. 28) beschränkte sich der Anwendungsbereich primär auf die Erbschaftsteuer, s. Rz. 21. Durch das ErbStRG v. 24.12.2008 wurde § 98a BewG (und damit auch dessen Satz 2) mit Wirkung ab dem 1.1.2009 aufgehoben, so dass auch im Bereich der Bewertung von Betriebsvermögen §§ 4–8 BewG gelten (§ 12 Abs. 1 ErbStG). Dies hatte der Gesetzgeber aber ersichtlich nicht gewollt, denn er hat in § 11 Abs. 2 BewG, auf die § 12 Abs. 2 und 5 ErbStG verweist, eine Sondervorschrift geschaffen, die ersichtlich den §§ 4–8 BewG im Wege der Spezialität vorgeht.
Rz. 4
Der 10. Senat des BFH hat unter Bezugnahme auf § 6 BewG für die Ertragsteuern entschieden, dass eine aufschiebend befristete Verbindlichkeit gemäß BewG ebenso wie eine aufschiebend bedingte Zahlungsverpflichtung (§ 6 Abs. 1 BewG) erst im Zeitpunkt des Eintritts des Ereignisses zu Anschaffungskosten (§ 255 Abs. 2 HGB) führt.