Rz. 1
Sind die durch ein Rechtsgeschäft gewollten Wirkungen von einem zukünftigen ungewissen Ereignis abhängig oder sollen die Rechtswirkungen nur bis zum Eintritt eines zukünftigen ungewissen Ereignisses dauern, so steht das Rechtsgeschäft unter einer aufschiebenden bzw. auflösenden Bedingung i.S. der §§ 4–7 BewG. Ist der Erwerb von Wirtschaftsgütern oder die Entstehung eines Rechts bzw. der Wegfall von Lasten von einem Ereignis abhängig, bei dem der Eintritt sicher, der Zeitpunkt aber ungewiss ist, so liegt ein auf einen unbestimmten Zeitpunkt befristetes Rechtsgeschäft i.S. des § 8 BewG vor. Für diese letzteren Rechtsgeschäfte bestimmt § 163 BGB, dass bei der Bestimmung eines Anfangstermins für die Wirkung des Rechtsgeschäfts die für die aufschiebende Bedingung und bei der Bestimmung eines Endtermins die für die auflösende Bedingung geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden sind. Bürgerlich-rechtlich wie auch bewertungsrechtlich wird die einem Rechtsgeschäft beigefügte Zeitbestimmung der Bedingung – aufschiebende wie auflösende – unter der Voraussetzung gleichgestellt, dass durch die Zeitbestimmung ebenfalls wie bei der Bedingung die Wirkung der Rechtsgeschäfte beeinflusst wird, von ihr also auch der Beginn oder die Beendigung der Wirkung der Rechtsgeschäfts vom Eintritt der Zeitbestimmung abhängig gemacht wird. Im ersten Fall wird der entscheidende Zeitpunkt "Anfangstermin", im letzteren Fall "Endtermin" genannt. Anfangstermin bzw. Endtermin als künftiges Ereignis sind gewiss, ungewiss ist aber, wann der gesetzte Termin eintritt. Durch die vorgeschriebene Anwendung der Regeln über die Bedingungen ergibt sich, dass § 163 BGB wie auch § 8 BewG nur solche Fälle betreffen, in denen die Wirkung des Rechtsgeschäfts, nicht bloß die Geltendmachung (Betagung) hinausgeschoben werden soll.
Rz. 1.1
Von der Befristung ist die Betagung zu unterscheiden, bei der das Fälligwerden der bereits bei Begründung des Schuldverhältnisses entstandenen Forderung vom Eintritt eines Termins, der zeitmäßig nicht genau feststehen muss, abhängt (vgl. auch Vor §§ 4–8 BewG Rz. 2 und unten Rz. 24). Auf die Betagung findet § 8 BewG demnach keine Anwendung. Bei der Betagung ist die Schuld bereits entstanden, lediglich die Fälligkeit ist auf einen bestimmten Zeitpunkt befristet. Da § 8 keine Anwendung findet, ist die Forderung bzw. Verbindlichkeit mit ihrem abgezinsten Wert bereits bei der Begründung des Schuldverhältnisses steuerlich zu berücksichtigen.
Rz. 2
Die Übergänge zwischen Zeitbestimmung und Bedingung sind flüssig. Die Festsetzung eines Termins, der kalendermäßig genau bestimmt ist, ist immer Befristung, und zwar Befristung auf einen bestimmten Zeitpunkt. Für diese Fallgruppe findet daher § 163 BGB und § 8 BewG keine Anwendung. Das Abstellen auf den Tod einer Person, d.h. auf ein nur der Zeit nach ungewisses Ereignis, ist zumeist Befristung auf einen unbestimmten Zeitpunkt i.S. des § 163 BGB und des § 8 BewG. Das Abstellen auf einen Termin, dessen Eintritt überhaupt ungewiss ist (dies incertus an et quando, z.B. Heirat), ist regelmäßig Bedingung. Außer dem Tod sind Ereignisse, deren Eintritt sicher, der Zeitpunkt aber ungewiss ist, im Bewertungsrecht selten; daher sind die Hauptanwendungsfälle der Norm Rechtsgeschäfte, die mit dem Tod einer Person verknüpft sind. Ferner ist zu denken an Vertragsklauseln, bei denen auf den Verbrauch abnutzbarer Wirtschaftsgüter oder an die Reparaturbedürftigkeit langlebiger Anlagen, z.B. elektrischer Stromanlagen, abgestellt wird, vgl. auch Vor §§ 4–8 BewG Rz. 21 f. und unten Rz. 23. Auch das Erreichen eines bestimmten Lebensalters (z.B. Auszahlung mit Vollendung des 30. Lebensjahres) ist ungewiss, da nicht feststeht, ob diese Person das Alter erreicht. Daher ist auch dieses Abstellen auf das Erreichen eines bestimmten Lebensjahres eine aufschiebende Befristung.