Rz. 80
Neben dem land- und forstwirtschaftlichen Vermögen und dem Grundvermögen bildet das Betriebsvermögen (§§ 95 bis 109, § 31 BewG) die dritte Vermögensart i.S.d. § 18 BewG. Zum Betriebsvermögen gehören alle Teile eines Gewerbebetriebes i.S.v. § 15 Abs. 1 und 2 EStG, die bei der steuerlichen Gewinnermittlung zum Betriebsvermögen rechnen (§ 95 Abs. 1 BewG). Dies gilt allerdings unter dem Vorbehalt, dass das Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz i.V.m. dem BewG nicht ausdrücklich etwas anderes vorschreibt oder zulässt.
§ 15 Abs. 2 EStG, der damit grundsätzlich auch für die bewertungsrechtliche Sicht maßgebend ist, charakterisiert den Gewerbebetrieb als eine selbständige nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, wenn die Betätigung weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufs noch als eine andere selbständige Arbeit anzusehen ist (im Einzelnen s. Rz. 120 ff.).
Rz. 81
Nach den auch für das Bewertungsrecht grundsätzlich maßgeblichen ertragsteuerrechtlichen Grundsätzen stellen (gewerbliches) Betriebsvermögen solche Wirtschaftsgüter (zum Begriff des Wirtschaftsguts s. § 2 BewG Rz. 49 ff.) dar, deren Erwerb durch den (Gewerbe-)Betrieb veranlasst ist, d.h. mit seinen Haupt-, Hilfs- oder Nebenzwecken in einem sachlichen Zusammenhang steht, sei es, dass die Wirtschaftsgüter unmittelbar zu betrieblichen Zwecken genutzt werden (notwendiges Betriebsvermögen; s. Rz. 284 ff.), sei es, dass sie dazu bestimmt sind, den Betrieb mittelbar (z.B. durch Einnahmen in Form von Vermögenserträgen) zu fördern (gewillkürtes Betriebsvermögen; s. Rz. 294 ff.).
Rz. 82
Zum Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen können ertragsteuerrechtlich nur solche Wirtschaftsgüter gezählt werden, die dem Steuerpflichtigen zuzurechnen sind. Wirtschaftsgüter sind handelsrechtlich (vgl. § 238 Abs. 1, § 240 Abs. 1, § 242 HGB) und steuerrechtlich (nach der Maßgeblichkeit der handelsrechtlichen Grundsätze bzw. nach § 39 Abs. 1 AO; § 246 Abs. 1 Satz 2 HGB) grundsätzlich dem zivilrechtlichen Eigentümer/Inhaber zuzurechnen. Fallen aber zivilrechtliches Eigentum bzw. zivilrechtliche Inhaberschaft und wirtschaftliches Eigentum (vgl. § 39 Abs. 2 AO) auseinander, so ist ertragsteuerrechtlich das wirtschaftliche Eigentum maßgebend.
Rz. 83
Entsprechendes gilt nach ganz überwiegender Auffassung im Schrifttum auch für die bewertungsrechtliche sowie für die erbschaft- und schenkungsteuerrechtliche Beurteilung. Mithin können Wirtschaftsgüter, die zwar dem Gewerbebetrieb des Steuerpflichtigen dienen, jedoch nicht ihm, sondern einer anderen Person i.S.v. § 39 AO zuzurechnen sind, nicht zum Betriebsvermögen i.S.v. § 95 BewG gerechnet werden. Demgemäß sind das Treugut dem Treugeber, das Sicherungsgut dem Sicherungsgeber, unter Eigentumsvorbehalt übertragene Sachen dem Erwerber, verpfändete Gegenstände dem Pfandrechtsbesteller sowie im Eigenbesitz einer Person befindliche Gegenstände dieser als Eigenbesitzer zuzurechnen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die einschlägigen Kommentare zu § 39 AO sowie § 246 Abs. 1 Satz 2 HGB verwiesen.
Abweichend von dieser ganz h.M. vertritt Gebel die Ansicht, für die Zugehörigkeit von betrieblich genutzten Wirtschaftsgütern zum übergegangenen oder übertragenen Vermögen sei für die erbschaft- und schenkungsteuerrechtliche Beurteilung die zivilrechtliche Zuordnung maßgebend. Seien daher dem Rechtsvorgänger (Erblasser oder Schenker) bestimmte Wirtschaftsgüter "nur steuerlich aufgrund sog. wirtschaftlichen Eigentums" (§ 39 Abs. 2 AO) zuzuordnen gewesen, so könnten sie – auch wenn sie (zu Recht) in der Steuerbilanz erfasst worden seien – nicht als solche erbschaftsteuerlich bzw. schenkungsteuerlich miterfasst werden. Ein Wertansatz könne aber unter Umständen für die (Anm.: meint zivilrechtliche) Rechtsposition gebildet werden, die das wirtschaftliche Eigentum vermittele. Dieser Wertansatz könne sogar mit dem Steuerwert des betreffenden Wirtschaftsguts übereinstimmen.
Der herrschenden Auffassung ist zu folgen. Angesichts der grundsätzlich für die Unternehmensbewertung maßgeblichen Gesamtwertmethode (meist: Ertragswertmethode; vgl. oben Rz. 54 und 91) fließen auch solche – wertbestimmenden – Faktoren in den Steuerwert ein, die sich (noch) nicht zu einer zivilrechtlich fassbaren Rechtsposition verdichtet haben. Dann aber sollte diese wirtschaftliche Sichtweise auch in den Fällen Anwendung finden, in denen es ausnahmsweise auf eine Einzelbewertung des betreffenden Wirtschaftsguts ankommt. Im übrigen dürften die unterschiedlichen Auffassungen nicht selten zum selben Ergebnis führen: So ist etwa im Fall des Kaufs einer (beweglichen) Sache unter Eigentumsvorbehalt der (volle) Wert der gekauften Sache dem Vorbehaltskäufer als Aktivum zuzurechnen, andererseits die aber noch nicht beglichene Kaufpreisschuld als erwerbsmind...