Rz. 17
Nach § 25 Abs. 1 Satz 3 ErbStG kann die gestundete Steuer jederzeit auf Antrag des Erwerbers mit ihrem Barwert nach § 12 Abs. 3 BewG abgelöst werden. Aus Sicht des Gesetzgebers handelt es sich bei der Stundung nach § 25 Abs. 1 Satz 2 ErbStG um eine Steuervergünstigung. Theoretisch könnte der Erwerber natürlich auch einfach auf die Stundung verzichten. Regelmäßig dürfte es aber die wirtschaftlich sinnvollere Alternative sein, mit dem Barwert abzulösen. Denn nur so kommt der Erwerber in den Genuss der Abzinsung, die durch die Barwertabfindung zwangsläufig erfolgt.
Rz. 18
Beantragt der Steuerpflichtige die Ablösung der gestundeten Steuer zeitgleich mit der abgegebenen Steuererklärung, kommt es für die Ermittlung des Ablösungsbetrags auf die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Entstehung der Steuerschuld (§ 9 ErbStG) an. Wird der Antrag später gestellt, sind die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Antragstellung maßgebend.
Rz. 19
Wegen der Unverzinslichkeit des Stundungsbetrages ist für die Ablösung zunächst die verbleibende Lebenserwartung des Schenkers zu ermitteln. Dabei ist von der mittleren Lebenserwartung der begünstigten Person auszugehen, die sich aus der Sterbetafel des Statistischen Bundesamtes ergibt, deren Erhebungszeitraum dem Bewertungsstichtag (§ 11 ErbStG) vorangeht.
Rz. 20
Anschließend ist unter Berücksichtigung des maßgeblichen Abzinsungsfaktors der abgezinste Betrag zu ermitteln. Der Gegenwartswert der gestundeten Steuer wird durch eine Abzinsung nach dem in § 12 Abs. 3 BewG festgelegten Zinssatz von 5,5 % ermittelt. Steht vom Datum her fest, wann die Belastung erlischt und damit die Stundung endet, dann ist der Vervielfältiger für die Ermittlung des Ablösebetrags nach den verbleibenden Jahren der Nutzung oder Leistung aus der Anlage zu § 12 Abs. 3 BewG zu entnehmen. Kommt es hingegen auf die Lebenszeit des Nutzungs- oder Leistungsberechtigten an, so wird auf die verbleibende Lebenserwartung abgestellt, die sich aus der Sterbetafel des Statistischen Bundesamtes ergibt, deren Erhebungszeitraum dem Bewertungsstichtag für den Ablösungsbetrag vorausgeht.
Mit den nachfolgend aufgeführten gleich lautenden Erlassen der obersten Finanzbehörden der Länder wurden die amtlichen Sterbetafeln mit den jeweiligen Vervielfältigern bekanntgegeben:
Gleich lautende Ländererlasse vom |
Sterbetafeln |
9.6.2008, BStBl. I S. 646 |
1991/1993 bis 2004/2006 |
18.11.2008, BStBl. I S. 989 |
2005/2007 |
25.1.2010, BStBl. I S. 158 |
2006/2008 |
17.1.2011, BStBl. I S. 80 |
2007/2009 |
15.12.2011, BStBl. 2012 I S. 48 |
2008/2010 |
7.12.2012, BStBl. I S. 1255 |
2009/2011 |
19.2.2014, BStBl. I S. 241 |
|
8.12.2015, BStBl. I S. 957 |
2010/2012 |
31.3.2016, BStBl. I S. 459 |
2011/2013 und 2012/2014 |
18.11.2016, BStBl. I S. 1246 |
2013/2015 |
Das Statistische Bundesamt hatten 2013 und 2014 keine aktuellen Sterbetafeln veröffentlicht. Die Abzinsungsfaktoren, die aus der Sterbetafel 2009/2011 abzuleiten waren, bleiben daher auch für Ablösungsstichtage 2014 und 2015 anwendbar. Für Ablösungsstichtage ab 1.1.2014 sind nunmehr die aus der Sterbetafel 2011/2013 abzuleitenden Abzinsungsfaktoren und für Stichtage ab 1.1.2015 die aus der Sterbetafel 2012/2014 maßgebend.
Rz. 21
Beispiel 3
Wie Beispiel 2. Berechnung des Ablösungsbetrags
1. Berechnung des Kapitalwerts des Nießbrauchs |
|
Begrenzter Jahreswert der Nutzungen, § 16 BewG (Steuerwert geteilt durch 18,6) |
43 010,75 |
Vervielfältiger nach Anlage 9 zu § 14 BewG |
× 11,484 |
Summe |
493 935,45 |
2. Schenkungsteuer für T |
|
Bereicherung |
800 000,00 |
Freibetrag, § 16 Abs. 2 Nr. 2 ErbStG |
– 205 000,00 |
Nießbrauch ist nicht abzugsfähig, § 25 Abs. 1 Satz 1 ErbStG |
|
Summe |
595 000,00 |
Steuersatz 19 % |
113 050,00 |
Berechnung der zu stundenden Steuer |
|
Bereicherung |
800 000,00 |
Freibetrag, § 16 Abs. 2 Nr. 2 ErbStG |
– 205 000,00 |
Nießbrauch |
– 493 935,45 |
Summe |
101 064,55 |
Abrunden |
101 000,00 |
Steuersatz 11 % |
11 110,00 |
Zinslos zu stundende Steuer (§ 25 Abs. 1 Satz 2 ErbStG) |
101 940,00 |
Sofort fällige Steuer |
11 110,00 |
Ablösebetrag (§ 25 Abs. 1 Satz 3 ErbStG) bei Sofortablösung; Lebenserwartung 23 Jahre; Vervielfältiger 0,292 nach Anlage 14 zu § 12 Abs. 3 BewG |
29 766,48 |
Rz. 22
Nach Auffassung der Finanzverwaltung ist der Ablösebetrag für die gestundete Steuer im Falle eines Gesamtgläubigern zustehenden lebenslangen Nießbrauchsrechts auf jeden der Gesamtgläubiger zu berechnen.
Rz. 23
Beispiel 4
Vater V schenkt einem Kind im Jahr 2007 ein Mietwohngrundstück unter Vorbehalt des Nießbrauchs für sich selbst bzw. Einräumung eines Nießbrauchs zugunsten seiner Ehefrau E als Gesamtgläubiger bis zum Tod des Längstlebenden. Der gesamte Jahreswert der Nutzung beträgt 36 000 EUR. Auf den Zeitpunkt der Steuerentstehung ergeben sich folgende Kapitalwerte der Belastung bzw. der Teilbeträge:
Berechtigter |
Lebensalter |
Vervielfältiger lt. Anlage 9 zum BewG a.F. |
Jahreswert EUR |
Kapitalwert EUR |
Summe EUR |
Anteil |
V |
62 |
9,889 |
18 000 |
178 002 |
178 002 |
39,39 % |
E |
58 |
12,553 |
18 000 |
225 954 |
273 906 |
60,61 % |