Dipl.-Finw. (FH) Wilfried Mannek
Rz. 17
Die nachstehend dargestellten Bewertungsgrundsätze des § 148 BewG (bis 2006) im Vierten Abschnitt des Bewertungsgesetzes (§§ 138–150 BewG) sind sowohl für Erbbaurechtsfälle als auch für Fälle mit Gebäuden auf fremdem Grund und Boden auf Besteuerungszeitpunkte nach dem 31.12.1995 und vor dem 1.1.2007 anzuwenden.
Rz. 18
Eine grundsätzliche Neuregelung erfährt die Bewertung von Erbbaurechtsfällen nach § 148 BewG und von Fällen mit Gebäuden auf fremdem Grund und Boden nach § 148a BewG aufgrund der in Art. 18 des Jahressteuergesetzes 2007 enthaltenen Änderungen. Die dort geregelten Bewertungsgrundsätze sind für Besteuerungszeiträume nach dem 31.12.2006 und vor dem 1.1.2009 anzuwenden (vgl. § 148 und § 148a BewG).
Rz. 19
Für Bewertungsstichtage nach dem 31.12.2008 ist nach Art. 2 des ErbStRG v. 24.12.2008 für Schenkung- und Erbschaftsteuerfälle die Bewertung von Erbbaurechten in § 193 BewG, von Erbbaugrundstücken in § 194 BewG und von Gebäuden auf fremdem Grund und Boden in § 195 BewG im neu eingeführten Sechsten Abschnitt des Bewertungsgesetzes geregelt. Allerdings besteht nach Art. 3 des ErbStRG in Erbfällen die Möglichkeit, für Bewertungsstichtage nach dem 31.12.2006 und vor dem 1.1.2009 die rückwirkende Anwendung des neuen Erbschaftsteuer- und Bewertungsrechts zu beantragen. Das Wahlrecht zur Anwendung der Rückwirkungsoption besteht nur, wenn der Antrag auf rückwirkende Anwendung neuen Rechts spätestens bis zum 30.6.2009 beim Erbschaftsteuerfinanzamt eingegangen ist. Somit sind Fälle denkbar, in denen die §§ 192 bis 195 BewG, die die neuen Bewertungsvorschriften für Erbbaurechtsfälle und Fälle von Gebäuden auf fremdem Grund und Boden enthalten, auch schon vor dem regulären Anwendungszeitpunkt anzuwenden sind. Der Antrag auf rückwirkende Anwendung des neuen Rechts gilt nur bei Erwerben von Todes wegen, nicht dagegen für Schenkungen.
Grundbesitzwerte für Zwecke der Grunderwerbsteuer werden hingegen auch für Bewertungszeitpunkte nach dem 31.12.2008 nach den bisherigen Regelungen des Vierten Abschnitts des Bewertungsgesetzes festgestellt. Diese Entscheidung des Gesetzgebers ist angesichts der mit dem ErbStRG für Besteuerungszeitpunkte nach dem 31.12.2008 getroffenen Neuregelungen zur Grundbesitzbewertung für Zwecke der Erbschaft-/Schenkungsteuer kaum nachvollziehbar. Denn weder aus sachlichen noch aus praktischen Erwägungen heraus ist es verständlich, wenn bei den einzelnen Steuerarten unterschiedliche Bewertungsverfahren angewandt werden müssen. Dementsprechend hat der Bundesfinanzhof das Bundesfinanzministerium mit Beschluss v. 27.5.2009 aufgefordert, dem Verfahren wegen möglicher Verfassungswidrigkeit der Grundbesitzwerte als Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer beizutreten. Die Beitrittsaufforderung ist erfolgt, damit das Bundesfinanzministerium zu der Frage Stellung nehmen kann, ob die in § 8 Abs. 2 GrEStG angeordnete Heranziehung der Grundbesitzwerte i.S. des § 138 BewG als Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer verfassungsgemäß ist. Denn nach Auffassung des Bundesfinanzhofs sind die Ausführungen des BVerfG im Beschluss v. 7.11.2006, wonach die Bewertung bebauter Grundstücke im vereinfachten Ertragswertverfahren zur Erfüllung der Anforderungen des allgemeinen Gleichheitssatzes strukturell ungeeignet sei, auch für die Grunderwerbsteuer von Bedeutung, soweit sich die Steuer nach den Werten im Sinne der §§ 138 ff BewG bemisst. Dementsprechend hält der Bundesfinanzhof an der Rechtsprechung, wonach § 8 Abs. 2 GrEStG jedenfalls für vor dem 1.1.2009 verwirklichte Erwerbsvorgänge anwendbar sei, nicht mehr fest. Da der Gesetzgeber die vom Bundesverfassungsgericht festgestellten Verfassungsverstöße für die Grunderwerbsteuer nicht mit Wirkung ab dem 1.1.2009 für nach dem 31.12.2008 verwirklichte Erwerbsvorgänge beseitigt hat, kommt nunmehr eine Vorlage an das BVerfG auch für Besteuerungszeitpunkte vor dem 1.1.2009 in Betracht.