Dipl.-Finw. (FH) Gerhard Bruschke
Rz. 1
Die Vorschrift des § 144 BewG ist durch das Jahressteuergesetz 1997 in das Bewertungsgesetz eingefügt worden. Sie entspricht inhaltlich der Regelung im § 48 BewG. Der Unterschied besteht im Wesentlichen nur darin, dass § 48 BewG von der zweigeteilten Definition eines Betriebes der Land- und Forstwirtschaft im § 34 BewG ausgeht. Der Betrieb der Land- und Forstwirtschaft umfasst dort den Wirtschaftsteil und den Wohnteil, wobei dem Wirtschaftsteil auch die Betriebswohnungen zuzurechnen sind.
Rz. 2
Im Rahmen der Bedarfsbewertung wurde diese Definition jedoch verfeinert. Nunmehr umfasst der Betrieb der Land- und Forstwirtschaft den Betriebsteil, die Betriebswohnungen und den Wohnteil. Rein faktisch hat sich dadurch gegenüber der Definition im Einheitswertverfahren nichts geändert. Die neue dreigeteilte Definition war jedoch erforderlich, um den in den §§ 138 und 139 BewG enthaltenen allgemeinen Regelungen zur Feststellung von Grundbesitzwerten auch beim land- und forstwirtschaftlichen Vermögen Geltung zu verschaffen.
Rz. 3
Die Werte für den Betriebsteil, die Betriebswohnungen und den Wohnteil werden jeweils getrennt ermittelt und unterliegen im Rahmen der Bewertung unterschiedlichen Bewertungsmethoden, die bei den einzelnen Vorschriften im Rahmen dieses Kommentars gesondert erläutert werden. Grundsätzlich wird der Wert des Betriebsteiles nach § 142 Abs. 2 und 3 BewG im vereinfachten Ertragswertverfahren oder auf Antrag im Einzelertragswertverfahren ermittelt. Der Wert der Betriebswohnung und des Wohnteils richtet sich gem. § 143 BewG nach den Vorschriften, die für die Bewertung von Wohngrundstücken gelten, wobei neben einem Mindestwert auch spezielle Abschläge in Betracht kommen.
Rz. 4
Über § 144 BewG werden die einzelnen Werte des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens anschließend zusammengefasst und gem. § 139 BewG auf 500 EUR nach unten abgerundet. Bei Stückländereien kann diese Abrundung dazu führen, dass überhaupt kein Grundbesitzwert festzustellen ist.
Rz. 5
Während die Zusammenfassung der Werte zu einem Grundbesitzwert ursprünglich für die Erbschaft- und Schenkungsteuer und für die Grunderwerbsteuer gedacht war, hat sie seit dem 1.1.2009 nur noch Bedeutung für die Grunderwerbsteuer. Da das BVerfG die Wertermittlung für die Erbschaft- und Schenkungsteuer als nicht verfassungskonform eingestuft hatte, hat der Gesetzgeber reagiert und im Sechsten Abschnitt des BewG ein neues Bewertungsverfahren für diese Steuerart eingeführt.
Rz. 6
Zu beachten ist, dass bei der Bewertung des Betriebes die vorstehenden Bereiche nicht insgesamt vorhanden sein müssen. So kann der land- und forstwirtschaftliche Grundbesitzwert auch nur aus dem Betriebswert und dem Wohnwert oder einem von beiden bestehen. Die Betriebswohnungen allein können jedoch niemals zu einem land- und forstwirtschaftlichen Grundbesitzwert führen, da es ohne einen Betriebsteil auch keine land- und forstwirtschaftlichen Betriebswohnungen geben kann.
Rz. 7
Durch die Dreiteilung wird auch erreicht, dass grundsätzlich für jeden Bereich der Nachweis eines geringeren gemeinen Wertes nach § 138 Abs. 4 BewG möglich ist. Zwar wird in dieser Vorschrift nur allgemein auf die wirtschaftliche Einheit Bezug genommen. Als wirtschaftliche Einheit ist jedoch regelmäßig der Betrieb der Land- und Forstwirtschaft zu sehen. Vgl. dazu die Erläuterungen zu § 140 BewG.
Rz. 8
Diese Regelung im § 138 Abs. 4 BewG wird jedoch allgemein nur als gesetzliche Unschärfe angesehen, die sich nicht zum Nachteil des Steuerpflichtigen auswirken darf. Gestützt wird diese Auffassung dadurch, dass im § 138 Abs. 4 BewG die Vorschrift des § 143 BewG, die sich mit dem Wert der Betriebswohnungen und des Wohnteiles befasst, ausdrücklich erwähnt wird.