rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Nach Abschluss einer Berufsausbildung zum Automobilkaufmann berufsbegleitend durchgeführte „Fortbildung zum Juniorverkäufer” als kindergeldrechtliche Berufsausbildung
Leitsatz (redaktionell)
1. Es ist nicht ernstlich zweifelhaft, dass eine nach Abschluss einer Berufsausbildung zum Automobilkaufmann berufsbegleitend durchgeführte „Fortbildung zum Juniorverkäufer” eine weitere Berufsausbildung i. S. d. § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG darstellen kann, wenn hierzu u. a. ein gesonderter, auf ein Jahr befristeter Vertrag abgeschlossen, eine Rückzahlungsvereinbarung der Ausbildungskosten für den Fall eines vorzeitigen Ausscheidens vereinbart worden ist und nach dem Ausbildungsplan u. a. Blockunterricht und eine teils schriftliche, teils mündliche Abschlussprüfung zu absolvieren sind.
2. Der Umstand, dass die Fortbildungsmaßnahme „Juniorverkäufer” nicht in die Liste für Ausbildungsberufe aufgenommen ist und dass es sich um eine betriebsinterne Fort- bzw. Weiterbildungsmaßnahme handelt, ist insoweit unerheblich.
3. Nicht bei jeder als „Trainee” bezeichneten Maßnahme, z. B. außerhalb bzw. nach Abschluss eines Hochschulstudiums, tritt stets und zwingend der Ausbildungscharakter in den Hintergrund, so dass ausnahmslos nur ein gering bezahltes Arbeitsverhältnis vorläge.
Normenkette
EstG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. a; FGO § 69 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 S. 1
Tenor
1. Der Antrag wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.
Tatbestand
I.
Streitig ist die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung für die Zeit ab Januar 2008, insbesondere, ob das Einkommen des Kindes im Kalenderjahr 2008 den maßgeblichen Grenzbetrag überschreitet bzw. ob sich das Kind ab Juli 2008 in einem Arbeitsverhältnis befand (Ansicht der Klägerin) oder in einem weiteren Ausbildungsverhältnis (Auffassung der Beklagten).
Die Antragstellerin ist die leibliche Mutter ihres am 3.06.1986 geborenen Sohnes X. Dieser absolvierte seit dem 1.07.2005 eine Berufsausbildung zum Automobilkaufmann (vgl. Berufsausbildungsvertrag, Blatt 4 der Gerichtsakte), die er zum 01.07.2008 abschloss.
Unter dem 1.07.2008 schloss X einen ab 2.07.2008 beginnenden bis zum 1.07.2009 befristeten Vertrag, welcher als „Ausbildungsvertrag zum Junior-Verkäufer” (Blatt 12 ff. der Gerichtsakte) bezeichnet ist. Im Anschluss an die streitige Maßnahme war X weiterhin ab 19.06.2009 auf der Grundlage eines bis zum 31.12.2009 befristeten „neuen” „Arbeitsvertrages bei dem früheren Betrieb tätig.
Nach § 1 des als „Ausbildungsvertrag” bezeichneten Vertrages wird der Mitarbeiter „bei der Firma als Junior-Verkäufer ab dem 2.07.2008 ausgebildet”. Grundlage des Ausbildungsvertrages ist der beigefügte Ausbildungsplan (vgl. Anlage zum Schreiben vom 17.03.2010 der A-Vertriebs-GmbH). Die Regelung des Ausbildungsvertrages erfolgt außertariflich. § 4 des Vertrages bestimmt unter „Ausbildungsvergütung”, dass der Mitarbeiter für seine Tätigkeit ein Grundgehalt in Höhe von monatlich 1.400 Euro brutto erhält. Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt wöchentlich 40 Stunden.
In § 10 des Vertrages ist unter der Überschrift „Kosten der Ausbildung” folgendes geregelt: Der Ausbildungsbetrieb übernimmt die für die Nachwuchsverkäuferausbildung anfallenden Ausbildungs-, Unterbringungs- und Reisekosten. Als Gegenleistung für die Kostenübernahme verpflichtet sich der Mitarbeiter, nach Ende der Ausbildung mindestens drei Jahre für den Arbeitgeber tätig zu sein. Scheidet der Arbeitnehmer auf Grund eigenen Verschuldens, insbesondere auf Grund einer Eigenkündigung oder einer verhaltensbedingten Kündigung des Arbeitgebers oder auf eigenen Wunsch innerhalb von drei Jahren nach dem Ende der Ausbildung aus dem Arbeitsverhältnis aus, sind sämtliche für die Ausbildung angefallenen Kosten zu erstatten. Die Erstattungspflicht des Mitarbeiters vermindert sich jedoch für jeden vollen Monat, den er nach Beendigung der Ausbildung für den Arbeitgeber tätig gewesen ist, um 1/36. Dieselbe Verpflichtung besteht auch bei schuldhafter Nichterreichung des Ausbildungsziels.
Auf den weiteren Inhalt des Vertrages wird verwiesen.
Die Bruttoeinnahmen aus dem Ausbildungsverhältnis zum Automobilkaufmann betrugen einschließlich der Sondervergütungen für den Zeitraum 1.01.2008 bis 1.07.2008 insgesamt 3.028,82 Euro (2.978,82 Euro + 50 Euro). In der Zeit vom 2.07.2008 bis zum 31.12.208 beliefen sich die Bruttoeinnahmen auf 8.736,98 Euro.
Mit Bescheid vom 24.11.2008 hob die Antragsgegnerin die Festsetzung des Kindergeldes für X ab Januar 2008 auf und forderte überzahltes Kindergeld für die Zeit von Januar bis Juli 2008 in Höhe von 924 Euro zurück. Da sie die Tätigkeit von X über den 1.07.2008 hinaus als Berufsausbildung ansah, berechnete sie die eigenen Einkünfte und Bezüge des Kindes unter Einbeziehung der ab dem 2.07.2008 gezahlten Beträge und kam zur Auffassung, dass – unter Berücksichtigung der Sozialversicherungsbeiträge und des Arbeitnehmerpauschbetrages – die eigenen Einkünfte und Bezüge des Kindes...