rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Berechnung des Jahresgrenzbetrages nach § 32 Abs. 4 S. 2 EStG bei Exmatrikulation und Aufnahme einer Vollzeiterwerbstätigkeit vor Ablegung der letzten Prüfung

 

Leitsatz (redaktionell)

Endet das ernsthaft betriebene universitäre Studium der Betriebswirtschaftslehre laut Studienordnung mit Ablegung der letzten vorgeschriebenen Prüfung sowie der daran anschließenden Mitteilung des Prüfungsergebnisses und entspricht die Teilnahme an dieser letzten erst nach Exmatrikulation und Aufnahme einer Vollzeittätigkeit stattfindenden – mündlichen – Prüfung dem Willen des Kindes und der Eltern, befindet sich das Kind bis zu diesem Zeitpunkt in Ausbildung i. S. d. § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG und die bis dahin bezogenen Einkünfte aus der Vollzeittätigkeit sind in die Berechnung des Jahresgrenzbetrags gem. § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG einzubeziehen.

 

Normenkette

EstG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. a; EStG § 32 Abs. 4 Sätze 2, 7-8

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 26.04.2011; Aktenzeichen III B 191/10)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, wann die Ausbildung des Kindes beendet wurde, wenn es vor Ablegung der letzten Prüfungen exmatrikuliert wurde und einen Vollzeiterwerb aufgenommen hat, und ob bzw. wie die daraus erzielten Einnahmen bei der Grenzbetragsberechnung nach § 32 Abs. 4 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) anzusetzen sind.

Der Kläger ist der leibliche Vater des am 5. Mai 1983 geborenen Sohnes S. Dieser absolvierte ab 1. Oktober 2002 ein Studium der Betriebswirtschaftslehre an der Friedrich-Schiller-Universität A-Stadt. Zuvor hatte er für 11 Monate Zivildienst geleistet und war daher gemäß § 32 Abs. 5 EStG auch über das 25. Lebensjahr hinaus kindergeldrechtlich zu berücksichtigen. Kindergeld wurde laufend bis zum voraussichtlichen Studien-Ende im September 2008 gezahlt.

S hat sich zum 31. Juli 2008 exmatrikuliert (Exmatrikulationsbescheinigung der FSU auf Bl. 180 der Kindergeldakte). Im Oktober 2008 hat S die letzte in der Prüfungsordnung vorgesehene mündliche Prüfung abgelegt. Aus dem Diplomzeugnis des S geht hervor, dass dieser am 7. Oktober 2008 die Diplomprüfung für Kaufleute bestanden hat. S war ab dem 1. Juni 2008 bei der Firma X AG befristet zum 31. Mai 2009 beschäftigt. Laut Vertrag betrug die monatliche Vergütung bei einer Beschäftigung von 20 Stunden pro Woche 1.175 EUR. Ab 1. August 2008 wurde die Beschäftigungsdauer auf 40 Stunden pro Woche und das Gehalt auf 2.800 EUR brutto angehoben. Aufgrund der Angaben des Klägers errechnete die Familienkasse, dass S bis einschließlich Oktober (Ende der Berufsausbildung) unter Ansatz der zeitanteiligen Arbeitnehmerpauschale in Höhe von 707,89 EUR (nach Abgleich mit den geltend gemachten Werbungskosten) anzurechnende Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit in Höhe von 6.464,81 EUR und Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von 999,75 EUR, Einkünfte insgesamt in Höhe von 7.464,56 EUR erzielt hatte. Nach Abzug besonderer Ausbildungskosten in Höhe von 721,10 EUR ergaben sich insgesamt anzurechnende Einnahmen in Höhe von 6.743,46 EUR, die die zeitanteilige Einkommensgrenze von 6.400 EUR für die Monate Januar bis Oktober 2008 überschritten.

Mit streitigem Bescheid vom 13. Mai 2009 wurde die Kindergeldfestsetzung ab Januar 2008 wegen der vorgenannten Überschreitung des Grenzbetrages nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG aufgehoben und die Erstattung von zu Unrecht gezahltem Kindergeld für die Monate Januar bis September 2008 in Höhe von 1.386 EUR gefordert. Der hiergegen erhobene Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 3. Juli 2009 als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Exmatrikulation nicht entscheidungserheblich sei, weil die Ausbildung des Sohnes erst mit der schriftlichen Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses im Oktober 2008 geendet habe. Daher seien lediglich die Monate November und Dezember 2008 sog. Kürzungsmonate i. S. des § 32 Abs. 2 Satz 7 EStG.

Zur Begründung seiner dagegen eingelegten Klage trägt der Kläger vor, dass der Bescheid vom 13. Mai 2009 rechtswidrig sei. S habe ein Studium der Betriebswirtschaftslehre in A-Stadt absolviert. Dazu sei er vom 1. Oktober 2002 bis zum 31. Juli 2008 an der FSU eingeschrieben gewesen. Das Prüfungsergebnis sei S mit der Zeugnisübergabe im Oktober 2008 bekannt gegeben worden. Seit dem 1. Juni 2008 sei S im Rahmen einer Teilzeitbeschäftigung und ab 1. August 2008 vollzeitig bei Adidas beschäftigt gewesen. Zur Begründung der zurückweisenden Einspruchsentscheidung sei hinsichtlich des Endes der Ausbildung ausgeführt worden, dass es unerheblich sei, wie lange das Kind immatrikuliert gewesen sei (vorliegend bis zum 31. Juli 2008). Die der Beklagten vorliegende Mitteilung über das Bestehen der Diplomprüfung datiere vom 7. Oktober 2008. Prüfungszeiten gehörten zudem zur Berufsausbildung. Das Kind könne sich auf dem ersten Arbeitsmarkt in der Regel erst dann er...

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