Leitsatz (amtlich)

Gegen die Entscheidung des Arbeitsgerichts über einen Antrag auf Einstellung der Zwangsvollstreckung aus einem Versäumnisurteil ist das Rechtsmittel der Beschwerde nicht gegeben. Ein solcher Beschluß ist nur unter der Voraussetzung einer greifbaren Gesetzeswidrigkeit anfechtbar.

 

Normenkette

ArbGG § 62 Abs. 1 S. 3; ZPO § 719 Abs. 1 S. 1, § 707 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Erfurt (Aktenzeichen 3 Ca 2057/2000)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Erfurt vom 11.10.2000 – Az.: 3 Ca 2057/2000 – wird kostenpflichtig als unzulässig verworfen.

 

Gründe

I.

Die Parteien streiten am Arbeitsgericht Erfurt um Vergütungsansprüche.

Im Termin vom 22.08.2000 war die Beklagte säumig. Daraufhin hat das Arbeitsgericht Erfurt ein Versäumnisurteil erlassen, mit dem der Klage stattgegeben worden ist. Dieses Versäumnisurteil ist der Beklagten am 24.08.2000 zugestellt worden.

Mit beim Arbeitsgericht am 30.08.2000 eingegangenen Schriftsatz hat die Beklagte gegen das Versäumnisurteil Einspruch eingelegt und außerdem beantragt, die Zwangsvollstreckung aus dem Versäumnisurteil einzustellen. Eine Begründung des Antrages auf Einstellung der Zwangsvollstreckung enthält dieser Schriftsatz nicht.

Das Arbeitsgericht hat mit Beschluß vom 11.10.2000 den Antrag auf Einstellung der Zwangsvollstreckung zurückgewiesen. Wegen des Inhalts des Beschlusses im einzelnen wird auf Blatt 47 der Akte Bezug genommen. Gemäß der Rechtsmittelbelehrung ist gegen den Beschluss für die Beklagte das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben.

Die Beklagte hat gegen den ihrem Prozessbevollmächtigten am 16.10.2000 zugestellten Beschluss mit beim Arbeitsgericht am 30.10.2000 eingegangenen Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt.

Zur Begründung hat sich die Beklagte darauf berufen, dass ihr durch die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil ein nicht ersetzbarer Nachteil entsteht. Dem Kläger sei am 11.10.2000 auf ausdrücklichen Antrag hin eine vollstreckbare Ausfertigung des Versäumnisurteils erteilt worden. Infolgedessen müsse die Beklagte davon ausgehen, dass der Kläger Maßnahmen der Zwangsvollstreckung gegen ihn als den im Titel angegebenen Vertreter der Beklagten einleiten wird. Vorliegend sei wegen Vermögenslosigkeit des Vollstreckungsgläubigers nicht damit zu rechnen, dass im Falle der Abänderung oder Aufhebung des Versäumnisurteils eine Rückzahlung an die Beklagte erfolgen könne. Dass der Kläger vermögenslos sei, ergebe sich aus einer Auskunft des Amtsgerichts Erfurt vom 07.11.2000, nach der der Kläger mehrmals eine eidesstattliche Versicherung abgegeben habe.

Die Beklagte beantragt,

den Beschluss des Arbeitsgerichts Erfurt vom 11.10.2000 abzuändern und die Zwangsvollstreckung aus dem Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts Erfurt vom 22.08.2000 einstweilen einzustellen.

Demgegenüber beantragt der Kläger,

die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.

Er ist der Ansicht, dass die Beklagte nicht in genügendem Umfang glaubhaft gemacht hat, dass ihr die Zwangsvollstreckung einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringt. Allein die Tatsache, dass der Kläger den Offenbarungseid abgegeben hat, stelle noch keinen nicht zu ersetzenden Nachteil dar. Sollte die Beklagte tatsächlich in der Hauptsache obsiegen, werde der Kläger im Falle erfolgreicher Vollstreckungsmaßnahmen Schadensersatz leisten.

II.

Die sofortige Beschwerde ist unzulässig.

Gegen den Beschluss, mit welchem das Arbeitsgericht die Einstellung der Zwangsvollstreckung abgelehnt hat, ist ein Rechtsmittel nicht statthaft.

Mit dem Beschluss vom 11.10.2000 hat das Arbeitsgericht Erfurt eine Entscheidung gem. den §§ 62 Abs. 1 S. 3 ArbGG, 719 Abs. 1 S. 1, 707 Abs. 1 S. 1 ZPO getroffen.

Nach weit überwiegender und zutreffender Auffassung ist die Beschwerde gegen eine solche Entscheidung gem. § 707 Abs. 2 S. 2 ZPO jedoch ausgeschlossen (vgl. Zöller, ZPO, 22. Aufl.; § 707 Rz 22 und § 769 Rz 13 m. w. N.; Düvell, Lübke, Arbeitsgerichtsverfahren, § 62 Rz 17; Disbauer 1993 e, Rz 1714; Thomas Putzo, 22. Aufl., § 62 ZPO, Rz 17; anderer Auffassung, jedoch ohne Begründung: Erfurter Kommentar § 62 ArbGG, II. 3. Rz 11 c). Diese Auffassung vertritt auch das Thüringer Landesarbeitsgericht (vgl. LAG Thüringen vom 29.12.1997, 9 Ta 135/97; Thüringer LAG vom 25.10.1999, 4 Ta 141/99; Thüringer LAG vom 05.06.2000, 9 Ta 61/2000).

Danach sind Beschlüsse, mit denen die (Nicht)-Einstellung der Zwangsvollstreckung angeordnet wird, nur unter der Voraussetzung einer „greifbaren Gesetzeswidrigkeit” anfechtbar. Diese Auffassung trägt der Tatsache Rechnung, dass die Möglichkeit, eine nach geltendem Recht unanfechtbare Entscheidung gleichwohl mit einem Rechtsmittel anzugreifen, auf wirkliche Ausnahmefälle beschränkt bleiben muss, in denen es darum geht, eine Entscheidung zu beseitigen, die mit der geltenden Rechtsordnung schlechthin unvereinbar ist (BGH vom 08.10.92, VII ZB 3/92, NJW 93, 136).

Von einer greifbaren Gesetzeswidrigkeit in dem dargelegten Sinne kann bei dem Beschluss des Arbeitsgeri...

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