Entscheidungsstichwort (Thema)
Urlaubsanspruch als Neumasseverbindlichkeit
Leitsatz (redaktionell)
Die Voraussetzungen des § 209 Abs. 2 Nr. 3 InsO sind erfüllt, wenn der Insolvenzverwalter nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit Urlaub gewährt. Die Masse ist dann wegen der Erteilung bzw. Weitergewährung der urlaubsmäßigen Befreiung von der Arbeitspflicht von der Verpflichtung noch Freizeit unter Fortzahlung der Urlaubsvergütung zu gewähren, befreit worden, was unschwer als „Gegenleistung” des Arbeitnehmers i. S. einer Hinnahme der Tilgung seines restlichen Anspruchs auf bezahlte Freizeit angesehen werden kann.
Normenkette
InsO § 209 Abs. 2; BUrlG §§ 7, 11
Verfahrensgang
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Eisenach vom 14.11.02 – 2 Ca 1414/00 – wird kostenpflichtig als unbegründet zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz noch um die intervenzrechtliche Einordnung eines dem Kläger und Berufungsbeklagten dem Grunde und der Höhe nach unstreitig zustehenden Urlaubsgeldbetrages.
Der Kläger war bei der Insolvenzschuldnerin, einem Unternehmen der Metallindustrie, seit 01.01.1992 als Konstrukteur beschäftigt.
Nachdem am 01.11.2000 über das Vermögen seines Arbeitgebers das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte als Insolvenzverwalter eingesetzt worden war, kündigte dieser mit Schreiben vom 28.03.2001 das Arbeitsverhältnis aus betrieblichen Gründen zum 30.06.2001 (vgl. Kündigungsschreiben Bl. 34 d. A.).
Gleichzeitig stellte er im Kündigungsschreiben den Kläger bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses „unter Anrechnung der ggf. noch bestehenden Resturlaubsansprüche von der Arbeit mit sofortiger Wirkung” frei.
Nachdem er bereits am 09.02.2001 einen Urlaubstag genommen hatte, standen dem Kläger bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch 14 Urlaubstag zu. Für die Zeit vom 29.03. bis 06.04.2001 hatte er am 29.03. weitere sieben Tage beantragt (vgl. Urlaubsantrag Bl. 35 d. A.). Eine ausdrückliche Genehmigung dieses Urlaubs erfolgte offensichtlich nicht; weitere Urlaubstage wurden vom Kläger nicht ausdrücklich beantragt.
Nach dem 28.03.2001 nahm der Kläger seine Arbeit bei der Insolvenzschuldnerin nicht mehr auf.
Am 11.04.2001 zeigte der Beklagte gegenüber dem Amtsgericht Mühlhausen als Insolvenzgericht die Masseunzulänglichkeit an (vgl. Schreiben Bl. 46 d. A.).
Mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 17.04.2001 (Bl. 28 ff d. A.), der dem Beklagten am 25.04.2001 zugestellt wurde, machte der Kläger seine Ansprüche auf Zahlung von Urlaubsgeld für 15 Arbeitstage geltend.
Mit Klageerweiterung vom 08.05.2002 (Bl. 101 ff d. A.) machte er u. a. Vergütungsansprüche für die Monate April bis Juni 2001 geltend und berechnete den Anspruch auf Zahlung von Urlaubsgeld neu. In den Lohnabrechnungen für März und April 2001 wurden die Urlaubsbezüge für zwei bzw. zwölf Tage ausgewiesen (vgl. Bl. 114 und 115 d. A.).
Im gerichtlichen Teilvergleich vom 17.10.2002 (Bl. 158 und 159 d. A.) wurden u. a. die dem Kläger für die Monate April bis Juni zustehenden Vergütungsbeträge verbindlich als Altmasseverbindlichkeiten festgelegt. Offen blieb nach der Abgeltungsklausel in Ziff. 3 des Vergleiches nur der noch den Gegenstand des Berufungsverfahrens bildende Betrag von DM 615,08 = EUR 314,49 als Urlaubsgeld für vier Tage im April 2001 und seine Einordnung als Altmasse- oder Neumasseverbindlichkeit.
Wegen des weiteren erstinstanzlichen Parteivortrages, wegen der gestellten Anträge und der richterlichen Feststellungen wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht Eisenach hat der Klage mit Urteil vom 14.11.2003 aus den aus den Entscheidungsgründen (Bl. 166 – 180 d. A.) ersichtlichen Erwägungen stattgegeben, weil es die Forderung auf Zahlung von vier Tagen Urlaubsgeld als Neumasseverbindlichkeit angesehen hat. In Ziff. 4 des Urteilstenors hat es die Berufung zugelassen.
Gegen dieses seiner Prozessbevollmächtigten am 21.01.2003 zugestellte Urteil hat der Beklagte mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 29.01.2003, der am Folgetag beim Berufungsgericht einging, Berufung eingelegt und sie gleichzeitig begründet.
Er wehrt sich unter Vertiefung seiner erstinstanzlichen Argumentation mit weiteren Rechtsausführungen gegen die eingehenden rechtlichen Darlegungen im angegriffenen Urteil.
Im Termin zur Berufungsverhandlung erklärte seine Prozessbevollmächtigte auf Fragen des Vorsitzenden, dass Altmasseverbindlichkeiten aller Voraussicht nach aus der Masse nicht getilgt werden könnten, während bei Neumasseverbindlichkeiten wohl eine teilweise Tilgung in Betracht käme.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Eisenach, Az.: 2 Ca 1414/00, wird aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung wird unter Aufrechterhaltung des am 14...