Als Professor Dr. Günter Kohlmann 1972 erstmalig mit der Kommentierung des Rechtsgebiets "Steuerstrafrecht" in einem eigenständigen Kommentarwerk begonnen hat, war die Entwicklung des Steuerstrafrechts und seine heutige Bedeutung sowohl in der (Beratungs-)Praxis als auch in der Wissenschaft nicht absehbar. Das Steuerstrafrecht hat sich in den vergangenen fünf Jahrzehnten von einem am Rande des Wirtschaftsstrafrechts stehenden Spezialgebiet zu einem der dynamischsten und praxisrelevantesten Rechtsgebiete entwickelt: Die steuerstraf- und (steuer-)ordnungswidrigkeitenrechtlichen Risiken für Individuen – aber insbesondere auch für Unternehmen – sind in den letzten Jahren fortlaufend gewachsen. Die Komplexität und Regelungsdichte der steuerlichen Vorschriften nimmt stetig zu. Aktuelle Diskussionen – z.B. zu sog. Cum-/Ex-Gestaltungen oder "Goldfinger"-Modellen – vergegenwärtigen, wie schmal die Grenze zwischen legaler Steuergestaltung und Steuerhinterziehung in der Praxis sein kann. Hinzu kommt eine zunehmende Sensibilisierung der Öffentlichkeit für steuerliches Fehlverhalten. Als bekannte Beispiele sind hier etwa die "Steuersünder-CDs", die "Panama Papers" oder die "Offshore-Leaks" zu nennen. Zu beobachten ist ferner ein Wandel der Rechtsprechung in Steuerstrafsachen sowie eine kontinuierlich härtere Gangart der Gesetzgebung. So wurden neben der seit einigen Jahren deutlichen Verschärfung des Tatbestands der Steuerhinterziehung die Anforderungen an die Selbstanzeige immer wieder erhöht und als vorläufiger Schlusspunkt wurde mit Wirkung zum 29.12.2020 die strafrechtliche Verjährungsfrist in Fällen der Steuerhinterziehung im besonders schweren Fall auf 15 Jahre angehoben.

Darüber hinaus hat sich in der Verfolgungspraxis der Ermittlungsbehörden die Tendenz verstärkt, in Fällen steuerlicher Verfehlungen deutlich häufiger mit der Einleitung von steuerstrafrechtlichen- bzw. ordnungswidrigkeitenrechtlichen Ermittlungsverfahren zu reagieren, wo in früheren Jahren eine Auseinandersetzung zunächst allein im steuerlichen Streitverfahren stattgefunden hätte. Dies beruht insbesondere auch auf der Entwicklung, dass die Anforderungen an Erkundigungs- und Überprüfungspflichten – selbst bei Inanspruchnahme von steuerlichen Beratern –, aber auch an die Ausgestaltung von Tax Compliance Systemen im Unternehmen immens hoch sind. Aufgrund dieser Entwicklungen ist auch der Beratungsbedarf deutlich gewachsen.

Nach dem unerwarteten Tod von Professor Dr. Günter Kohlmann im Jahr 2005 übernahmen aus dem heutigen Autorenteam zunächst Dr. Brigitte Hilgers-Klautzsch, Dr. Marko Matthes, Professor Dr. Andreas Ransiek und Dr. Jörg Schauf die Fortführung des Kommentars. Mittlerweile wurde das Team um weitere erfahrene Praktiker und steuerstrafrechtliche Spezialisten, namentlich durch Dr. Frank Heerspink, Dr. Ingo Heuel, Dr. Sebastian Peters und Dr. Peter Talaska, erweitert. Alle fühlen sich dem Anspruch Professor Dr. Günter Kohlmanns verpflichtet, mit der Darstellung eine praxisorientierte Sicht des Steuerstrafrechts zu vermitteln.

Professor Dr. Andreas Ransiek verantwortet nach wie vor die Bearbeitung der Kernnorm des § 370 AO mit den Schwerpunkten der Entstehungsgeschichte, Tatbestandsmäßigkeit und Konkurrenzen. Dr. Brigitte Hilgers-Klautzsch kommentiert insbesondere die verfahrensrechtlichen Vorschriften der §§ 385 ff. AO sowie die materiell-rechtlichen Strafvorschriften der §§ 372 bis 375 AO. Die Kommentierung der Vorschriften des § 371 AO und § 398a AO erfolgt weiterhin durch Dr. Jörg Schauf. Des Weiteren kommentiert er im Rahmen des § 370 AO insbesondere auch die Strafzumessung sowie ausgewählte Einzelfragen zu umsatzsteuerlichen Themen und z.B. Cum-/Ex-Geschäften. Die Kommentierung der zoll- und verbrauchsteuerrechtlichen Vorschriften (§§ 380 f. AO) sowie der steuerordnungswidrigkeitenrechtlichen Vorschriften der §§ 379 ff. AO erfolgt insbesondere durch Dr. Marko Matthes und Dr. Peter Talaska. Dr. Ingo Heuel, wie Dr. Peter Talaska Berater mit langjähriger Erfahrung und entsprechender steuerstrafrechtlicher Expertise, bearbeitet u.a. die steuerordnungswidrigkeitenrechtlichen Vorschriften der §§ 377, 378 AO sowie ausgewählte Einzelfragen im Rahmen des § 370 AO. Dr. Frank Heerspink verantwortet vornehmlich die Verjährungsvorschrift des § 376 AO sowie § 392 AO "Verteidigung". Die verfahrensrechtlichen Vorschriften der §§ 397 f. und 398 AO kommentiert Dr. Sebastian Peters, der nach langjähriger Tätigkeit in der Staatsanwaltschaft nunmehr als Rechtsanwalt seinen großen Erfahrungsschatz in steuerstrafrechtlichen Verfahren mitbringt.

An den Zielen, die Professor Dr. Günter Kohlmann in seinem Vorwort der 30. Lieferung aus dem Jahr 2002 formuliert hat, hat sich für das Autorenteam nichts geändert: Nicht nur Strafverteidigern, sondern allen steuerlichen Beratern soll an der Schnittstelle von Straf- und Steuerrecht ein Arbeitsmittel zur Verfügung gestellt werden, das die erforderlichen Kenntnisse für eine effektive Mandantenbetreuung im Vorfeld, aber auch ...

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