Birthe Kramer, Dietrich Weilbach
Rz. 19
Die zivilrechtlichen Grundlagen des Kaufvertragsrechts ergeben sich aus § 433 BGB, in dieser Vorschrift geregelt werden die (Haupt-)Pflichten von Käufer und Verkäufer. Die Formvorschrift in § 311 b Abs. 1 S. 1 BGB macht die notarielle Beurkundung des Kaufvertrags notwendig. Wesentlich ist die Vereinbarung eines Kaufpreises, auch wenn dieser nur vorläufiger Natur sein sollte (zur grunderwerbsteuerlichen Bemessungsgrundlage bei Vereinbarung eines vorläufig bezifferten Kaufpreises und späterer Kaufpreisabschläge siehe § 9 GrEStG Rz. 6). Es genügt, dass durch den Vertrag ein Anspruch auf Übertragung des Eigentums zivilrechtlich begründet wird (Rechtsträgerwechsel). Da § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG allein an das schuldrechtliche Geschäft anknüpft, ist zur Tatbestandsverwirklichung nicht erforderlich, dass der Verkäufer auch Eigentümer des verkauften Grundstücks ist (vgl. BFH v. 16.4.2009, II B 171/08, n. v.; siehe auch BFH v. 8.11.1995, II R 93/94, BStBl II 1996, 27). Ebenfalls nicht erforderlich zur Entstehung des Steueranspruchs aus § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG ist, dass die mit dem Eigentum regelmäßig verbundenen Befugnisse (vgl. § 903 BGB) mitübertragen werden. So wie die Übertragung der wirtschaftlichen Verwertungsbefugnis – ohne gleichzeitige Übertragung des zivilrechtlichen Eigentums – nach § 1 Abs. 2 GrEStG Grunderwerbsteuer auslösen kann, so erfüllt umgekehrt bereits der Anspruch auf Übertragung des zivilrechtlichen Eigentums den Tatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG, auch wenn nicht zugleich die wirtschaftliche Verwertungsbefugnis übergeht (vgl. BFH v. 24.10.1990, II R 68/88, BFH/NV 1991, 624). Erwerbsvorgänge nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrStG sind nicht durch § 6a GrEStG begünstigt (BFH v. 22.11.2018, II B 8/18, BFH/NV 2019, 166).
Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG unterliegt der Grunderwerbsteuer ein Kaufvertrag oder ein anderes Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung eines inländischen Grundstücks begründet. Dazu ist es erforderlich, dass der Erwerber aus dem Kaufvertrag einen Anspruch auf Verschaffung des Grundstückseigentums erwirbt, aus dem er unmittelbar auf die Erklärung der Auflassung klagen kann (vgl. BFH v. 31.5.1972, II R 162/66, BStBl II 1972, 828; BFH v. 22.9.2004, II R 45/02, BFH/NV 2005, 1341 m. w. N.). Ein solcher Eigentumsverschaffungsanspruch wird nicht begründet, wenn ein Grundstückskaufvertrag innerhalb von 2 Jahren nach Vertragsabschluss in der Weise aufgehoben wird, dass der Veräußerer das Grundstück, als dessen Eigentümer er noch im Grundbuch eingetragen ist, vom Erwerber "zurückkauft". In diesem Fall wird ein Anspruch auf Übertragung des Eigentums zugunsten des Verkäufers gerade nicht begründet, vielmehr verbleibt das Eigentum am Grundstück bei dem durch den ursprünglichen Vertrag zur Übereignung verpflichteten Eigentümer. Die Aufhebung des Verpflichtungsgeschäfts führt in Fällen, in denen das Eigentum an einem Grundstück noch nicht übergegangen ist, nicht zu einem (weiteren) steuerpflichtigen Tatbestand (vgl. BFH v. 6.10.2010, II R 31/09, BFH/NV 2011, 306; vgl. auch § 16 GrEStG Rz. 5a).
Kann aus einer Vereinbarung nur auf den Abschluss eines Verpflichtungsgeschäfts geklagt werden, liegt nur ein Vor- bzw. Optionsvertrag vor, der keine Grunderwerbsteuer auslöst, vgl. Rz. 13.
Ein Verpflichtungsgeschäft kann auch ein Vertrag zugunsten Dritter (§§ 328 ff. BGB) sein, wenn der Dritte unmittelbar das Recht erwirbt, die Übereignung des Grundstücks zu fordern. Vereinbaren Schenker und Bedachter, dass der Bedachte eine Leistung an einen Dritten erbringen soll oder soll ein Grundstück auf einen Dritten übertragen werden, wird regelmäßig ein eigenes Forderungsrecht des Bedachten angenommen (BFH v. 7.11.2018, II R 38/15, DB 2019, 6).
Nicht der Grunderwerbsteuer unterliegt der Erwerb von sog. Haubergsanteilen, welche Rechte an Waldgrundstücken vermitteln (BFH v. 9.11.2016, II R 7/15, BFH/NV 2017, 395). Haubergsanteile sind keine Bruchteilsgrundstücke, sondern stehen im Gesamthandsvermögen der jeweiligen Waldgenossenschaft bzw. der Anteilsberechtigten an derselben. Ziel und Zweck des Haubergkomplexes ist die Bestandserhaltung des Waldes. Der Zusammenschluss erfolgt zu einem gemeinsamen Zweck; die Anteilsberechtigten sind nach den waldrechtlichen Bestimmungen Gesamthandberechtigte. Die Anteile können nicht als Grundstücke qualifiziert werden; § 2 Abs. 1 GrEStG ordnet an, dass grundstücksgleiche Rechte nicht als Grundstücke gelten. Eine Ausnahme i. S. d. § 2 Abs. 2 GrEStG liegt hier nicht vor. Der Anteilserwerb an einer Gesamthandsgemeinschaft (Personengesellschaft) löst, von den hier nicht einschlägigen Ausnahmen des § 1 Abs. 2a, 3 und 3a GrEStG abgesehen, keine Grunderwebsteuer aus, da die Personengesellschaft und damit auch eine Haubergsgemeinschaft grunderwerbsteuerlich als eigene Rechtsträgerin einzustufen ist (BFH v. 20.4.2016, II R 54/14, BStBl II 2016, 715).
Ein Anspruch auf Übereignung eines inländischen Grundstücks kann auch durch einen zivilrechtlichen Prozessvergleich (Vergleichsvertrag) begrü...