Unentschlossenheit zahlt sich nicht aus. Wer sich als Steuerberater nicht mit den Trends und Entwicklungen der Zukunft befasst, kann in wenigen Jahren den Anschluss verpasst haben. Grund dafür: Die Digitalisierung schreitet voran und bringt teils grundlegende Veränderungen mit sich.
Worauf Steuerkanzleien sich einstellen sollten
In den vergangenen 30 Jahren ist die Zahl an Steuerberatern in Deutschland laut Statista um fast das Doppelte gestiegen. Zugleich ist auch die Zahl an Steuerkanzleien gewachsen. Der gestiegene Konkurrenzdruck, die hohe Arbeitsbelastung und die Herausforderungen der Digitalisierung sind am Markt deutlich spürbar. Höchste Zeit um umzudenken und die Kanzlei fit für die Herausforderungen der Zukunft zu machen.
Neue Arbeitsmodelle: agil und interdisziplinär
Auch in Zukunft wird die Beratungsleistung zu Steuern und Finanzen eine wesentliche Aufgabe der Steuerkanzlei bleiben. Was sich höchstwahrscheinlich ändert, ist die Arbeitsweise. Beruhten Beratungsleistungen bisher auf einem fest vereinbarten Leistungskatalog mit konkreter Zielstellung, wird künftig ein flexibles Empfehlungsmanagement immer wichtiger.
Im Zuge der Digitalisierung verändern sich auch die Geschäftsmodelle und Arbeitsmethoden auf Mandantenseite. Und mit ihnen die Ansprüche an die Steuerberatung 4.0
Für den Steuerberater der Zukunft bedeutet dies grundlegende Veränderungen: weg von der reaktiven Steuerberatung hin zu einer serviceorientierten Dienstleistung. Wettbewerbsvorteile werden daher jene Kanzleien haben, die mit agilen Methoden arbeiten. Statt starr und prozessorientiert zu agieren, können agil arbeitende Kanzleien auch auf wechselnde Bedingungen Rücksicht nehmen. Was zählt ist der Mehrwert für den Mandanten, nicht die Erreichung eines eventuell nicht mehr relevanten Ziels. So bearbeiten agile Methoden in zeitlich begrenzten Intervallen immer nur Teilziele. Nach anschließender Prüfung wird neu priorisiert.
Mit zunehmender Digitalisierung steigt auch der Bedarf an ganzheitlicher Beratung. Doch wie kann dieser anspruchsvolle Mandantenwunsch professionell und zufriedenstellend abgedeckt werden? An beruflichen Kooperationen und Experten-Netzwerken kommt in Zukunft vermutlich kaum eine Kanzlei vorbei. Die Arbeit in interdisziplinären Teams ist allerdings auch anderweitig sinnvoll: Sie bietet die Möglichkeit, die Kanzlei durch Spezialisierung besser am Markt zu positionieren, ohne auf ein breites Leistungsangebot zu verzichten.
Das Leistungsangebot der Zukunft: zielgruppenorientiert und ganzheitlich
Ein wichtiger Faktor, der künftig über den Kanzleierfolg entscheiden kann, ist das Leistungsangebot. Denn im Zuge der Digitalisierung verändern sich auch die Geschäftsmodelle und Arbeitsmethoden auf Mandantenseite und mit ihnen die Ansprüche an die Steuerberatung 4.0. Automatisierte Prozesse eröffnen ganz neue Beratungsfelder und machen den Weg frei für individuelle Finanzdienstleistungen. Dies können beispielsweise Echtzeit-Liquiditätsanalysen sein, die der Steuerberater auf Basis der digital vorliegenden Unternehmensdaten erstellt und daraus Handlungsempfehlungen ableitet.
Ebenso kann der Steuerberater in agilen Arbeitsprozessen als Sparringspartner dienen, der Entscheidungen hinterfragt und somit vor Fehlentscheidungen schützt. Neben der Beratung in Finanzfragen verschaffen auch betriebswirtschaftliche Analysen sowohl der Kanzlei als auch den Mandanten einen entscheidenden Vorteil. Die kombinierten Leistungen aus einer Hand ermöglichen ganzheitliche Beratungen und sind weitaus service- und zielgruppenorientierter.
Digitalisierung der Steuerberatung: Chancen und Herausforderungen
Die Digitalisierung schreitet voran – in nahezu allen Berufszweigen. Auch in den meisten Steuerkanzleien sind digitale Prozesse bereits Realität. Die digitale Kanzlei der Zukunft reduziert die manuelle Datenerfassung höchstwahrscheinlich auf ein Minimum und automatisiert Routineaufgaben wie die Belegbuchung. Der Vorteil liegt auf der Hand: Dokumente sind digital für alle Kanzleimitarbeiter verfügbar und der geringe Aufwand verschlankt die organisatorischen Abläufe im Steuerbüro. Doch die Digitalisierung der Steuerberatung birgt noch weitaus mehr Potenzial.
Weniger Buchhaltung, mehr Beratung: Steuerberatung verändert sich – und mit ihr das Verhältnis von Berater zu Mandant.
Mithilfe von Cloud-basierten Software-Lösungen können Mandant und Steuerberater nicht nur leichter Dokumente und Informationen austauschen: Der Steuerberater kann mit einem Klick auch auf relevante Wirtschaftsdaten des Unternehmens zugreifen und ihn so besser und schneller beraten. Im digitalen Büro nutzt er zur Datenverarbeitung außerdem Analysetools, die qualifizierte Reaktionen in kürzester Zeit ermöglichen. So kann der Berater bereits in frühen Phasen mögliche Fehlentscheidungen positiv beeinflussen – ein wichtiges USP im Wettstreit mit der Kanzlei-Konkurrenz.
Verändertes Selbstverständnis: die Steuerkanzlei 4.0
Weniger Buchhaltung, mehr Beratung: Steuerberatung verändert sich – und mit ihr das Verhältnis von Berater zu Mandant. Bestand die Leistung der Kanzlei in der Vergangenheit im Wesentlichen aus Empfehlungen zu steuerrechtlichen Fragen, so ist das Beraterverständnis einer modernen Steuerkanzlei um einiges umfassender. Diese steht beispielsweise auch in wirtschaftlichen Fragen beratend zur Seite. Der größte Unterschied besteht allerdings in der veränderten Zusammenarbeit zwischen Mandant und Steuerberater. So übernimmt die Steuerberatung 4.0 die Rolle eines Mittlers und Coaches. Dieser deckt Potenziale wie auch Missstände auf und empfiehlt entsprechende Maßnahmen – immer individuell auf die Bedürfnisse des Mandanten und dessen Unternehmensziele angepasst. Die Kanzlei wird dadurch zum Partner auf dem Weg zum Unternehmenserfolg.
Experte und flexibler Coach: der Steuerberater der Zukunft
Wer als Steuerberater tätig ist, konnte sich lange Zeit glücklich schätzen. Waren die zahlreichen Hürden auf dem Weg zu einer eigenen Kanzlei erst einmal erklommen, hieß die größte Herausforderung: Steuergesetze und Daily Business. Doch mit zunehmender Digitalisierung ändern sich auch die Anforderungen an das Berufsbild des Steuerberaters.
Der Steuerberater der Zukunft ist nicht allein Experte in Steuerfragen, sondern zugleich Coach und Sparringspartner mit umfangreichen IT- sowie betriebswirtschaftlichen Kenntnissen.
Keine Frage: Auch in Zukunft wird das gesetzliche Know-how die Kernkompetenz des Berufsfeldes bilden. Während ehemalige Kernaufgaben wie die Finanz- oder Lohnbuchhaltung im Zuge der Digitalisierung größtenteils automatisiert erfolgen, rücken die eigentliche Beratungsleistung sowie neue Geschäftsfelder in den Mittelpunkt. Diese erfordern jedoch auch neue Kompetenzen auf Seiten der Steuerberater. Vielseitigkeit ist gefragt!
So ist der Steuerberater der Zukunft nicht allein Experte in Steuerfragen, sondern zugleich Coach und Sparringspartner mit umfangreichen IT- sowie betriebswirtschaftlichen Kenntnissen. Analysetools, die in Echtzeit die finanzielle Situation des Mandanten offenlegen, werden zu wichtigen Beratungshelfern. Sie versetzen den Steuerberater in die Lage, proaktiv Empfehlungen aussprechen und so maßgeblich am Unternehmenserfolg mitzuwirken. Insbesondere in der Arbeit mit modernen, digital arbeitenden Mandantentypen wie Start-ups oder Multichannel-Shops wird letztlich auch die Flexibilität ein wichtiges, erfolgsentscheidendes Kriterium sein.
Neue Wege der Mandantengewinnung
Proaktives Marketing war in der Vergangenheit für Kanzleien nahezu undenkbar. Der gängige Usus: „Als Steuerberater brauchst du keine Werbung, da die Mandanten über Mundpropaganda auf dich aufmerksam werden.“ Die moderne Form der Mundpropaganda findet heutzutage im Internet statt – mit steigender Tendenz. Nicht nur die Internetnutzung nimmt laut Statistik kontinuierlich zu, sondern auch die Online-Bewertungsportale, die Nutzern die Möglichkeit bieten, ihre Meinung zu einem Unternehmen zu äußern.
Das Problem: Eine schlechte Bewertung ist im Internet jederzeit von vielen Menschen einsehbar und dies kann negative Folgen nach sich ziehen. Denn wenn ein User auf der Suche nach einer Steuerkanzlei keine positiven Informationen über ein Unternehmen findet, wird er sich auch nicht für eine Kontaktaufnahme entscheiden. Die Lösung: proaktives Online-Marketing. Neben einem gut auffindbaren Internetauftritt und der Präsenz in Suchportalen können Social Media-Kanäle und E-Mail-Marketing künftig verstärkt der Zielgruppenansprache dienen. Ein überzeugender Vorteil: Wer online aktiv ist, kann im gewissen Maße auch beeinflussen, wie über die Kanzlei im Netz geredet wird.