Lernmethoden für Kanzleien

Mit welchen Lernmethoden gelingt die Wissenserweiterung in Steuerkanzleien am nachhaltigsten und wie kann das Lernen sinnvoll in den Arbeitsalltag integriert werden? Ein Überblick über effektive Ansätze und Lernmethoden. 

Wie Lernen gelingt: das 70-20-10-Modell 

Ob Lernen erfolgreich gelingt und ob Erlerntes auch langfristig im Gedächtnis bleibt, hängt zum einen davon ab, welche Sinne beim Lernen angesprochen werden. Grundsätzlich sind Lernangebote, die mehrere Sinne zugleich bedienen, erfolgreicher. Wer beispielsweise neue Informationen über das Hören und Sehen zugleich aufnimmt, kann sich Inhalte besser merken als beim einfachen Lesen. Zum anderen ist entscheidend, in welchem Verhältnis bestimmte Lernformen eingesetzt werden.

Das 70-20-10-Modell ist eine Lerntheorie, die darauf beruht, Lernformen so miteinander zu kombinieren, dass Wissen am besten gelernt und behalten werden kann. Übertragen auf den Arbeitsalltag bedeutet dies: 70 Prozent des neuen Wissens sollte durch eigens gemeisterte berufliche Herausforderungen erlangt werden, 20 Prozent enstehen durch den Austausch und das Agieren mit Kollegen und zehn Prozent sollten durch klassische Fort- und Weiterbildungsangebote wie Seminare oder Schulungen angeeignet werden. Daraus resultiert die Erkenntnis: Wer seine Mitarbeiter in der Steuerkanzlei entsprechend fördert und fordert, Wissen aktiv im Team weitergibt und ergänzend effektive, multimediale Lernangebote einsetzt, schafft beste Voraussetzungen für langfristigen Wissenszuwachs.

Diese Lernmethoden sind für Steuerkanzleien sinnvoll 

Waren es zu früheren Zeiten fast ausschließlich Präsenzveranstaltungen, in denen steuerrechtliches Wissen vermittelt wurde, setzen sich zunehmend vielfältige Fortbildungen in Form des E-Learnings und des Blended Learnings durch. Hinzu kommen neue Lernmethoden, die auf Herausforderung und Austausch beruhen.

E-Learning: individuell und kostengünstig 

Der Begriff E-Learning umfasst unterschiedliche Formen des elektronisch unterstützten Lernens – vom computergestützten bis zum internetbasierten Lernen. Insbesondere webbasierte Lernangebote sind gefragter denn je. Kein Wunder, denn online abrufbare Seminare, Live-Vorträge im Internet oder auch Video-Lerneinheiten sind besonders flexibel. Neben der Vielfalt an unterschiedlichen Themen, die beim E-Learning verfügbar sind, können sie unabhängig vom Raum auf verschiedenen Endgeräten abgerufen werden. Mit Ausnahme von Live-Angeboten ist das Lernen mit E-Learning-Unterstützung auch nicht an konkrete Zeiten gebunden.

Ebenso vorteilhaft: Angebote können zeitgleich von mehreren Personen genutzt werden. Dies spart nicht nur die Kosten für die Anfahrt zum Vortragsort, sondern auch die Ausfallzeiten in der Kanzlei. E-Learning ist daher vergleichsweise kostengünstig. Viele Angebote können außerdem an den Wissensstand des Users angepasst werden, sodass ganz individuelle Lernziele beim E-Learning verfolgt werden. Nachteil der Lernmethode: E-Learning ist nicht für alle Themen geeignet. Bei komplexen Fragestellungen ist beispielsweise die Möglichkeit für Rückfragen oder ein integrierter Wissenstest unabdingbar. Je nach E-Learning-Form können sich die Angebote allerdings unterscheiden.

Unterschiedliche E-Learning-Formen 

Selbstgesteuerte E-Learning-Angebote: Die Wissensvermittlung erfolgt über Lernsoftware oder über ein Online-Seminar, beispielsweise aufgezeichnete Vorträge mit PowerPoint-Folien. Die Lerngeschwindigkeit kann der Lernende selbst bestimmen, nicht relevante Module kann er überspringen. Da bei der Lernmethode keine Rückfragen zum Lernstoff möglich sind, ist sie vor allem für weniger komplexe Themen geeignet. 

E-Learning mit Unterstützung: Ähnlich wie beim selbstgesteuerten E-Learning kann es sich um ein aufgezeichnetes Seminar handeln, das online abrufbar ist. Der Unterschied besteht darin, dass im Austausch mit anderen Nutzern Fragen geklärt werden können und der Lernende Unterstützung erhalten kann. 

E-Learning mit einem Ausbilder: Bei dieser Lernmethode kann es sich zum Beispiel um ein Online-Seminar beziehungsweise Webinar in einem virtuellen Klassenraum handeln. Wichtig ist, dass ein realer Ausbilder die Leitung des Seminars übernimmt. Der Vorteil: Lernende haben die Möglichkeit, sich direkt mit den Dozenten und in der Regel auch mit anderen Lernenden auszutauschen. Die Seminare sind allerdings an feste Zeiten gebunden.

Blended Learning: kombiniertes Lernen 

Das Blended Learning, auch integriertes Lernen genannt, kombiniert unterschiedliche Methoden und Medien miteinander. Oft ist damit ein Angebot aus klassischem Präsenzunterricht und E-Learning gemeint, bei dem sich Präsenzphasen und Selbstlernphasen abwechseln.


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Durch die Kombination von eigenständiger Kompetenzaneignung und persönlichem Austausch kann ein vertiefendes Lernen erfolgen, denn der Lernprozess findet beim Blended Learning auf unterschiedlichen Ebenen statt. So werden die Vorteile beider Lernmethoden effizient für die Wissensgenerierung genutzt. Voraussetzung für den Lernerfolg: die richtige Mischung aus analogen und digitalen Lernmethoden. Der Nachteil der Methode: Damit Blended Learning erfolgreich sein kann, ist ein hohes Maß an Selbstdisziplin und ein gutes Zeitmanagement notwendig. Für manche Lernende ist außerdem die virtuelle Teamorganisation zunächst ungewöhnlich.

Communities of Practice – soziales Lernen mit Gleichgesinnten 

Communities of Practice sind selbstorganisierte Gemeinschaften, deren Teilnehmer sich über Tätigkeiten, Erkenntnisse und Herangehensweisen mit ähnlich Interessierten austauschen. Die Teilnehmer geben ihr eigenes Wissen an die Gemeinschaft weiter und lernen durch die Erfahrungswerte der anderen Gruppenteilnehmer, die auch bei Problemlösungen Hilfestellung leisten können.

Da der Wissenszugewinn in den Communities of Practice vom Engagement der einzelnen Teilnehmer abhängt, kann der Erfolg der Lernmethode variieren. In der Regel findet der Wissensaustausch auch über gemeinsam genutzte Plattformen wie Weblogs oder Wikis statt.

Stretch Assignments – lernen durch Herausforderung 

Beim Stretch Assignment geht es darum, über sich selbst hinaus zu wachsen. Mitarbeitern werden Aufgaben übertragen, die ihr derzeitiges Können und Wissen übersteigen. Für den Mitarbeiter ist dies eine Herausforderung, denn er ist gezwungen, seine Komfortzone zu verlassen. Um die Aufgabe zu bewältigen, ist er gezwungen, neue Fähigkeiten zu erwerben. 

Nimmt der Mitarbeiter die Herausforderung an, kann neues Wissen sich manifestieren. Größter Erfolgsfaktor des Stretch Assignments: Die Methode motiviert. Zugleich fördert die Lernmethode die Eigenverantwortlichkeit des Mitarbeiters. Bedingungen für erfolgreiche Stretch Assignments: Ziele müssen realistisch erreichbar sein und Mitarbeiter benötigen ausreichend Spielraum, um eigene Lösungen entwickeln zu können.

So wählen Sie passende Lernmethoden für Ihre Steuerkanzlei aus 

In Steuerkanzleien arbeiten vom Steuerfachangestellten bis zum Steuerberater in der Regel Mitarbeiter mit unterschiedlichem Fachwissen und unterschiedlichen Kompetenzen. Neben dem Learning on the job und dem Wissenszugewinn durch die Kollegen sind daher oftmals Angebote gefragt, die individuell und kostengünstig realisiert werden können. Zugleich ist entscheidend, wie effektiv die angewandten Lernmethoden sind und wie gut sie im Unternehmensalltag integriert werden können? Ein kurzes Lernvideo kann beispielsweise über allgemeine Grundlagen oder Neuerungen informieren und als flexible Lerneinheit zwischendurch genutzt werden. Ein Live-Seminar ist hingegen zeitgebunden. Seine Nutzung muss unter Umständen genau eingeplant werden.

Ebenso entscheidend ist auch die Frage nach der Qualität. Baut das Angebot auf didaktischen Grundlagen auf und sind Referenzen oder Zertifikate beim Anbieter vorhanden? Gibt es konkrete Lernziele, deren Erfolg beispielsweise durch Tests nachweisbar ist? Bei der Wahl der Lernmethoden sollten Sie außerdem berücksichtigen, dass insbesondere älteren Mitarbeitern der Umgang mit virtuellen Lernformen zu Beginn oft schwerfällt. Aufgrund des Zeit- und Kostenvorteils kann es sich allerdings lohnen, sie dennoch schrittweise an E-Learning-Angebote heranzuführen (zum Beispiel über Blended Learning). 

Anna Hinn
Schlagworte zum Thema:  E-Learning