Nachhaltigkeit: „Steuerberater können motivieren“

Steuerberaterinnen und Steuerberater können bei der Entwicklung hin zu nachhaltigeren Unternehmen und Geschäftsmodellen eine zentrale Rolle spielen, sagt Wirtschaftswissenschaftler Klaus-Michael Ahrend. Wieso Kanzleien sich mit Nachhaltigkeit befassen sollten, und woran man echtes Engagement von Greenwashing unterscheiden kann, erklärt er im Interview.

Herr Ahrend, Sie beschäftigen sich damit, wie Unternehmen nachhaltiger handeln können. Wieso haben Sie dabei die Steuerberatungsbranche im Blick?

Mir ist die nachhaltige Entwicklung für Unternehmen aus allen Branchen ein wichtiges Anliegen. Steuerberaterinnen und Steuerberater können dabei eine große Hilfe sein. Mit ihrem Dienstleistungsportfolio und als Berater und Begleiter unterstützen sie die Mandanten nicht nur bei steuerrechtlichen Fragen, sondern auch darüber hinaus. Steuerberater können motivieren. Beschäftigt sich eine Steuerkanzlei mit Nachhaltigkeit, besteht die Chance, dass sich die Mandanten dieser Kanzlei auch damit beschäftigen.

Beschäftigen sich Steuerberatungskanzleien bereits mit Nachhaltigkeit?

Die Big Four beschäftigen sich intensiv mit Nachhaltigkeit und haben bereits eigene Abteilungen dafür geschaffen. In den mittelständischen Kanzleien sieht es etwas anders auch, aber auch dort gibt es einige Kanzleien, die auf einem guten Weg sind.

Klaus-Michael Ahrend

Warum sollten Kanzleien sich mit dem Thema Nachhaltigkeit auseinandersetzen?

Dafür gibt es verschiedene Gründe. Zunächst einmal kann die Kanzlei Geld sparen, wenn sie energieeffizienter wird oder zum Beispiel die Belegschaft dazu animiert, auf Dienstwagen zu verzichten. Nachhaltigkeit kann der Steuerkanzlei bei der Gewinnung von neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dienen und allgemein das Unternehmen attraktiv für die Arbeitnehmer machen. Es trägt zu einer Unternehmenskultur bei und stärkt die Loyalität der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, weil man über die fachlichen Themen hinaus einen gemeinsamen Fokus hat. Eine Kanzlei, die sich mit Nachhaltigkeit beschäftigt, kann damit Neukunden gewinnen, weil sie sich von anderen differenziert. Nicht zuletzt können sich Steuerberaterinnen und Steuerberater mit Nachhaltigkeit auseinandersetzen, weil sie einen Beitrag für die Gemeinschaft leisten wollen.


UMFRAGE 

Fragezeichen

Wie stehen Sie in der Steuerkanzlei zum Thema Nachhaltigkeit

Welche Rolle spielen nachhaltige Entwicklungen für Ihre Mandantinnen und Mandanten?

Lassen Sie es uns wissen und nehmen Sie an unserer Nachhaltigkeitsumfrage teil. Vielen Dank! 

Hier geht's zur Umfrage. 



Der Begriff Nachhaltigkeit wird gerne für Werbezwecke von Unternehmen genutzt. Nicht immer geht das Bemühen dabei über die Verbesserung des eigenen Images hinaus. Woran muss sich eine nachhaltige Steuerkanzlei messen lassen?

Anstatt des Begriffs der Nachhaltigkeit können auch drei andere Begriffe verdeutlichen, worum es bei diesem Thema geht. Zum einen ist da der Begriff des ehrbaren Kaufmanns beziehungsweise der ehrbaren Kauffrau. Die meisten Steuerberater sehen sich als ehrbare Kaufleute. In diesem Rahmen ist die nachhaltige Entwicklung kein reiner Marketingzweck, sondern eine weitere Maßnahme, die einen Beitrag zum ehrbaren-Kauffrau-, -Kaufmannsein leistet. Dann geht es um Demut. Demut vor Kunden, Demut vor der Gesellschaft, Demut vor der Natur. Und es geht darum, authentisch zu sein. Ja, Unternehmen können Nachhaltigkeit trotz der guten Ideen, die mit nachhaltiger Entwicklung verbunden sind und den Vorteilen, die sie daraus ziehen könnten, als reines Marketinginstrument missbrauchen. Wie kann man das desavouieren? Am Ende desavouieren es die Mitarbeitenden. Am Ende desavouiert es der Sohn, die Tochter des Eigentümers. Oder er selbst oder sie selbst. Und dann zählen Demut, Authentizität und das Selbstverständnis als ehrbarer Kaufmann oder ehrbare Kauffrau.


TAX TALKS
Unter dem Motto "Nachhaltig agieren - nachhaltig profitieren" geben Expertinnen und Experten in dem Online-Event gezielt Impulse zu Nachhaltigkeit, nachhaltiger Entwicklung und nachhaltigen Geschäftsmodellen. Buchen Sie hier.


Welche Kennzahlen sollte eine Kanzlei im Blick haben, die beginnen möchte, sich mit Nachhaltigkeit zu beschäftigen?

Bevor sie Kennzahlen definieren, sollten Kanzleiinhaberinnen und Kanzleiinhaber ein Grundverständnis für die eigene Sicht auf das Thema entwickeln, idealerweise im Dialog mit den Beschäftigten. Vor den Kennzahlen kommen also die Ziele. Wenn man diese Ziele definiert hat, werden die Kennzahlen klar. Die Kanzleiinhaber können sich zum Beispiel beim Ziel Klimaschutz fragen, woher die Kanzlei Energie bezieht und was man tun kann, um die CO2-Emission zu senken. Das gleiche gilt für das Thema Mobilität. Wenn es um das Ziel geht, den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken, können zum Beispiel das ehrenamtliche Tun der Mitarbeitenden gefördert oder soziale Projekte unterstützt werden. Bei der Suche nach Zielen und Kennzahlen helfen außerdem Rahmenwerke wie der Deutsche Nachhaltigkeitskodex.

Können Kanzleien das Thema Nachhaltigkeit zu einer Beratungsleistung gegenüber den Mandanten machen?

Wenn Steuerberaterinnen und Steuerberater den Dialog mit ihren Mandantinnen und Mandanten für die Unternehmensberatung nutzen, können sie in diesem Rahmen natürlich über Nachhaltigkeitsthemen sprechen und beispielsweise den Unternehmen dabei helfen, nachhaltige Geschäftsmodelle auszubauen oder Energie einzusparen. Das sind für eine Steuerberatungskanzlei interessante Erweiterungen der Beratungspraxis.

Zur Person

Klaus-Michael Ahrend ist seit 2008 ist Vorstand der HEAG Holding AG, einem Energiedienstleister mit der Marke entega AG in Darmstadt. Er ist Honorarprofessor an der Hochschule Darmstadt und Autor von Fach- und Lehrbüchern und Geschäftsführer des Technologie- und Gründerzentrums HUB31. Sein Fachbuch „Geschäftsmodell Nachhaltigkeit“ wird 2022 in der 2. Auflage erscheinen.

Schlagworte zum Thema:  Nachhaltigkeit, Nachhaltigkeitsmanagement