Lohnt sich Suchmaschinenoptimierung für Kanzleien noch? Inzwischen mehren sich die Stimmen, die seine Effizienz bezweifeln: Der Aufwand für ein Top-Ranking steige, die Sichtbarkeit organischer Ergebnisse sinke und das Risiko wachse. Maximilian Justus Müller von Baczko, Senior Manager Strategic Marketing bei steuerberaten.de, gibt eine Einordnung.
Wie gehe ich als Kanzlei heute vor, wenn ich neu in Sachen Online-Marketing durchstarten will?
In der Regel wende ich mich an eine Agentur, die sich oftmals allerdings nur stiefmütterlich mit meiner Branche beschäftigt, mit dem Ergebnis, dass ich am Ende eine vergleichsweise lieblos gestaltete Wordpress-Seite bekomme, die SEO-technisch leider nicht mit größeren Domains mithalten kann - schon allein wegen der Ladezeiten. Die Zeiten, in denen ich nur oft genug etwa ‚Steuerberater Hamburg‘ als Keyword in Metadaten und Text unterbringen musste, um auf eine Topplatzierung in Google zu kommen, sind definitiv vorbei.
Woran liegt das?
Google bestreitet es zwar, aber tatsächlich bevorzugt der Algorithmus weiterhin diejenigen Domains, die schon sehr lange registriert sind. Außerdem wird die Befriedigung des tatsächlichen Nutzerinteresses schon seit Jahren immer zentraler. Als Newcomer haben Sie es daher sehr, sehr schwer. Außerdem ist die Konkurrenz mittlerweile riesig; um mit allgemeinen Keywörtern wie "Steuerberater Hamburg" gefunden zu werden, müssen Sie schon einen gewaltigen Aufwand betreiben: Jede Menge Backlinks, interne Verlinkungen,Videos, lange Fachbeiträge, intensive Keywordrecherchen im Vorfeld sind notwendig.
Deshalb hat es eine etablierte Seite wie die Ihrige deutlich leichter?
Ja, das stimmt definitiv. Als wir 2006 begonnen haben, war alles noch deutlich einfacher: Damals genügten ein paar Ratgeber und Blog, das war's, man rankte für die gewünschten Keywords auf einer hohen Position. Wir konnten wir über die Jahre hinweg eine Vielzahl interner und externer Verlinkungen aufbauen. Darüber hinaus haben wir hunderte Blog- und Ratgeberartikel geschrieben, Videos gedreht und die Ladezeiten stetig optimiert. Die Gesamtheit dieser Aktionen, hat Sichtbarkeit der Website positiv beeinflusset. Daher ranken wir für die für uns relevanten Keywords seit Jahren sehr gut. Wenn Sie "Online Steuerberater" eingeben, dann landen Sie eben zuerst bei uns.
Mal abgesehen von den bezahlten "Treffern", den Ads, den Karten und allem, was Google sonst noch so vorschaltet, ehe die tatsächlichen Suchergebnisse angezeigt werden...
Da sind wir auch dabei - denn selbst wir setzen mittlerweile einen großen Teil unseres Budgets für GoogleAds ein. Der Grund dafür ist ganz einfach, dass das viel planbarer ist. Sie starten eine Kampagne und können messen, welchen Erfolg Sie Ihnen bringt. Für die Mitarbeitendenakquise setzen wir im Übrigen stark auf soziale Medien, Facebook und Instagram, aber auch hier vor allem auf Werbeanzeigen und nicht so sehr auf originäre Posts.
Wie Sie Werbeanzeigen auf Instagram und Facebook schalten können, erfahren Sie hier.
Auch gewerbliche Mandanten googeln immer stärker nach einer passenden Kanzlei?
Definitiv, wir bedienen ja nur Firmenkunden. Das liegt ganz einfach daran, dass das Steuerrecht immer komplexer wird und die Leute auf der Suche nach Spezialisten sind, die sich mit ihrer Branche und ihren Problemen auskennen. Ob die Kanzlei um die Ecke liegt und gut erreichbar ist, spielt dagegen inzwischen eine untergeordnete Rolle. Gerade im ländlichen Raum haben etwa E-Commerce-Mandantinnen und -Mandanten kaum eine Chance, jemanden zu finden, der sich mit E-Commerce auskennt - also googeln sie "Steuerberater E-Commerce" und suchen sich Experten online.
... und finden?
Uns. Denn wir ranken hier auf den oberen Positionen (SEO und GoogleAds), weil wir ja genau diese Gruppe ansprechen wollen. Das ist vielleicht ein wichtiger Hinweis: Wer ein Faible fürs Bloggen hat und ein wirklich spitzes Keyword wählt, der kann schon auch mit SEO noch erfolgreich sein - allerdings bliebt immer das Risiko, dass im Rahmen des Google Core Updates, das zwei bis vier Mal im Jahr ausgerollt wird, plötzlich ein veränderter Algorithmus dafür sorgt, dass ich nicht mehr auf den oberen Positionen ranke, sondern auf Seite 4. Und das kann man dann komplett vernachlässigen, denn alles, was nicht in den Top 10 oder der ersten Seite auftaucht, nimmt quasi niemand mehr zur Kenntnis.
Lassen Sie uns noch mal auf den Content zurückkommen - was können Kanzleien hier tun?
Es ist wirklich wichtig zu wissen, dass das in der Regel keine Aufgabe ist, die sich erfolgreich und ohne hohen eigenen Aufwand an eine Agentur delegieren lässt. Denn diese Dienstleister haben oftmals keine Ahnung vom Steuerrecht, was dazu führt, dass die dort verfassten Beiträge und Seiten komplett überarbeitet werden müssen, mit einem Aufwand, der es nahelegt, gleich von Anfang an selbst zu schreiben. Ich möchte auch noch eines ergänzen: Google verdient Geld mit Anzeigen - deshalb werden diese künftig nicht weniger prominent erscheinen, sondern eher noch mehr Raum einnehmen; das sollte man nicht vergessen.
Es ist also schwierig, wenn Kanzleien voll auf SEO setzen. Weshalb tun es dennoch so viele?
SEO ist zwar mit Abstand der komplexeste und aufwändigste Part am gesamten Online-Marketing, aber auch eine Sache des Prestiges. Für viele gehört es einfach dazu, bei Google oben aufzutauchen. Und ich bin ganz ehrlich: Es macht auch mich stolz, dass wir so oft ganz oben ranken. Aber wir haben halt anderthalb Jahrzehnte Vorsprung, betreiben das Ganze professionell mit einem eigenen Marketing-Team und hosten die Seiten selbst. Letzteres ist im Übrigen auch nicht ganz unwichtig, da es dazu führt, dass die Ladezeiten viel kürzer sind als etwa bei einer fremdgehosteten wordpress-Seite. Das ist ein Faktor, der ins Ranking in nicht unerheblichem Maße mit einfließt.
Sie bieten Kanzleien ein Netzwerkpartner-Modell an, das ein wenig an Franchise erinnert, aber eher eine Marketing-Kooperation ist. Wie funktioniert das?
Weil wir glauben, dass es die durchschnittliche kleinere Kanzlei sehr schwer hat, sich im Onlinemarketing durchzusetzen, bieten wir Beratenden an, sich mit uns zusammen zu tun - allerdings nicht in der Form, dass sie 50 Prozent ihrer Anteile an uns abgeben oder Ähnliches.
Neben Google - und anderen Suchmaschinen - gibt es ja auch noch Social Media. Wie schaffen Kanzleien hier den Einstieg?
Meiner Meinung nach auch wieder leider nicht allein dadurch, dass sie hin und wieder ein paar Steuertipps mit einem Bild posten. Das gehört zwar dazu, ein gepflegter Instagram-Account macht das Image rund, zur Mandantenakquise allerdings taugt er nicht, da so im Regelfall kaum Sichtbarkeit aufgebaut werden kann. Genauso wie bei der Suchmaschine funktionieren, ohne einen sehr hohen Aufwand und eine professionelle Herangehensweise, nur bezahlte Kampagnen. Hier möchte ich darauf hinweisen, dass Steuerberatende dabei entweder selbst eine Menge Know-how etwa zum Datenschutz bei Cookies und ähnlichem haben oder aber eine professionellen Dienstleister bemühen sollten. Denn das Thema birgt eine Reihe von rechtlichen Risiken. Abgesehen davon ist es aber meist deutlich unkomplizierter und erfolgsversprechender als SEO: So lässt sich eine Kampagne, die von Beginn an Ergebnisse erzielt, verhältnismäßig schnell aufsetzen.
Nähere Informationen, wie GoogleAds- Kampagnen für Steuerberater funktionieren, finden Sie hier.
Wenn ich als Kanzleichefin aber dennoch – auch – auf SEO setzen will - wie mache ich das?
Um noch mal klar zu stellen: Ich will SEO nicht verteufeln, wir selber betreiben aktiv SEO und der Kanal lohnt sich für uns. Aber es ist eben mit einem erheblichen Aufwand verbunden. Wenn Sie diesen in Kauf nehmen, können Sie dann erfolgreich sein, wenn Sie einen Hang zu Blogs haben, eigenen Content produzieren können und außerdem spitze Keywords wählen, wo die Konkurrenz nicht besonders groß ist. Wichtig ist aber auch zu recherchieren, ob nach dem Keyword auch tatsächlich gesucht wird. Denn ein Nummer eins-Ranking nützt nichts, wenn dies nur alle 14 Tage einmal jemand zu Gesicht bekommt. Eine ausführliche Keywordrecherche vorab verhindert hier ein „böses Erwachen“. Die Steps lauten also: Wen will ich ansprechen? Mit welchem Keyword? Wird danach gesucht? Und ich kann nur noch einmal darauf hinweisen, das die ETLs, Ecovis und und wir, interne professionellen Abteilungen für den Bereich SEO und Marketing haben; sich nach Feierabend hier in Wettbewerb zu begeben, ist sehr sportlich.
Steuerberaten.de wurde 2009 als erster Anbieter für reine Online-Steuerberatung in Deutschland gegründet. Inzwischen beschäftigt das Unternehmen mehr als 100 Mitarbeitende an zwölf Standorten. Die über 4500 Mandanten entstammen überwiegend dem Unternehmensbereich.