Kanzleiinhaber Benjamin Schimmel betreibt eine nachhaltige Steuerkanzlei. Was das für sein Team und seine Mandantinnen und Mandanten bedeutet, erzählt er im Interview.
Herr Schimmel, auf Ihrer Homepage werben Sie mit dem Slogan „Vorreiter handeln nachhaltig“. Was bedeutet dieses nachhaltig für Sie?
Der Begriff „Nachhaltigkeit“ wird häufig auf den ökologischen Aspekt reduziert. In unserer Kanzlei betrachten wir Nachhaltigkeit tatsächlich aus drei Dimensionen. Wir schauen auf die Ökologie, aber auch auf die sozialen und ökonomischen Aspekte.
Wie sieht das in der Praxis aus?
Unter dem Schlagwort Ökologie haben wir uns zum Beispiel mit dem CO2-Fußabdruck der Kanzlei beschäftigt. Den wollen wir reduzieren. Dafür haben wir verschiedene Maßnahmen vereinbart. Ich habe unter anderem meinen Firmenwagen abgeschafft und es gibt Jobräder für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Wir haben den Stromanbieter gewechselt und achten bei unserer Beschaffung darauf, dass wir nachhaltige Produkte einsetzen, die zum Beispiel das Label „blauer Engel“ tragen.
Bei der sozialen Dimension geht es darum, ethisches Verhalten in der Organisation umzusetzen und dafür zu sorgen, dass wir uns an geltendes Recht halten. Außerdem unterstützen wir alle unsere Stakeholder dabei, sich diesen Themen anzunehmen. Wir haben dazu auch eine Beschaffungsrichtlinie für nachhaltiges Wirtschaften für alle Lieferanten.
Ein etwas plakativeres Beispiel ist unser „Social Day“. Vor Corona haben wir uns an diesem Tag gemeinsam sozial engagiert, nun darf sich jeder im Team sein eigenes Projekt aussuchen, an dem er oder sie sich an einem Arbeitstag im Jahr sozial engagieren will.
Wir sehen uns nicht als reine Profitmaximierer.
Fehlt noch die ökonomische Dimension…
Wir sind ein Unternehmen und müssen Gewinne erwirtschaften, nur so können wir die oben genannten Maßnahmen finanzieren. Allerdings sehen wir uns nicht nur als reine Profitmaximierer. Wir wollen ein nachhaltiges Dienstleistungsportfolio am Markt platzieren und langfristig gemeinsam mit unseren Kunden entwickeln. Das ist einer der zentralen Werte unseres Leitbilds.
Wieso nimmt Nachhaltigkeit eine zentrale Rolle in Ihrer Kanzlei ein?
Bei Unternehmen generell, aber besonders bei Unternehmen in unserer Größenordnung steht und fällt dieses Thema mit der Haltung des Unternehmers. Mir persönlich liegt das Thema Nachhaltigkeit am Herzen und meine Kolleginnen und Kollegen konnte ich schnell dafür begeistern. Als wir angefangen haben, uns dem Thema zu widmen, wurde es schnell ein Selbstläufer. Ich bin der Überzeugung, dass sich die gemeinsame Auseinandersetzung mit Nachhaltigkeit positiv auf die Entwicklung unserer Kanzlei auswirkt.
Ich möchte nicht mit Unternehmen zusammenarbeiten, die auf Kosten der Umwelt Profit machen oder die ihre Mitarbeiter ausbeuten.
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Welche Leistungen bieten Sie Ihren Mandantinnen und Mandanten zu diesem Thema an?
Wir haben keinen festen Dienstleistungskatalog, sondern richten uns am Bedarf der Mandanten aus. Die Mandanten brauchen zum Beispiel Unterstützung bei den steuerlichen Aspekten von Nachhaltigkeitsprojekten wie etwa energetischer Sanierungen, aber sie kommen zum Teil auch auf uns zu, wenn sie grundsätzlich mehr im Bereich Corporate Social Responsibility tun möchten. Erste Projekte haben sich oft daraus ergeben, dass wir über unsere eigene Auseinandersetzung mit Nachhaltigkeit auf unserem Blog oder in den Gesprächen mit unseren Mandanten berichten.
Würden Sie Mandanten ablehnen, die Ihren Nachhaltigkeitszielen entgegenstehen?
Ja, wir haben bereits Mandanten abgelehnt. Ich möchte nicht mit Unternehmen zusammenarbeiten, die auf Kosten der Umwelt Profit machen oder die ihre Mitarbeiter ausbeuten. Das heißt aber nicht, dass wir gewisse Branchen ausschließen. Wenn ein Mandant zum Beispiel aus einer energieintensiven Branche kommt, aber als Unternehmer das Mindset hat, etwas zu verändern, passt das zu unseren Zielen.
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Können Sie ein Bild von einer zu 100 Prozent nachhaltigen Kanzlei zeichnen?
Ich glaube nicht, dass es so eine Kanzlei geben kann, schließlich gibt es immer irgendetwas, was man noch verbessern kann. Aber auch hier gilt: Der Weg ist das Ziel. Und um das Ziel nicht aus den Augen zu verlieren, ist es wichtig, Nachhaltigkeit als einen Bestandteil der Unternehmensziele zu sehen. Corporate Social Responsibility hat für uns den gleichen Stellenwert wie andere Unternehmensziele und ist Bestandteil der Kanzlei-DNA.
Ist Nachhaltigkeit in Steuerkanzleien schon ein Trendthema?
In der Masse ist das Thema noch nicht in unserer Branche angekommen, aber das Interesse steigt kontinuierlich. Oft herrscht die Meinung vor, dass eine Kanzlei sowieso nicht allzu viel zur Nachhaltigkeit beitragen kann, wir sind schließlich keine energieintensive Branche. Das sehe ich anders. Jeder kleine Schritt zählt, auch Steuerkanzleien können ihren Beitrag leisten. Und wer sich erst einmal mit dem Thema beschäftigt, erkennt, welchen Einfluss Steuerkanzleien haben können – im eigenen Unternehmen, aber auch nach außen.
Zur Person
Benjamin Schimmel ist Steuerberater und Inhaber von Schimmel Steuerberater, Wirtschaftsprüfer in München. Sein Team besteht aus 12 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Der Schwerpunkt der Kanzlei liegt auf Unternehmenskunden.