Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur umsatzsteuerlichen Bemessungsgrundlage, wenn der Mieter auf die Verzinsung einer hingegebenen Mietkaution verzichtet
Leitsatz (amtlich)
Umsatzsteuerliches Entgelt kann auch darin bestehen, dass der Leistungsempfänger dem Leistenden Kapital überlässt und auf eine Verzinsung des hingegebenen Kapitals verzichtet. Verzichtet ein Mieter auf die Verzinsung einer von ihm geleisteten Mietkaution, kann die unentgeltliche Kapitalüberlassung sonstiges Entgelt für den Empfang der Mietsache sein.
Normenkette
UStG § 4 Nr. 12, §§ 9-10
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die zutreffende Bemessungsgrundlage bei der Vermietung und Verpachtung von gewerblichen Räumen.
Die Klägerin ist eine Bau- und Grundstücksgesellschaft. In den Streitjahren 1995 - 1997 vermietete sie Gewerberäume umsatzsteuerpflichtig an andere Unternehmer. Die Mietverträge enthielten folgende --standardisierte-- Kautionsvereinbarungen (vgl. § 23 Nr. 1 der Mietverträge über Gewerberäume):
"Der Mieter zahlt bei Abschluss des Mietvertrages eine Kaution in Höhe von DM ... Diese Kaution wird mit DM ... monatlich verzinst (ca. 2 % bzw. 1,5 % p. a.). Diese Zinsen werden von der Netto-Kaltmiete von DM ... in Abzug gebracht, so dass eine Miete von DM ... netto kalt verbleibt (...)."
Der Mietpreis wurde beispielhaft wie folgt berechnet (§ 5 der Mietverträge über Gewerberäume):
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DM |
Nettokaltmiete (DM 905 ./. DM 7 Kautionszinsen) |
898 |
Betriebskosten-Vorauszahlung |
110 |
Heizkosten-Vorauszahlung |
110 |
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1.118 |
USt in gesetzlicher Höhe (15 %) |
168 |
Gesamtmiete |
1.286 |
Entsprechend dieser Berechnung erklärte die Klägerin aus dem Mietverhältnis einen steuerpflichtigen Umsatz in Höhe von 1.118 DM und eine abzuführende Umsatzsteuer in Höhe 168 DM.
Auf dieser Basis erstellte die Klägerin ihre Umsatzsteuererklärungen für 1995 - 1997, welchen der Beklagte mit Festsetzungen nach § 168 Satz 2 AO vom 22.12.1997 (1995), 16.12.1998 (1996) und 13.07.1999 (1997) zunächst folgte.
Nach einer bei der Klägerin durchgeführten Außenprüfung erließ der Beklagte am 15.07.2004 Umsatzsteueränderungsbescheide für 1995 - 1997. Die Umsatzsteuerbemessungsgrundlagen aus den Mietverhältnissen erhöhte er hierbei um die auf die Nettokaltmieten angerechneten Kautionszinsen. Dies führte in 1995 - 1997 zu einer Erhöhung der Bemessungsgrundlagen in Höhe von 887 DM (1995), 4.383 DM (1996) und 3.861 DM (1997). Die festzusetzende Umsatzsteuer erhöhte sich entsprechend um 133 DM (1995), 657 DM (1996) und 579 DM (1997). Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf Tz. 13 des Betriebsprüfungsberichts vom 30.04.2004 und auf den Prüfungsvermerk II vom 06.04.2004 verwiesen.
Hiergegen legte die Klägerin am 16.08.2004 Einspruch ein. Durch die Einbeziehung der Kautionszinsen in die Steuerbemessungsgrundlage würde Umsatzsteuer auf Einnahmen berechnet, die nicht bezahlt worden seien und auch nicht bezahlt werden müssten. Zwischen den Mietparteien bestehe Einvernehmen, dass die vereinbarte Mietkaution unverzinslich sei. Die Berechnung des Mietpreises unter Einbeziehung der Kautionszinsen sei erfolgt, um die Unverzinslichkeit zivilrechtlich wirksam zu gestalten. Hierzu werde die Miete um einen fiktiven Kautionszins zunächst erhöht und gleichzeitig um diesen Betrag wieder gekürzt. Im Ergebnis erhalte der Mieter das Mietobjekt zu einem Mietzins, zu dem es von vornherein --kautionszinslos-- am Markt angeboten werde. Gegen echte Kautionszinsen spreche zudem, dass die "Zinsen" dem Mieter --im Wege der Verrechnung-- praxisfremd monatlich gutgeschrieben würden. Weiter müsse bedacht werden, dass die Mietkautionen wegen der vereinbarten Unverzinslichkeit von ihr --der Klägerin-- auch nicht verzinslich angelegt worden seien, sodass auch tatsächlich keine dem Mieter zuzurechnenden Zinsen entstanden seien.
Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 25.04.2006 zurück. Es treffe nicht zu, dass die Mietparteien unverzinsliche Kautionen vereinbart hätten. In § 23 Nr. 1 des Mietvertrags über Gewerberäume sei ausdrücklich festgeschrieben, dass die Kaution mit DM ... monatlich verzinst werde. Dieser Zins werde monatlich von der Nettokaltmiete in Abzug gebracht; die Mietzahlung erfolge insoweit durch Verrechnung. Die Mieter wendeten damit sowohl die nach Verrechnung verbleibende Kaltmiete als auch den verrechneten Kautionszins i. S. d. § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG auf, um die vereinbarte Leistung zu erhalten.
Die Klägerin hat am 23.05.2006 Klage erhoben.
Die Klägerin wiederholt im Wesentlichen ihr Vorbringen aus dem Einspruchsverfahren und trägt ergänzend vor:
Hintergrund der Tatsache, dass ausschließlich zinslose Kautionen vereinbart würden, sei, dass mit der Einführung des Zinsabschlagsteuergesetzes den Hausverwaltungen extrem hohe Verpflichtungen auferlegt worden seien, die mit der Verwaltung der Kautionen zusammenhingen. So würden die Kosten der Verwaltung und Erstellung von Zinsabschlagsbescheinigungen die Kautionszinsen um das Drei- bis Zehnfache übersteigen. Mit der Umlage dieser Kosten würden die Mieter...