Entscheidungsstichwort (Thema)
Rückwirkende Rechnungsberichtigung bei innergemeinschaftlichem Dreiecksgeschäft
Leitsatz (redaktionell)
Liegen die materiellen Voraussetzungen gemäß Art. 42 Buchst. a) MwStSystRL nicht vor, kann die Besteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs nur ex nunc und nicht ex tunc entfallen, wenn die Rechnungen nachträglich korrigiert werden.
Normenkette
UStG §§ 17, 3d; MwStSystRL Art. 42; UStG § 25b
Tatbestand
Zu entscheiden ist, ob Streitgegenstand die Rechtmäßigkeit der Umsatzsteuerfestsetzungen 2008-2011 mit berichtigten Bescheiden vom 15.12.2015 bzw. 28.12.2015 oder ausschließlich die Rechtmäßigkeit der mit diesen Bescheiden ebenfalls festgesetzten Zinsen zur Umsatzsteuer 2008-2011 ist.
Für den Fall, dass Streitgegenstand die Rechtmäßigkeit der Umsatzsteuerfestsetzungen 2008-2011 ist, ist streitig, ob die mit den geänderten Bescheiden erfolgte Besteuerung der innergemeinschaftlichen Erwerbe der Klägerin im Rahmen eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäftes aufgrund diesbezüglicher, im Jahr 2015 erfolgter Rechnungskorrekturen mit ex tunc Wirkung zu berichtigen ist.
Eine derartige Berichtigung hätte neben der Korrektur der innergemeinschaftlichen Erwerbe jeweils in den Streitjahren 2008-2011 die Aufhebung der mit den Umsatzsteuerbescheiden 2008-2011 erfolgten Zinsfestsetzungen in Höhe von insgesamt 240.159 € zur Folge.
Die Klägerin ist Organträgerin der Organgesellschaften A GmbH und A1 GmbH. Sie ist eine Tochter der dänischen Firma A2 A/S, B.
Unternehmensgegenstand der Klägerin ist die Herstellung und der Großhandel mit ….
Die Klägerin erklärte die Umsatzsteuer 2008 am 27.11.2009, die Umsatzsteuer 2009 am 08.12.2010, die Umsatzsteuer 2010 am 16.12.2011 und die Umsatzsteuer 2011 am 15.11.2012.
Das Finanzamt für Groß- und Konzernprüfung Q erließ am ….2013 gegenüber der Klägerin eine Prüfungsanordnung unter anderem betreffend Umsatzsteuer 2008-2011. Die Prüfung begann am ….12.2013. In dem BP-Bericht vom ….2015 ist unter Textziffer 1.1.3. verzeichnet, dass anlässlich der Schlussbesprechung am ….2015 in allen Punkten Einigung erzielt wurde.
Auf den BP-Bericht vom ….2015 wird verwiesen.
Unter Textziffer 2.5. stellte die BP fest:
„Textziffer 2.5.
Innergemeinschaftliche Erwerbe/Vorsteuerabzug
Bisher war die Handhabung bei der A GmbH im Prüfungszeitraum, dass sie zu allen Einkäufen aus z.B. Litauen in ihrer deutschen USt-Erklärung den i.g. Erwerb versteuert hat. Gleichzeitig wurde Vorsteuer in selber Höhe abgezogen.
Diese Anwendung ist insoweit falsch gewesen, als die Ware nicht in Deutschland endete, sondern in einem anderen EU-Land, beispielsweise Polen. (Also bei allen innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäften).
Dann ist dort (anderes EU-Land) der i.g. Erwerb zu versteuern, soweit der Grundsatz nach §§ 3d S. 1 UStG.
Gegenüber ihrem Lieferer hat die A GmbH aber immer ihre Deutsche USt-ID-Nr. verwendet. Damit greift hier nun § 3d S. 2 UStG, mit der Folge, dass der Erwerb in Deutschland als bewirkt gilt. Die Regelung würde wiederum nicht gelten, wenn Erstens der Erwerb in einem anderen EU-Staat tatsächlich versteuert worden ist. Dies muss jedoch der Erwerber (hier die A GmbH) nachweisen.
Oder Zweitens der Erwerb durch § 25b (3) UStG als bewirkt gelten würde und die A GmbH das Dreiecksgeschäft in ihrer ZM ordnungsgemäß erklärt hat. Beide Voraussetzungen liegen auch hier nicht vor.
Nach § 25b (2) Nr. 3 UStG ist materielle Voraussetzung für die Übertragung der Steuerschuldnerschaft auf den letzten Erwerber, dass der erste Erwerber (hier A GmbH) dem letzten jeweils am Dreiecksgeschäft beteiligten Erwerber eine Rechnung im Sinne des § 14 a (7) UStG erteilt, in der die Steuer nicht gesondert ausgewiesen ist.
Die A GmbH hat keinem ihrer Erwerber eine Rechnung im Sinne des § 14a (7) UStG erteilt: „Wird in einer Rechnung über eine Lieferung im Sinne des 25b (2) UStG abgerechnet, ist auch auf das Vorliegen eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts und die Steuerschuldnerschaft des letzten Erwerbers hinzuweisen.” Dies ist nach § 13b (wohl 25b) (2) Nr. 3 UStG materiell-rechtliche Voraussetzung für die Anwendung der Vereinfachungsregelung (siehe Abschnitt 25b. 1 (8) UStAE). Ein Hinweis auf das Vorliegen eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts, sowie ein Hinweis auf die Steuerschuldnerschaft des letzten am Dreiecksgeschäft beteiligten Erwerbers ist auf den Ausgangsrechnungen der A GmbH nicht vorhanden.
Da alle möglichen Auswege aus § 3d S. 2 UStG nicht gegeben sind, sind die i. g. Erwerbe in Deutschland zu versteuern.
Der A steht kein für die innergemeinschaftlichen Erwerbe in Zusammenhang mit § 3d S. 2 UStG entsprechender Vorsteuerbetrag nach § 15 (1) S. 1 Nr. 3 UStG zu.
Siehe dazu BFH-Urteil vom 01.09.2010,BStBl. 2011 II Seite 658.
Der bisherige Vorsteuerabzug ist entsprechend zu kürzen.
Es ergeben sich folgende umsatzsteuerliche Auswirkungen:
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2008 |
2009 |
2010 |
2011 |
i.g. Erwerbe bisher laut USt-Erklärung bisher: |
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i.g. Erwerbe lt. BP: |
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i.g. Erwerbe i. Z. mit Reihengeschäfte EU, netto |
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