rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Ablehnungsbescheid auf Vergabe einer Steuernummer. Rechtsnatur der Umsatzsteuernachschau
Leitsatz (redaktionell)
1. Das FA ist verpflichtet, eine Steuernummer für Umsatzsteuerzwecke zu erteilen, wenn der Antragsteller dem FA seine ernsthafte Absicht in dem für Umsatzsteuerzwecke entwickelten Zusatzfragebogen zur steuerlichen Erfassung bei Aufnahme einer gewerblichen Tätigkeit für die zu treffende Prognoseentscheidung schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, es sei denn, es ist offensichtlich, dass der Fragebogen nicht in gutem Glauben abgegeben worden ist oder die Steuernummer aus anderen Gründen nicht benötigt wird.
2. Nicht erforderlich ist hingegen, dass eine GmbH über Geschäftsräume verfügt, die gewisse Mindestanforderungen erfüllen, um Unternehmerin i.S. des § 2 UStG sein zu können.
3. Im Rahmen des Verfahrens zur Erteilung einer Steuernummer ist die fachliche Qualifizierung des Geschäftsführers einer GmbH für die Ausübung dieser Tätigkeit nicht zu überprüfen.
4. Offen blieb, ob eine Umsatzsteuernachschau gem. § 27b UStG als schlichtes Verwaltungshandeln oder als rechtsmittelfähiger Verwaltungsakt anzusehen ist.
Normenkette
UStG 2005 § 2 Abs. 1, §§ 27b, 14 Abs. 2 S. 2, § 15 Abs. 1 Nr. 1; EWGRL 388/77 Art. 4, 22 Abs. 1 Buchst. a; Richtlinie 2006/112/EG Art. 9 Abs. 1 S. 2, Art. 213 Abs. 1 S. 1; AO § 118
Tenor
1. Unter Aufhebung des Bescheids vom 9. August 2006 und der Einspruchsentscheidung vom 21. September 2006 wird der Beklagte verpflichtet, der Klägerin eine Steuernummer für umsatzsteuerliche Zwecke zu erteilen. Die Feststellungsklage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens tragen das Finanzamt und die Klägerin zur Hälfte.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob bei der Klägerin bereits Maßnahmen im Rahmen einer Umsatzsteuernachschau erfolgt sind, inwieweit sie sich gegebenenfalls dagegen wehren kann und ob ihr zu Recht keine Steuernummer erteilt worden ist.
Die Klägerin, die N & S Limited mit Sitz in B, Großbritannien (Eintrag am 24. Februar im Handelsregister von C unter der Nr.), gründete unter der Geschäftsanschrift F-strasse eine Niederlassung in M (Deutschland), die am 6. Juni 2006 in das Gewerberegister der Stadt und am 17. Juni 2006 in das Handelsregister des Amtsgerichts M unter HRB xxx eingetragen worden ist (Bl. 9 ff FG-Akten). Als Gegenstand des Unternehmens wurde Beratung und Planung im Zusammenhang mit Hochbausanierungen angegeben. Ständiger Vertreter der Niederlassung ist Herr J, wohnhaft am Sitz der Niederlassung.
Nachdem die Klägerin dem Finanzamt (FA) am 3. Juli 2006 unter anderem den Fragebogen zur steuerlichen Erfassung sowie ein Formular für eine Zuständigkeitsvereinbarung ausgefüllt zurück übersandt hatte, wurde mit Telefax vom 10. Juli 2006 die Erteilung einer Steuernummer beantragt. Am 26. Juli 2006 bat das FA um die Beantwortung verschiedener Fragen sowie die Einreichung von Unterlagen. Das daraufhin erfolgte Schreiben vom 5. September 2006 beantwortete nach Ansicht des FA nicht alle aufgeworfenen Fragen, insbesondere nach der erforderlichen beruflichen Qualifikation zur Ausübung des Gesellschaftszwecks und zur Glaubhaftmachung eines operativen Geschäftsbetriebs.
Das FA entschloss sich daher am 8. September 2006 zur Durchführung einer Umsatzsteuernachschau. Mit Schreiben vom 11. September 2006 wurde der Klägerin mitgeteilt, dass der Geschäftsführer an diesem Tag nicht angetroffen worden sei und bat diesen, sich mit dem FA baldmöglichst in Verbindung zu setzen (Bl. 5 Rechtsbehelfsakte FA II). Weil die Klägerin trotz Aufforderung keine weiteren Unterlagen vorgelegt hatte, die nach Ansicht des FA auf den Beginn ihrer unternehmerischen Tätigkeit schließen lassen, wurde die Erteilung einer Steuernummer mit Bescheid vom 13. November 2006 abgelehnt (Bl. 3 Rechtsbehelfsakte I FA).
Die dagegen gerichteten Einsprüche hatten keinen Erfolg. Mit Entscheidung vom 25. Oktober 2006 wies das FA den Einspruch gegen die Durchführung der Umsatzsteuernachschau als unzulässig zurück, da ein beschwerdefähiger Verwaltungsakt nicht gegeben sei.
Mit Entscheidung vom 13. April 2007 wies das FA den Einspruch gegen die Ablehnung des Antrags auf Erteilung einer Steuernummer als unbegründet zurück. Unter anderem führte es an, dass es sich bei der Adresse der Klägerin in Großbritannien um eine bekannte Domizilanschrift handle. Bei den Geschäftsräumen in M handle es sich lediglich um einen Schreibtisch, den der Geschäftsführer in Räumlichkeiten der R GmbH nutzen dürfe. Diese Firma verfolge einen ähnlichen Gesellschaftszweck wie die Klägerin. Der 21-jährige Geschäftsführer der Klägerin könne nicht in der Lage sein, den Gesellschaftszweck zu verwirklichen, da er aufgrund seines Alters keine Ausbildung zum Bauin...